Der Briefwechsel
werden.
SUHRKAMP VERLAG
Frankfurt, am 10. Oktober 1979
18.00 Uhr
[298]
[Salzburg]
15. Oktober 1979 1
Lieber Siegfried,
ich bin recht sicher, daß Du die Ereignisse der Buchmesse und die Schwierigkeiten mit der »Edition Suhrkamp« gut bewältigt hast oder jedenfalls dabei bist.
Laß uns jetzt nicht mehr von den Druckfehlern reden und rechten. Ich habe ja meine Verantwortung auf mich genommen und bleibe natürlich dabei. Für die nächste Auflage – wenn eine solche überhaupt zustandekommt – wäre es gut, Du könntest es mir beizeiten sagen, damit ich Dir die Korrekturen schicke. Du sollst jedenfalls nicht mehr meinetwegen bedrückt sein. Ich muß selber damit fertig werden; mit anderem auch.
Seit ein paar Tagen tue ich endlich wieder weiter an der Übersetzung von »The Movie-Goer«. Es macht mir manchmal Freude, jedenfalls nie Angst, wie zuletzt das eigene Schreiben. Anfang Dezember hoffe ich, ein Rohmanuskript schicken zu können.
Vielleicht weißt Du, daß ich das Geld des Kafka-Preises,
384 vielleicht leichtsinnig, weitergegeben habe. Ich habe zu dem Anlaß, ich glaube, aus der Tiefe, etwas geschrieben, was ich dem Brief beilege; vielleicht magst Du es lesen. 2
Sehr gern würde ich Dich im November einmal sehen. Ich habe vor, immer hier zu sein.
Die Kritiken zu dem Buch haben mich traurig gemacht. Wenn ich denke, wie langsam ich mit jedem Wort war … Immer nur von sich selbst bestärkt zu werden, ist auf die Dauer gefährlich. Aber vielleicht gibt es doch ein verborgenes Großes Volk von Lesern. Zugleich möchte ich nicht Recht haben. Aber ich fühle mich von Dir verstanden; nicht gehätschelt oder getröstet, nur beruhigend verstanden.
Es ist gut, daß Du immer wieder vom Verlag wegfährst. Ich hoffe, Du hast mir in der Provence nichts weggesehen. Und ich freue mich, wie Du Dich des Lebens freust.
Sonst: ich tue mich wieder um im Haus, mit allen Kleinigkeiten, fast wie früher, und doch ganz anders. Der Blick geht manchmal weiter, ohne Zwang. Die alltäglichen Dinge sind da, wie nur bei irgendjemandem – nur nicht die gewöhnlichen Wörter. Und das soll mir recht sein.
Auf bald, und herzlich,
Dein Peter H.
| Zettel für Frau Zeeh liegt bei. 3 |
1
Der Brief trägt den handschriftlichen Vermerk von S. U.: »tel[efonisch beantwortet]«.
2
Siehe Brief 295, Anm. 1.
3
Auf dem beiliegenden Blatt bat P. H. Burgel Zeeh um die Versendung von Exemplaren der Langsamen Heimkehr an Freunde.
385 [299; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
24. Oktober 1979
Lieber Peter,
meine Reise nach Salzburg hat sich nun doch verschoben. Wenn es Dir recht ist, komme ich am Montag, dem 5. November, zu Dir. Das Flugzeug trifft gegen 10.15 h ein, ich nehme an, ich werde um 11.00 h bei Dir aufkreuzen. Wir können uns dann ein, zwei Stunden unterhalten und an irgendeinen schönen Ort hinfahren. Ich werde ein Auto bei mir haben – laß Dir etwas einfallen. Am späten Nachmittag fahre ich wieder weiter. 1
Es steht nun fest, daß bei unserer Rilke-Preisverleihung am 4. Dezember Christoph Meckel eine Laudatio für Born halten wird. Claudio Magris wird ein kleines Referat zur Wirkung Rilkes heute halten.
Von der »Langsamen Heimkehr« haben wir 30.000 Exemplare ausgeliefert. Eine große Zahl, die das Sortiment nun weiterverkaufen muß. Aber täglich treffen Bestellungen ein, ich bin sehr zuversichtlich.
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
1
S. U. notierte in seinem Reisebericht Salzburg, 5.-6. November 1979: »Peter Handke: er ›laboriert‹ an den Kritiken herum. Daß MRR [Marcel Reich-Ranicki] schreiben will, versteht er überhaupt nicht, er habe das auch gar nicht gewollt. Die ›Auslands‹- Ergebnisse hört er gerne, er will ja, daß sein Buch gelesen wird. [Helene Ritzerfeld hatte für S. U. eine Liste mit Zusagen oder Optionen zur Übersetzung von Langsame Heimkehr erstellt.] Wichtig ist ihm Kontinuität, deswegen alles weg von Feltrinelli und hin zu Garzanti, und deswegen möchte er bei Farrar, Straus bleiben. Er übersetzt Walker Percys Buch ›Moviegoer‹. Ich las
386 (während er kochte) eine halbe Stunde im Manuskript. Ein hinreißender Roman, den wir im Herbst 1980 als gut-gehendes Buch verkaufen sollten. Im übrigen ist er gerne bereit, wieder etwas zu übersetzen, auch aus dem Französischen. Übersetzen hilft. Über seine eigenen Arbeiten wollte er sich ausschweigen. Natürlich schrieb er etwas, aber vielleicht nie mehr irgend etwas. Er weist auf seinen Aufsatz
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