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Der Brombeerpirat

Der Brombeerpirat

Titel: Der Brombeerpirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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sel ten ein Parkplatz frei war. So träge Wenckes Gedankenfluss noch vor einer halben Stunde dahingeplätschert war, so gewaltig rauschte jetzt eine Idee in ih rem Kopf, als wäre im Hirn ein Staudamm gebrochen.
    »Mama, mach dir keine Sorgen mehr. Ich werde mich selbst darum kümmern.«
    Ein seltsamer Laut drang an ihr Ohr, war es ein erleichtertes Schluchzen oder ein unterdrücktes Erstaunen? »Aber Wencke, du wolltest doch mit Ansgar auf die Kanaren!«
    »Solange ich nicht weiß, ob meinem Bruder etwas zugestoßen ist, fahre ich nicht in den Urlaub. So bin ich nun mal, Mama. Mit Haut und Haar Polizistin. Wenn ich von dir höre, dass du dir Sorgen machst, weil er verschwunden ist, dann packe ich selbstverständlich meine Koffer und fahre nach Norderney.«
    Und dieses Mal war sie sich sicher, ein leises, gerührtes Zittern in der Stimme ihrer Mutter zu vernehmen.
    »Gott sei Dank, Wencke. Und denk an diesen Veit Konstantin. Meine Güte, bin ich froh.«
    Ich auch, dachte Wencke.

03.
    Der erste Montag ohne überflüssiges Palavern über dampfenden Kaffeepötten. Als Wencke Tydmers gestern den persönlichen Kram vom Schreibtisch weggepackt und, die Jeansjacke um die Hüfte gebunden, strahlender Laune das Polizeipräsidium verlassen hatte, musste Axel Sanders sich richtig zusammenreißen, um nicht sofort die Sekretärin zu beauftragen, seine Akten und Unterlagen hinüberzuräumen.
    Doch nun saß er da, hatte endlich mal ein Büro für sich allein und einen Stuhl unterm Hintern, der zu ihm passte. Aus Leder und zum Drehen, mit verstellbarem Sitz und federnder Rückenlehne, eigentlich viel zu groß für die kleine, zierliche Person, die ihn normalerweise in Beschlag nahm. Wenn Wencke Tydmers ihn zu sich ins Zimmer kommen ließ, was selten geschah, da sie meist selbst kam, wenn sie etwas wollte, wenn sie da also in dem Zimmer saß, auf dessen Tür Hauptkommissarin Wencke Tydmers stand, dann wirkte sie eigentlich ein wenig verloren. Sanders hatte schon mal mit Britzke darüber reden wollen, doch der schien es anders zu sehen. Aber der hatte ja auch jahrelang an Wenckes Seite gearbeitet und war somit befangen.
    Es war knapp gewesen, damals vor einem dreiviertel Jahr, als die Entscheidung fiel, welcher Name auf diesem Schild stehen würde: Axel Sanders oder Wencke Tydmers. Und er erinnerte sich noch allzu gut an die Rede, die der Polizeipräsident am Tag der Beförderung geschwungen hatte: »Wir alle wissen, Frau Tydmers ist vielleicht nicht so, wie man sich eine Kommissarin aus dem Lehrbuch vorstellt, sie ist nicht immer pünktlich und – wie mir ihr langjähriger Assistent Meint Britzke verraten hat – auch nicht besonders ordentlich, wenn es um die bürokratische Seite unseres Berufes geht …« Und an dieser Stelle hatten alle Kollegen gut gelaunt und herzlich gelacht, alle außer Axel Sanders, denn er fand es eigentlich nicht besonders witzig.
    »Aber Wencke Tydmers hat dieses Team auf eine ganz andere Art und Weise bereichert: Sie ist engagiert, kollegial und verfügt über die außergewöhnlich erfolgreiche Gabe, zwischen den Zeilen zu lesen, manche nennen es weibliche Intuition. Egal, wie es heißen mag, es ist selten und es ist der Grund, weshalb wir sie heute zur Leiterin der Auricher Mordkommission ernennen.« Und dann gab es Applaus und Händeschütteln und Blumen und Sekt. Und Wencke Tydmers hatte an diesem Tag noch schöner ausgesehen, als sie es ohnehin schon war. Es hatte Axel Sanders einen zusätzlichen Stich versetzt, denn sie war doch eigentlich gar nicht sein Typ. Sie war zu klein, zu lässig gekleidet, zu vorlaut sowieso. Und er dachte trotzdem viel zu oft an sie. An ihren hellen Kopf, dem Gedanken entschlüpften, die ihm selbst nie kommen würden. An den Moment, als er ihr zur Beförderung gratulierte und eine Rose überreichte, keine rote, um Himmels willen. Eine einzelne gelbe Rose als Symbol ihrer Versöhnung nach dem Kampf um den Stuhl aus Leder, als Zeichen, dass er ihr die Beförderung durchaus gönnte, wenn auch mit leichtem Sodbrennen. Und sie hatte ihn angesehen, vielleicht sogar in ihn hinein, jedenfalls hatte sie sofort verstanden, dass diese Rose ohne weiteres auch rot hätte sein können. Er war froh, dass sie nun eine Zeit lang nicht da war. Nicht nur sie brauchte Urlaub, auch ihm würden sie gut tun, zwei Wochen ohne dieses unerwünschte Herzklopfen im Büro.
    Und in diesen zwei Wochen würde er als Wenckes Vertreter sein Können unter Beweis stellen. In seinem letzten Urlaub hatte er

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