Der Bronzehändler
jetzt geschehen lassen, wird als Geflüster, Geraune und Gerücht an den Ufern des heiligen Jotru in die Ohren und Herzen aller Rômet sickern. Man wird begreifen, dass es üblen Verrat immer und überall gibt, auch in meiner bronzenen Zeit.«
Seine Stimme war klar und deutlich; sie klang, als würde eine Speerspitze geschliffen. Niemand wagte laut zu atmen. Die großen Fische erzeugen ein seltsames Geräusche; Frösche und Kröten vollführten einen Lärm, der in langen Abständen anschwoll und plötzlich abriss. Öl und Binsen schmorten und rauchten; Qualm und Rußfäden verbanden sich zu lichtdurchtränkten Wolken in regloser Luft. Ein paar weißbäuchige Fischkadaver trieben an die Oberfläche.
»Gesetz, Gerechtigkeit, Maat und gutes Leben für alle will und werde ich nach dem Willen der Götter durchsetzen, vom Rand des Großen Grünen bis über die zweiten Stromschnellen.« Chakaura deutete auf die Gefesselten. »Aber diejenigen, die den ewigen Gesetzen nicht gehorchen, schaden allen Menschen. Sie sind ertappt worden, sie haben ihre Übeltaten gestanden, haben im Schilf und an den Kanälen Fronarbeit geleistet, und sie werden in dieser Nacht ihr Schicksal finden, das von den Priestern und Rechtskundigen als gerechtes Ende bezeichnet wird – ihr Grab wird man vergeblich suchen, sie werden kein zweites Leben haben. Niemand wird sich an ihre Namen und ihren Weg durchs Hapiland je erinnern.«
Sokar-Nachtmin schüttelte sich. Er spürte, wie sich die Härchen seiner Unterarme aufrichteten. Sein Herz schlug hart; er glaubte es bis in die Schläfen zu hören.
»Fangt an, meine Tapferen!« Chakaura hob die Waffe. Die Soldaten zerrten einen kahlgeschorenen, bleichen Greis aus dem Schiff. Zwei Mann schleppten ihn über die Planken des Stegs. Chakauras Stimme fuhr über das Wasser; der bräunlich durchzuckte Rauch schien sie halb zu verschlucken.
»Priester Nefermaat. Er hat Teile des Tempelschatzes vergraben, obwohl der Goldhorus das Gold für den Feldzug gegen Gaufürsten und Nehesi brauchte.«
Am Ende des Stegs stießen die Soldaten den alten Priester, der sich weder wehrte noch um Gnade wimmerte, ins Wasser. Er kippte nach vorn, tauchte nicht tief ein und schlug schwer auf die Leiber der schlängelnden Welse. Das Wasser schien zu kochen. Sein Körper wurde in die Höhe geprellt, die Beine und Arme zuckten, die Fesseln rissen; er schrie gellend, während sich der Körper krümmte und bog, und es war, als vollführten die Gliedmaßen unglaubliche Bewegungen, in denen sich der Körper verknotete und verdrehte; die großen Fische gerieten in Raserei. Der Priester versank halb, tauchte gurgelnd und zuckend auf, umgeben von weit offenen Mäulern und langen Bartfäden der Welse.
»Priester Wererui. Du hast die Obersten Priester vieler Tempel durch Schreiben und Botenvögel angewiesen, dem Horus im Großen Haus nicht das Gold zu geben, das er für Nechoschet und gute Waffen braucht. Das Gegenwärtige ist wichtiger als die Vergangenheit, denn in der Zukunft werden jedes Kit Gold und jeder ehrliche Mann gebraucht.«
Er schnippte mit den Fingern. Sokar-Nachtmin, der zwei Schritt hinter ihm stand, fühlte, wie ein handbreiter Streifen Kälte sein Rückgrat entlangrann. Der Priester wurde zu den Welsen geworfen, die ihn mit unsichtbaren Stichen zu töten versuchten; ein Bogenschütze spannte die Sehne bis zum Ohr und jagte einen Pfeil zwischen die Schulterblätter Wereruis, dessen Körper schräg im blasigen Wasser zuckte. Die Bänder der Helmkrone klebten zwischen Chakauras Schultern. Er drehte sich halb herum und sah in Sokar-Nachtmins Augen. Der Oberste Heerführer senkte den Blick und hörte, wie der Priester kreischend starb.
»Ti-Chonsu hat Sand statt Goldstaub in die Beutel gefüllt, die der Goldhorus den Bronzehändlern sandte: sie bringen das Metall, das ich brauche, um Kush und Wawat zu befrieden.«
Wieder heulte ein Pfeil über das Wasser. Sokar-Nachtmin sah den alten Peser, der den mächtigen Bogen wie ein Zwanzigjähriger handhabte. Der Kreis zwischen den Netzen verwandelte sich in einen schäumenden Kessel, in dem die Verurteilten von den Fischen zerrissen wurden; die Flossen und Schwänze der Narmer-Fische sandten unsichtbare, kalte Blitze aus, unter deren Schlägen die Verurteilten zuckten, sprangen, in unfassbaren Verrenkungen untergingen oder das Bewusstsein verloren.
»Die Sepat-Fürsten sahen zu, wie Menschen hungerten. Sie schickten keine Schiffe mit Korn und Salzfisch, Vieh und Nahrungsmitteln;
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