Der Bronzehändler
Männer. Die Frau war Nefer-Ihat, eine Dienerin Tama-Hathor-Merits. Sie schien sich halb hinter den Schreibern verstecken zu wollen. Karidon sah auf ihren Schultern breite Striemen, wie von Stockhieben oder Gepardenkrallen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und hob die Brauen. Der Mann, der die Gruppe anführte, etwa gleich alt wie Karidon, mit einer großen Zöpfchenperücke, verbeugte sich und sagte:
»Ich bin Djadjad Mersuanch, Kapitän. Herr der Geheimnisse des Herrschers. Einziger Gefährte des alten Tatji Ikhernofret, den eine Krankheit ergriffen hat. Er sendet unzählbare Grüße: hast du aufgeschrieben, wie viel Nechoschet ihr getauscht habt? Habt ihr vom wunderbaren Himmelserz etwas geladen? Und guten Wein von Kefti?«
»Die Listen sind geschrieben.« Karidon nickte. »Lasst das Metall wegtragen und nachwiegen. Wegen des Baâ-Enepe will ich mit dem Obersten Verwalter sprechen, denn es kostet mehr Gold. Der Goldhorus sollte den Wert kennen; ich habe ihm viele feine Muster geschickt.«
»Er hat den Dolch gelobt und von den Künstlern im Per-Ao Scheide und Griff machen lassen, schön und wertvoll, eines göttlichen Herrschers würdig.« Mersuanch bedeutete den Schreibern, die Bronzebarren und Zinnziegel zu zählen. »Er will, dass ihr im Gästehaus wohnt, bis er Zeit findet, das Wort an euch zu richten.«
Jehoumilq hüstelte; Karidon glaubte, ein gemurmeltes »Cabul!« verstanden zu haben. Mersuanch trat zur Seite und wartete, bis Nefer-Ihat neben ihm stand. Sie gab Karidon eine Lotosblüte und flüsterte heiser:
»Neb Karidon: Meine Herrin will, dass du kommst. Sofort. Sie sagt, sie will nicht ins Seelenland Amentet eingehen, ohne dich gesehen zu haben. Ein furchtbares Fieber wütet in ihr, Kapitän.«
Jehoumilq packte Karidons Oberarm. Sein Griff verbog den Goldreifen; er sagte gepresst: »Lauf, Söhnchen. Ich und Mersuanch erledigen die Geschäfte. Schnell!«
Ptah-Netjerimaat beugte sich weit aus dem Bug. Er hatte die letzten Worte verstanden und schüttelte den Kopf, sah Karidon an, mit weit offenem Mund, dann richtete er den Blick in die Wolken und stöhnte laut. Karidon presste die Hände in die Achselhöhlen und fühlte kalten Schweiß zwischen den Fingern. Nefer-Ihat starrte schweigend in sein Gesicht. Lidstrich und Augenschminke waren verschmiert, ihre Brust hob und senkte sich, als sei sie gerannt. Karidon holte tief Luft und sah hinüber zu den Palmenkronen des Palastgartens.
»Ja«, sagte er. »Gehen wir.« Er nickte Mersuanch zu und folgte Nefer-Ihat. Sie hob den Arm und winkte. Zwei Soldaten hasteten herbei und bahnten ihr den Weg durch die Menge.
»Seit wann ist die Prinzessin krank? Was sagen die Ärzte?«
»Es ist das Sumpffieber, sagen sie.«
»Hat sie Schmerzen? Ist es schlimm? Wie geht es ihr?«
Karidon nahm Nefer-Ihats Hand und hastete hinter den Wachen die Hafenstraße entlang, auf einen Durchgang der Palastmauern zu. Ihat stolperte und setzte zweimal zum Sprechen an.
»Vor einem Zehntag fing es an, Kapitän. Zuerst haben die Schmerzen in ihrem Kopf gewütet; kein Wein und keine Arznei hat geholfen. Sie war plötzlich ganz schwach, ihr war übel; sie hat oft gespien. Dann ist ihr Körper heiß geworden, stundenlang haben wir sie mit nassen Tüchern gerieben. Sie schüttelte sich, ihr war kalt und dann wieder heiß.«
Die Soldaten sprangen vor dem Eingang auseinander und hoben die Speere. Karidon und Nefer-Ihat rannten durch tiefgrünes, kaltes Gras, durch menschenleere Höfe, öffneten schmale Türen, scheuchten Störche mit gestutzten Flügeln zur Seite und liefen durch einen dunklen Gang. Jetzt erkannte Karidon die Säulen, Wände und Räume des Palastflügels wieder; er verstand in der Aufzählung die Merkmale jenes Sumpffiebers, das nach wenigen schmerzerfüllten Tagen tödlich endete. Nefer-Ihat zog schwere Vorhänge zur Seite und ließ Karidon vorbeigehen. Der Raum war erstickend heiß. In Glutschalen verbrannten Myrrhe und Duftkräuter und erzeugten Dunst, der in der Kehle stach. Rußende Ölflämmchen flackerten an den Wänden. Mit kurzen Schritten näherte sich Karidon dem Bett; Tama-Hathor-Merit wandte langsam den Kopf und blickte ihn aus unnatürlich großen Augen an; blass, ausgezehrt, mit zitternden Fingern auf den weißen Tüchern, die sie bis zum Kinn bedeckten. Drei Männer und einige Dienerinnen umstanden das Bett.
»Grünauge. Endlich.« Das Flüstern klang rau und gebrochen, aber noch immer befehlsgewohnt. »Komm, halt meine Hand.«
In Karidons
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