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Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Ansgar zum Beispiel.
    »Darum geht es ja gerade. Er ist gar nicht da.«
    »Vielleicht ist er mit Rika unterwegs. Ich könnte mir gut vorstellen, dass er dem ganzen Rummel entfliehen will. Ich würde es zumindest so machen.«
    »Rika ist da. Ich habe gerade mit ihr gesprochen, sie weiß auch nicht, wo Jasper steckt. Er ist heute Nacht nicht nach Hause gekommen.«
    »Dann hat er wohl mit seinen Piraten gefeiert?«
    Wencke hörte ein Seufzen am anderen Ende der Leitung. Isa war alles andere als eine gluckenhafte, überängstliche Mutter. Im Grunde schien sie sogar ganz froh darüber zu sein, dass beide Kinder aus dem Hause waren und ihr eigenes Leben weit weg von Worpswede führten. Dieser Anruf war alles andere als typisch für sie.
    »Hat er nicht. Er ist gestern Abend noch nicht einmal zur Probe erschienen. Seine Bandkollegen waren ziemlich sauer, weil er ihnen eine kleine Party versprochen hatte.«
    »Machst du dir Sorgen, Mama?«
    Einen kurzen Moment war es still. Wencke konnte förmlich spüren, wie ihre Mutter sich überwinden musste, etwas zu sagen.
    »Schatz, ich weiß, ich habe dich und deine Arbeit bei der Polizei mehr als einmal durch den Kakao gezogen, das tut mir auch Leid, aber …«
    »Ja?«
    »… könntest du deine Kollegen nicht ein bisschen dazu verleiten, der Sache auf den Grund zu gehen? Ich weiß, du fliegst heute mit Ansgar in den Urlaub, aber dir wird doch sicher ein Polizist einfallen, der sich dieser Sache ein wenig annehmen könnte. Du bist doch sozusagen die Chefin.«
    Wencke ließ diese Sätze auf sich herabrieseln wie eine erfrischende Dusche an einem so warmen Tag wie heute. Ihre Mutter hatte eben, wenn auch durch die Blume, eine gehörige Portion Anerkennung durch den Telefonhörer geschickt. Diesen Tag würde sie sich merken. Sie hatte keinen Terminkalender, sonst hätte sie heute ein rotes Kreuzchen hineingemalt. Dann würde sie auch nie wieder den Geburtstag ihres großen Bruders vergessen. Vielleicht sollte sie sich sogar zu diesem Anlass endlich einmal einen dieser ledergebundenen Multifunktionsorganizer anschaffen, so einen in der Art, wie Kollege Britzke ihn besaß, mit Taschenrechner und Zyklustabelle nach der Knaus-Ogino-Methode. Diese Genugtuung, auf die Wencke schon lange vergeblich wartete, hatte nichts mit einem unvollendeten Abnabelungsprozess oder irgendetwas Diffus-Psychologischem zu tun. Es war nur einfach so, dass ihr seit dem Tag, an dem sie sich bei der Polizeischule angemeldet hatte, die heimische Künstlerfamilie immer unterschwellig vorwurfsvoll und verständnislos in die Augen blickte. Und heute war endlich der Tag, an dem ihre Mutter zugegeben hatte, dass man mit Meditation und extrovertierter Malerei keine wirklichen Probleme lösen konnte. Jetzt brauchten sie sie: Wencke.
    »Ja, ich bin die Leiterin der Mordkommission Au rich, Mama, seit gut einem Jahr. Ich hatte schon gedacht, das würde nie so richtig zu dir vordringen.«
    »Tut mir Leid, mein Kind, ich kann manchmal ganz schön verletzend sein, ich weiß. Aber ich möchte dich noch einmal bitten, Wencke, deine Kollegen sollten unbedingt nach Jasper Ausschau halten.«
    »Also, so ganz nachvollziehen kann ich deine Sorge aber nicht, Mama. Lass meinen großen Bruder doch mal für ein paar Tage verschwinden. Du müsstest ihn doch eigentlich kennen, er ist doch so, wie ihr euch einen Sohn immer gewünscht habt: ein wenig unkonventionell, ein Lebenskünstler. Nicht zuverlässig, aber schöngeistig. Komm ich heute nicht, komm ich morgen.«
    »Es ist mir Ernst, Wencke.«
    »Das habe ich vermutet. Sonst hättest du dich wohl kaum an deine Beamtentochter gewandt.«
    Doch ihre Mutter ignorierte diese kleinen Stiche, die Wencke ihr nun einfach versetzen musste, weil sie den Triumph auf ihre Art genießen wollte.
    »Rika hat mir etwas erzählt. Es gab Ärger auf Norderney. Ziemlichen Ärger, an dem Jasper wohl nicht ganz unschuldig ist. Was es genau ist, wusste selbst Rika nicht, sie machte sich nur die allergrößten Sorgen, hat sogar geweint am Telefon, und du weißt selbst, dass sie kein Sensibelchen ist. Sie hat mich übrigens auch gebeten, dich einzuschalten. Sie sagte, wir sollten uns unbedingt nach einem Veit Konstantin erkundigen, der hatte anscheinend etwas gegen …«
    Ein Auto hupte unten vor dem Haus. Wencke hatte es vorhin schon mit halbem Ohr wahrgenommen, jetzt wurde ihr klar, dass Ansgar wahrscheinlich ungeduldig im Wagen saß und nicht ausstieg, weil er niemals in zweiter Reihe parkte und vor ihrer Tür

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