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Der Briefwechsel

Der Briefwechsel

Titel: Der Briefwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Peter-Unseld Handke
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hast. Danke auch dem Herrn der Farbfotos.
    Mir geht es jetzt, da ich mit der Arbeit fertig bin, ganz gut, nur körperlich bin ich etwas schwach. Das ganze Jahr ab jetzt möchte ich eigentlich keine Literatur mehr machen. Etwas Neues dafür: den Fernsehfilm will ich, mit Unterstützung einiger technisch Erfahrener, selber machen, im Herbst. Immer nur schreiben: das ist vielleicht doch zermürbend, und man muß zwischendurch allzuviel Leben aufholen, das man aber nicht aufholen kann.
    Man hat mir zwei Bände der »Gesammelten Werke« von Hermann Hesse zugeschickt, »Schriften zur Literatur«. Ich habe die Bücher mit großem Staunen und immer mehr Neugier gelesen! 2 Dieser Hermann Hesse – ich habe vor Jahren ja nur »Narziß und Goldmund« und »Steppenwolf« gelesen (das zweite habe ich bald weggelegt) – ist nicht nur eine romantische Idee der Amerikaner, sondern ganz gewiß ein vernünftiger, überprüfbarer großer Schriftsteller. Was mich vor allem beeindruckt, ist diese Zärtlichkeit und Freundschaft der Literatur gegenüber, die ich eigentlich selber auch langsam wiedergewinne, während mir die Verächtlichkeit gegenüber der Literatur immer verächtlicher wird. Ich glaube, ich werde nach und nach all diese alten Sachen wieder zu lesen anfangen. Das ist gerade so wichtig wie ins Kino zu gehen. Übrigens habe ich vor, so einen langen Essay mit einer Verteidigung und einem Lob der Literatur zu schreiben. 3
    Morgen fahre ich nach Düsseldorf, Gartenstraße 25, und
182 werde dort sicher ein paar Wochen sein. Die Frau werde ich ein bißchen in den Urlaub schicken und mich mit dem Kind beschäftigen. Wenn es Post gibt, schreib mir bitte nach Düsseldorf.
    Für den Fall, daß eine zweite Auflage der Tormanngeschichte schon geplant wird, was ich hoffe, bitte ich, den Untertitel »Erzählung« dazuzusetzen: er stand im Manuskript, ich weiß nicht, wie er im Buch verschwinden konnte. 4
    Mit herzlichen Grüßen
    Dein Peter
     
    | Ende Juli bin ich in Frankfurt. 30./31. | 5
    1
Diese erste Fassung von Der Ritt über den Bodensee besteht aus 32 einzeilig getippten und handschriftlich korrigierten Typoskriptblättern, mit den für P. H. typischen Datierungen der täglichen Schreibabschnitte am linken Blattrand. Den Einträgen von P. H. zufolge entstand das Stück zwischen dem 26. Juni und 8. Juli 1970 (siehe ÖLA SPH / LW /W43).
2
Hermann Hesse, Gesammelte Werke in zwölf Bänden , erschien 1970 als werkausgabe edition suhrkamp. Die Bände elf und zwölf tragen die Titel Schriften zur Literatur 1 bzw. Schriften zur Literatur 2 .
3
Anfang und Ende dieses Absatzes sind von dritter Hand mit eckigen Klammern markiert. Der Verlag verwendete ihn bei der Werbung für das Werk von Hermann Hesse.
4
Der Brief trägt den handschriftlichen Vermerk von S. U.: »Mündl.[ich] bespr.[ochen]«.
5
Eine Begegnung von P. H. und S. U. während dieser Tage ist nicht ermittelt.
    183 [144; Anschrift: Düsseldorf-Gartenstraße]
    Frankfurt am Main
    23. Juli 1970
    Lieber Peter,
    anbei die Anzeige aus der »Zeit«. Gefällt sie Dir? 1
    Wie steht es mit »Ritt über den Bodensee«? Wann wird der Text fertiggestellt sein? Bitte schreib mir doch darüber eine Zeile.
    Schöne Grüße
    Dein
    [Siegfried Unseld]
     
    | P. S.: Eben trifft Dein Brief vom 22. ein. Schönen Dank. Bitte schick mir sogleich das Manuskript »Ritt …« |
    1
In Die Zeit vom 24. Juli 1970 erschien eine schwarzweiße Streifenanzeige für Die Angst des Tormanns beim Elfmeter .
    [145]
    [Paris-Cité Chaptal]
    9. September 1970
    Lieber Siegfried,
    ja, die Frage nach den Steuern ist wirklich eine Gretchenfrage: ich habe nämlich nur einmal vor ca. zwei Jahren nach Österreich ca. 800 Mark an Steuern gezahlt. Und ich habe keinen Steuerberater, und ich würde schon einen brauchen, und vielleicht kannst Du mir einen nennen, bei dem ich so halbwegs glimpflich davonkommen kann?
    Ab nächster Woche bin ich wieder eine Zeitlang in Düsseldorf. Ab Anfang Oktober werde ich wohl den Film machen. Vielleicht sehen wir uns zur Buchmesse? 1
    184 Ich bin ja eigentlich sehr froh, daß Du von der Signiersache nicht mehr sprichst. Und nicht nur eigentlich. Ist aus dem Fotografieren etwas geworden?
    Herzlich
    Dein Peter
    1
P. H. traf S. U. während der Frankfurter Buchmesse am 24. September 1970. S. U. notierte dazu: »Gespräch mit Handke über eine mögliche Zeitschrift. Handke hat mir mitgeteilt, daß er seinen Münchner Freunden DM  10.000,– für den Start einer Zeitschrift

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