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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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Arbeit [ Mein Jahr in der Niemandsbucht ] scheint weit weg von der Ernte.«
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Vom 20. Mai-13. Juni 1993 war S. U. in der Kurklinik Buchinger in Überlingen.
    [508; handschriftlich]
    Chaville
    25. Mai 1993
    Lieber Siegfried,
    ich kann nur kurz sein, mag kein Briefschreiben, ertrage es auch schlecht nach dem ganzen Tag mit mehr oder weniger Schreibzeug (= mein Buch jetzt). Aber es ist schon wahr, die Situation wird durch Nichtschreiben erst recht blöd. Schließen wir sie fürs erste . Nicht die Absage (von Biarritz) war es natürlich, die mich vor den Kopf gestoßen hat, sondern Deine Art, so zu tun, als sei nichts, als sei ich, zurückgekommen dazu eigens aus Italien, ein Idiot – Deine Art, sofort abzulenken und einen alleinzulassen. Du bist da wirklich ein Meister der Ablenkung, aber keiner guten und rechten. Aber hitzig gemacht hat mich das erst in der Häufung. Daß Du zu Hubert B. nicht gesagt hast, ich habe in den letzten Jahren, mit den »Versuchen«, mehr an mich gedacht, habe 1 / 2 der Leser verloren, und es sei nun Zeit, daß ich wieder an die L-schaft denke im Schreiben, höre ich, und werde es annehmen, als Nichtgesagtes. Bleibt die Tatsache, daß Du bei Deinem Besuch Mitte Februar hier, wo Du ganz abwesend warst , nicht wußtest, daß »Versuch über den geglückten Tag« mehr unter die Leute gekommen ist als seinerzeit »Die Angst des Tormanns …«, »Der kurze Brief …«, auch »Wunschloses Unglück«. Du wußtest es nicht. Und es reibt an mir die Situation des Verlags, wo
616 ich nicht weiß, was meine Sachen, die künftigen, wenn es welche gibt, tun sollen; die Leute dort erschienen mir unvorhanden, sprachlos, leblos und wer-weiß-was. Die Situation eines Menschen, der ein wenig auch der Mensch seiner Bücher bleiben will – nicht so weg aus der Hand, der Mühsal, ja, seines Lebens –, scheint mir heute zum Speien, empörend. Und Tief-Traurig. – Vom Darlehen, oder Vorschuß, was ich brauchte, laß uns fürs erste schweigen. Vielleicht komme ich auch so zurecht. Und auch schweigen werde ich erst einmal über die 25%, die Du von meinem Honorar für das Stumme Stück am Burgtheater, ohne was, genommen hast, ohne Hand des Verlages als die nehmende . Und über den Stand der Dinge mit Deinem Sohn redest Du mit einem Autor, als sei all das Deine Privatsache und die Bücher halt das Dazugepurzel für die reichen Leute.
    Ich bin unscharf und hätte viel Besseres zu sagen. Aber ich murkse mit meiner Sache dahin, ungeschützt und so oder so, am Elend und an was anderem. Und möchte nichts hören von »großem Erfolg« und »wichtigstem Autor«. Das tut mir nur weh . – Also weiter!
    Es war doch einmal eine ernste ruhige
    Aufmerksamkeit da von Dir her. Wo ist
    sie?
    Alles Gute am Bodensee.
    Vielleicht ist alles bald zum Lachen und
    Lustigsein. (Ich bin ja so.) Inzwischen
    hample ich weiter, für wen?
    Peter (der doch nicht kurz war, vor allem nicht bündig)
    617 [509; Anschrift: ]
    [Überlingen]
    4. Juli 1993
    Lieber Peter,
    ab und an hätte ich nicht übel Lust, dem einen oder anderen Autor einen Brief zu schreiben, derart, wie Du ihn mir geschrieben hast. Aber im Autor/Verleger-Stück braucht es ja wohl unbedingt das umgekehrte Rollenspiel, in dem es fettgedrucktes Gesetz ist, ausschließlich nach Verletzung und Wahrheit des einen Protagonisten zu fragen. Woraus der Protagonist des anderen Fachs sich die Freiheit nehmen kann, das Folgende zu erlernen: der beste Schutz ist die Schutzlosigkeit, die derjenige trägt, der keine bewußten Verwundungen aussendet. – Da ich dieses seither mit wechselndem Erfolg versuche, hebe ich jetzt nur zu einigen wenigen Verteidigungssätzen an und halte Dir, in alter Freundschaft, die andere Wange hin.
    Zu Biarritz: Verabredet war der Tag des Treffens, aber er sollte durch ein vorangehendes Telephonat bestätigt werden; ich wußte nicht, wo Du warst, Du aber hattest meine Telephonnummer. Als Du eine Stunde vor unserem Abflug noch nicht angerufen hattest, buchte ich um, in der Annahme, der Termin sei Dir nicht mehr möglich. (Alle Flüge nach Paris waren übergebucht, so daß eine Rückbuchung nicht möglich gewesen wäre.)
    Zu Burda: was Du jetzt schreibst und mir als Äußerungen unterlegst, habe ich so oder ähnlich nie zu Burda gesagt. Ich gehe von einem Mißverständnis aus.
    Zu Versailles: hier will ich wiederum im Versuch, die obige Lehre zu beherzigen, nur sagen: es war ein wenig schwierig, nicht abwesend zu sein, da die Anwesenheit Eurer

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