Der Briefwechsel
von Korrekturen prüfen zu müssen, ohne eine klare Fahne oder ein definitives Manuskript vor sich zu haben.
Bei den jetzt von Dir angegebenen Beispielen auf S. 132 und S. 134 muß ich dem Korrektor zuerkennen, daß der Fehler schwer zu entdecken war, zumal das ganze noch in Zitatform war.
Lieber Peter, ich möchte weder Schuld noch Verantwortung damit mindern, aber ich möchte Dich doch um das Verständnis bitten, daß wir bei diesem Buch durch die laufenden Korrekturen einen schwierigen Herstellungsgang hatten. Und es kommt natürlich hinzu, daß bei den Satz-Herstellerfirmen längst nicht mehr die Setzer von früher beschäftigt sind. Von allen Seiten wird auch heute noch das preiswerte Buch verlangt, deshalb serviert uns die Druckindustrie neue Herstellungsmethoden, gegen die wir uns nicht wehren können. Wir müssen uns dieser Techniken bedienen und immer wieder den Versuch machen, ihnen unseren Qualitätsstempel aufzudrücken. Das ist äußerst mühsam und ohne den Preis von Fehlern kaum möglich. Aber ich bin natürlich traurig, daß Fehler Dein Buch betreffen, denn wir haben es unter den obwaltenden Umständen sorgsam hergestellt. Was uns nun bleibt, ist einfach die Korrektur aller Stellen, die Dir fehlerhaft scheinen. Aber ich weiß, daß diese Korrekturen nur Du machen kannst. Deshalb meine Bitte, Du mögest in Ruhe die Fehler eintragen, wir werden dann bei der nächsten Auflage alles berichtigen. Es muß möglich sein, ein fehlerloses Exemplar zu schaffen.
Ich kann mir gut vorstellen, daß die Tage mit Nicolas Born bedrückend waren. Hoffen wir für ihn, daß es noch erträglich werden kann.
379 Wenn ich bis Ende Oktober von Karlheinz Braun nichts gehört habe, werde ich mich noch einmal an ihn wenden.
Die Redakteurin der »Welt« hat mich um Deine Adresse gebeten, die ich ihr nicht gegeben habe. Ich sagte ihr am Telefon, daß ich ihre Bitte auch nicht weiterleiten möchte. Wenn sie daraus Mut schöpft, sich an Dich zu wenden, ist das nicht meine Sache. Doch warum wirfst Du solche Briefe nicht einfach weg? Und warum läßt Du Dir durch sie Hausfrieden und Phantasie stören? Wenn ich »vermittle«, dann melde ich mich schon.
Doch nun zum Wichtigsten: ich lerne aus Deinen Zeilen, daß Du das dramatische Gedicht nun doch nicht in diesen kommenden Monaten schreiben wirst, sondern daß sich die »Montagne Ste. Victoire« 2 und die »Kindergeschichte« Dir vordrängen. Ich bin sehr froh, daß Du diese poetischen Unternehmungen so konzentriert denken kannst, und hoffe herzlich für Dich auf die gute Arbeitsphase. Ich weiß, daß Du meinen Wunsch im Hinblick auf die »edition suhrkamp. Neue Folge« nicht vergessen hast, ich kann mir ihr Erscheinen nicht denken, ohne [eine] Arbeit von Dir dort angekündigt zu haben. Aber Du wirst jetzt für keine der drei genannten Arbeiten einen Termin der Niederschrift nennen können, und vielleicht müssen wir uns hier auch entschließen, den Start der neuen Folge von Mai auf August 1980 zu verlegen.
Du schreibst mir, daß Du mit einer ersten Fassung Deiner Übertragung von »The Moviegoer« Anfang Dezember fertig sein wirst. Ich nehme an, daß die definitive Fassung dann noch vier bis sechs Wochen brauchen wird, so daß wir in Ruhe ein Buch für den Herbst 1980 machen können.
Ich würde Dich gerne in der ersten Novemberhälfte noch einmal sprechen, wo wirst Du dann sein?
Herzliche Grüße
Dein
[Siegfried Unseld]
380 P. S.: Ich habe eben die Rezension im »Spiegel« und in der »Zeit« gelesen. Zum »Spiegel« möchte ich lieber schweigen. 3
Hamm hat sich wenigstens Mühe gemacht, aber er konnte auch das Große und Neue Deiner Sprache nicht sehen. Die Zitate fallen wie ein Bumerang auf die Rezensenten zurück.
– Nun höre ich eben von Frau Zeeh, daß Hamm während meiner Abwesenheit angerufen hat und erklärte, seine »Zeit«-Rezension sei von den Setzern an einigen Stellen total falsch gesetzt worden, die Korrektoren hätten das nicht bemerkt, er selbst hat erst den abgesetzten und gedruckten Artikel wiedergesehen. Er hat sich bei uns für die Schludrigkeit im Text entschuldigt, die er nicht verantworten kann. Nun ja. –
1
S. U. hielt sich zwischen dem 3. und 7. Oktober 1979 in Südfrankreich auf.
2
P. H., Die Lehre der Sainte-Victoire , entstand, wie am Ende des Buches vermerkt, »im Winter und Frühjahr 1980, in Salzburg«. Die Satzvorlage umfaßt 103 Blatt ( DLA , SUA , A: Suhrkamp Verlag, Handke, Peter).
3
Urs Jenny, Ein Messias der Natur , in:
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