Der Briefwechsel
Internatszeit in Tanzenberg kannte.
[290; handschriftlich]
[Salzburg]
10. September 1979
Lieber Siegfried,
so erhaben sozusagen auch mein Gefühl über die Tatsache des Buches ist, und so dankbar ich Dir für den menschenwürdigen Tag in Salzburg und am See bin, so grausam kommen mir doch die – ja, vielen Druckfehler vor, die ich bei der Lektüre nicht übersehen konnte. 1 Es sind vor allem auch mehrere sinnstörende und sogar -fälschende darunter, deren Entstehung ich mir nicht erklären kann. (So sehr ich auch sonst bereit wäre, eine Mitverantwortung zu übernehmen.) Nun hilft aber kein Lamentieren mehr, die Bücher sind ja gedruckt. Trotzdem will ich eine Liste herstellen, und die sinnentstellenden Druckfehler mit einem Rufzeichen versehen. Wenn an der entscheidenden Stelle
370 der Geschichte steht: »mit der Verwirk lich ung seiner Räume« statt » Verwirkung « (beim »Raumverbot«) – dann tut Handeln not. Es sollte den Exemplaren für professionelle Leser doch zumindest eine Korrekturliste nachgeschickt werden, und natürlich hoffe ich auf einen baldigen, verbesserten Nachdruck. – Ich würde es ja gar nicht so schwer nehmen, kann aber nicht umhin, mir um die Geschichte weiter Sorgen zu machen.
Deine Geste (hierher zu kommen) möchte ich nie vergessen, und gern hätte ich sie ja als den reinigenden Abschluß einer qualvoll-schönen Expedition gesehen. Und nun geht es leider weiter im unabgeschlossenen Text. Vielleicht magst Du mich (immer noch beim Nachbarn) anrufen. Für Venedig wünsche ich Dir und Deiner Frau das Wehen des Geistes und den Blick übers Meer.
Dein P.
1
S. U. hatte P. H. am 7. September 1979 ein Vorausexemplar der Langsamen Heimkehr nach Salzburg gebracht. In seinem Reisebericht Salzburg, 7. September 1979 , berichtet er von seinem Besuch: »Der Grund der Reise: Ich übergebe Peter Handke die ersten Exemplare seines Buches ›Langsame Heimkehr‹. Er ist nun auch langsam nach Österreich heimgekehrt, nach Salzburg, auf den Mönchsberg. Dies ist ein mit dem Berg der Festung Hohensalzburg verbundenes Bergmassiv, ziemlich steil; es ist dort oben eigentlich Fahrverbot, die Taxis haben Mühe, hochzuklettern. Das Ganze ein Naturschutzgebiet. Auf dem höchsten Scheitel, der sogenannten Richterhöhe, hat der Pressechef der Salzburger Festspiele, Dr. Widrich, einen alten Schloßturm umgebaut, der durch Efeubehang romantisch und verwunschen aussieht. Peter Handke wohnt in einem angebauten zweiten Turm-Teil, er war im Einzug begriffen. Tochter Amina und Frau Libgart packten Koffer aus und schüttelten Anzüge. Peter Handke war sehr bewegt, als er das Buch in die Hand nahm. Minutenlang schwieg er, das Buch in der Hand bewegend. Dann las er fast eine halbe Stunde, wir kamen erst zur Unterhaltung, als wir zum Mittagessen nach Schloß Fuschl fuhren. Dort machte er mit seiner Po
371 laroid-Kamera Aufnahmen, die erste Aufnahme galt wieder seinem Buch. Er erzählte mir von den drei großen Projekten, an denen er arbeite, an einem großen Buch ›Wiederkehr‹; er habe fünf bis zehn Jahre veranschlagt. Die nächsten beiden Projekte seien die Geschichte eines Kindes, eine Art Erziehungsroman, und dann jener Text, den er eigentlich für die ›esNF‹ [ edition suhrkamp Neue Folge lautete die Bezeichnung der Taschenbuchreihe ab Band 1001, der im Mai 1981 erschien.] schreiben wollte, ›Beschwörung‹. Ein Gedicht und gleichzeitig ein monologisches Drama, aber er konnte noch nicht beginnen und konnte so gar keinen Termin vereinbaren. Handke ist aus dem Verlag der Autoren ausgetreten. Er bat mich, nach Möglichkeit seine zwei oder drei im Verlag der Autoren befindlichen Stücke zurückzuholen; ich werde mit Dr. Braun Verbindung aufnehmen (›Quodlibet‹, ›Ritt‹, ›Unvernünftigen‹).«
P. H. trug in sein Notizbuch ein: »Habe ich heute vor Glück wirklich nichts wahrnehmen können (~ Fuschl) / dabei doch der Gedanke bei L[angsame]. H[eimkehr]. versagt zu haben« ( DLA , A: Handke, Peter, Notizbuch 021, Eintrag vom 7. September 1979).
[291; Anschrift: Salzburg]
Frankfurt am Main
14. September 1979
Lieber Peter,
Dein Korrektur-Exemplar ist angekommen; es ging per Auto in die Setzerei. Die Korrekturen werden ausgeführt und sofort die Auflage von 3.000 Exemplaren gedruckt. Diese liegt am 19. September vor. 4.000 Exemplare sind nach Österreich unterwegs. Hier konnten wir den Errata-Zettel nicht mehr einlegen.
Bei 36.000 Exemplaren wird die Einschweißung aufgemacht, der Zettel
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