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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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sie wurden abtrünnig und saßen auf ihrer Macht wie Enten auf dem Gelege. Etliche Gaukönige haben sich selbst entleibt, andere sind geflohen – Sennedjem und Sobkemhet habt ihr gefangen, meine Tapferen. Die Waage der Maat senkt sich, Gaufürsten.«
    Schwärme aufgescheuchter Insekten verschwelten in den prasselnden Flammen, die Soldaten in den Binsenbooten waren wie erstarrt; die einstigen Gaufürsten starben brüllend und schreiend durch die Blitzstöße der Fische und durch die Pfeile des Bogenschützen.
    »Abdim, Fürst ohne Bedeutung; in den Netzen meiner Soldaten und der Späher Userhets bist du gefangen worden. Die beiden Lande haben unzählbar viele Char Kupfer und edle Steine durch dich verloren: schon vor acht Jahren war dein Leben nichts mehr wert. Du stirbst.«
    Mitten auf dem Steg ließ sich der ausgemergelte Schwarzbärtige fallen, warf sich herum, trat einem Soldaten zwischen die Beine und sprang nach einem rasend schnellen Anlauf mit einem gewaltigen Satz seitwärts ins Wasser. Noch als sein Körper in einer flachen Bahn durch Rauch, Flammen und Mückenschwärme sprang, traf ihn Pesers Pfeil in den Nacken; er versank außerhalb der Netze und des Wasserkreises, der noch immer brodelte. Der Gestank ließ die Augen tränen.
    »Ihr Fürsten des Sandes, Herrscher der Stürme, Abschaum aus Kush und Wawat – zehnmal hab ich euch die Hand gereicht, und ihr habt sie angespuckt. Eure eigenen Männer sind die besten Bogenschützen in meinem Heer.«
    Sokar-Nachtmin sah, wie Userhet, ähnlich schwer bewaffnet wie er selbst, aus dem Heck des Lastschiffes auf den Steg sprang und ein Beil schwang. Die bronzene Klinge blitzte kurz auf; ein Signal für die Soldaten. In Nachtmins Ohren summte es, undeutlich hörte er Chakauras Stimme: »Euer Tod ist die Antwort auf viele Fragen des Hapilandes. Sterbt!«
    Als die Körper ins Wasser gestürzt wurden, brodelte eine grauschwarze Rauchwolke von einigen Binsenbooten heran und legte sich wie Bodennebel über die Fläche; die Schreie gingen im Klatschen der Fischleiber und dem Gurgeln des Wassers unter. Userhet hob den Arm und deutete auf das Lastschiff. Es war nur noch von Soldaten besetzt.
    Chakaura rief: »Zurück nach Itch-Taui! Sokar-Nachtmin, euer Oberster Herr, wird dort mit euch sprechen. Merkt euch, was ihr gesehen habt. In meinem zehnten Jahr ist die Waage der Maat ausgeglichen: aber auch im nächsten Jahr wird es mehr Fragen als Antworten geben. Sokar-Nachtmin: Befiehl den Ruderern, uns zum Großen Haus zurückzubringen.«
    »Ich gehorche, furchtbarer Goldhorus«, sagte der Oberste Anführer. Er trat zur Seite, als Chakaura ins Deckshaus hinaufstieg.
    Nefret-Senai, eine Vertraute Hathor-Iunits, kauerte auf den Decken und hielt große Becher in den Händen. Nachtmin beugte sich über den Bug und winkte Userhet, verständigte sich mit ihm durch einfache Gesten und wartete, bis die Haltetaue gelöst waren und die Ruderer die Sachmet im engen Bogen zur trichterförmigen Öffnung im Schilfgürtel schoben. Die Körper zwischen platzenden Blasen und Fischleibern zuckten noch immer in lautlosen Verrenkungen.
    Nachtmin ließ sich einen Becher Bier geben, hockte sich in den Bug und schloss die Augen. Alle Geräusche wurden leiser, das Schiff schwankte, die Lähmung des Entsetzens schien selbst die Frösche erfasst zu haben. Als der Schnellruderer gewendet hatte, sah Sokar-Nachtmin die keilförmigen Spuren von drei Hapikrokodilen, die auf den Kreis der Pfähle und Netze zuschwammen. Einige seiner Männer in den Binsenbooten lösten die Knoten und zogen die Netze auseinander. Die Welse schossen in alle Richtungen davon.
    »Seltsam«, flüsterte Nachtmin. »Außerhalb meines Wissens gibt es düstere Geheimnisse: Die Hälfte der Männer, die ich sterben gesehen hab, sind vor Jahren aus meinen Augen verschwunden. Cha-Osen-Ra und Ikhernofret wussten also viel mehr als ich.«

    Wie durch einen Vorhang hörte er Chakaura, der Krone und Waffen achtlos ablegte, hörte das Klirren der Becher und, als die Sachmet in den geraden Kanal einbog, Chakauras Keuchen und das stoßweise Wimmern und Keuchen Nefret-Senais. Er sog das Bier durch dicke Binsenhalme und wünschte sich, er säße mit Karidon, Netji und Mlaisso auf dem Dach des Parenneferhäuschens und spräche über Bronze, Zinn, Kefti oder die Fahrt nach Punt. Er hoffte, dass Karidon eine Mehrschrift seines letzten Briefes erhalten hatte; längst war es an der Zeit, mit dem Priesterlein und dem Sammler unzähliger Zähne

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