Der Briefwechsel
mir heute geantwortet (siehe Anlage). 1 Dies zu Deiner Kenntnisnahme.
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
1
Die beiden Anlagen sind nicht ermittelt. Siehe jedoch Brief 295.
[295; handschriftlich]
[Salzburg]
2. Oktober 1979
Lieber Siegfried,
an der Übersetzung von »The Movie Goer« werde ich nach dem 10. Oktober (»Kafka-Preis«) 1 weiter arbeiten und hoffe, daß ich dann Anfang Dezember fertig bin, jedenfalls mit einer ersten Fassung.
Karlheinz Braun schreibt Dir, es stünde noch eine Aussprache aus. Ja, ich wollte, als ich im Juli in Frankfurt/Kronberg war, noch einmal, auf sein Begehren, mit ihm reden, habe ihn aber nicht erreicht. So hat sich auch die Aussprache erledigt. Von einem Gespräch »Anfang Oktober« weiß ich nichts, bei der Buchmesse werde ich ja nicht sein.
Ich war jetzt zwei Tage bei N. Born in Berlin. Es war arg, und ich bin gar nicht auf Dein Vorhaben mit seinen Ge
376 dichten gekommen; es ergab sich nicht. Vielleicht wird es doch wieder erträglich, so daß ich mit ihm über so etwas mich unterhalten kann. Hilflosigkeit. 2
Natürlich bin ich, so froh ich über die Tatsache »Buch« bin, so erfreut auch über das korrigierte Exemplar, und bedanke mich bei Dir. Beim Durchlesen sah ich freilich – andere Fehler , etwa statt: »Ihr Busse, bringt mich weg von hier!« – »Ihr e Busse …« (132), und 134: statt »an den Häusern«: »an den Häus er «. Ich traue mich gar nicht mehr, Wort für Wort zu lesen. Es ist klar, daß die Korrektoren und Setzer da eine schmähliche Arbeit geleistet haben, und es ist nicht geheimzuhalten, daß mich das (die Achtlosigkeit, das Nicht-Lesen-Können) immer wieder erbittert. Sollte es eine neue Auflage geben, bitte laß es mich rechtzeitig wissen; es gibt auch noch wichtige Komma-Fehler. Ja, Traurigkeit. Dabei will ich doch sozusagen die Menschheit wieder das Lesen lehren.
Ein Brief von einer Zeitungsfrau (»Die Welt«) hat mich leicht ergrimmt; nicht gegen Dich, wenn die Frau auch schrieb, Du hättest ihr »Mut gemacht«, mir zu schreiben, wegen eines Feuilletons behufs meines »Arbeitszimmers«, das » sehr launig « gewünscht wurde. Solche Briefe sind mit ihrer satanisch-dummen Sprache Hausfriedensbrüche und Phantasie-Zerstörer. Bitte laß Dich von diesen Saurüsseln nicht als »Vermittler« benutzen. Aber das weißt Du ja selber genauso, und so höre ich, ein für alle Male, damit auf.
Sonst: ich hoffe, weiter täglich ins Paradies-Land der (wenn auch trauernden, so doch triumphierenden) Phantasie in Ruhe durchzudringen, damit ich bald die »Montagne Ste. Victoire«, dann die »Kindergeschichte«, dann das »Dramatische Gedicht«, dann (nach Jahren?) »Die Wiederholung« in stille, den Weltkäfig erschütternde Sprache verwandeln kann. Manchmal fühle ich Verlassenheit. Natürlich erhoffe
377 ich mir Bestärkung, und warum nicht auch von Dir? Und jetzt gehe ich bügeln und nach der Katze schauen.
Herzlich
Dein Peter H.
1
P. H. erhielt 1979 als erster den von der österreichischen Franz-Kafka-Gesellschaft und der Stadt Klosterneuburg verliehenen Franz-Kafka-Preis. Die Verleihung fand am 10. Oktober 1979 statt. P. H. gab die Preissumme (100.000 ÖS ) zu gleichen Teilen an Gerhard Meier und Franz Weinzettl weiter (siehe P. H., Rede zur Verleihung des Franz-Kafka-Preises , in: P. H., Das Ende des Flanierens , S. 156-159).
2
Nicolas Born starb am 7. Dezember 1979 an Lungenkrebs.
[296; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
8. Oktober 1979
Lieber Peter,
ich tauchte vor der Buchmesse noch ein paar Tage ins Meer bei Nizza (und sah bei einem Auto-Ausflug Cézannes Landschaft bei Aix-en-Provence). 1 Als ich zurückkam, fand ich Deinen Brief vom 2. Oktober vor, für den ich danke, er hat mich ebenso erfreut wie tief deprimiert.
Um beim letzteren zu bleiben: Kann ich mehr tun, als sofort, nachdem Du mir die Fehler anzeigtest, eine neue Auflage zu drucken, und zwar exakt nach Deinen Korrekturen?
Unsere Schwierigkeit bestand darin, daß während des Herstellungsganges der Text von Dir laufend verändert wurde. Es gab kein Manuskript, das definitiv gültig war, und es gab keine Fahne. Am 12. Juni hast Du die letzten Korrekturen telefonisch durchgegeben. Ich habe jetzt noch einmal die Fahnen angesehen, sie gleichen einem Schlachtfeld und
378 zeigen Deine Arbeit am Text. Die Schwierigkeit für den Korrektor (Herr Schulz-Weidner ist wirklich der erfahrenste der Verlagskorrektoren) bestand darin, nur immer wieder die Ausführung
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