Der Bronzehändler
Merire-Hatchetef, glaubt auch nicht, dass ihr derlei tut. Er schreibt viele Shafadurollen voll.«
»Was schreibt er?«
»Alles, was seit dem Jahr Eins unseres Goldhorus' geschehen ist und geschieht und weiterhin geschieht, im Jahr Zehn, Elf und weiter, ewig und ewiglich.«
»Ewig und ewiglich«, sagte Ptah leise und nahm den Becher aus Ikhernofrets knotigen Fingern. Der Tatji blinzelte, gähnte und murmelte: »Ich muss schlafen, Netji. Ich glaube dir. Sprich mit dem Priesterlein. Vielleicht zerstreut er« – er gähnte wieder; Ptah sah schwärzliche Zahnstummel und roch den sauren Atem – »die Besorgnisse seiner alten Priester. Ankh, Djed und Maat dir, Netji. Amuns Friede mit dir.«
»Leben, Beständigkeit und Gerechtigkeit auch für dich.«
Ptah verließ auf Zehenspitzen den Raum, nickte den Wachen zu und murmelte: »Er schläft. Lasst ihn schlafen.«
Die Bogenschützen geleiteten ihn durch den steinernen Irrgarten des Palastes. Er ging langsam durch das Gedränge und die Gerüche zwischen innerer Stadt und Hafen und versuchte, in seinen Gedanken die Waagschalen der Maat ins Gleichgewicht zu bringen.
Die Auge der Morgenröte war völlig entladen und in einen flachen Kanal gezogen worden, den die Sklaven durch Lehmziegel und Sandaufschüttungen absperrten. Unter den Kiel schoben Karidon und Holx kurze Palmenholzbohlen. Während das Wasser im Sandbecken ausgeschöpft wurde, sank das Schiff langsam auf die Balken, drückte sie in den Schlick und neigte sich nach Steuerbord. Karidon, Saigoos und Idris fingen an, die Planken mit Bronzeklingen und grobem Stein zu säubern, ersetzten Fugendichtungen aus Leinen, Flachs und Erdpech, klopften jede Planke ab und stemmten trockenfaulende, wurmangefressene Stücke mit eisernem Werkzeug heraus. Es gab keine Eile, Mlaisso sorgte für Bier, und fast jeden Tag segelten und ruderten Schiffe voller Soldaten hapiaufwärts am Gutshof vorbei. Zwischen Bauern und Sklaven auf den Kornfeldern und der Flachssaat wachten Sokar-Nachtmins Bogenschützen über die Sicherheit der Bronzehändler.
Bis an die Grenzen des Gutshofes reichten die Neuerungen im Land um Itch-Taui. Mühsame Arbeit unzähliger Bauern, Kanalarbeiter und Sklaven hatte große Teile der sumpfigen Umgebung des Großen Sees in fruchttragendes Land verwandelt. Kanäle durchzogen das Gebiet, Dickicht und breite Schilfstreifen waren gerodet, auf großen Feldern stand das Korn, das in den Speichern verwahrt und mit Schiffen in kurzer Zeit an alle Stellen des Reiches geschafft werden konnte. Der erste Amenemhet hatte mit der Trockenlegung der Sümpfe westlich Men-nefers begonnen; es schien nicht, als könne der dritte Chakaura die gewaltige Arbeit beenden.
Karidon schuftete stumm von Sonnenaufgang bis zum Einbruch der Nacht. Er trank lauwarmen Kräuteraufguss, kletterte im Schiff herum, putzte im kalten Sand Ballaststeine, beobachtete die Wachsoldaten und den Künstler, der den Namen des Schiffes in den Ankerstein hämmerte; mit einem Bronzemeißel mit eiserner Spitze. Karidon sah eine Weile zu, wischte mit einem duftenden Tuch den Schweiß vom Oberkörper und ging zum Haus. Ti-Senbi spielte mit dem Kleinen auf Mlaissos ausgebreitetem Mantel; ein pausbäckiges schwarzhäutiges Menschlein, das kreischend umherkrabbelte und mit Figuren aus Holz und Stoff spielte.
»Was ist mir dir, Kari?« Tenbi schob das Leinenband zur Seite und legte das Kind an die schwere Brust. »Du hast die Sprache verloren, scheint's. Seit einem Zehntag hat dich niemand lachen gehört. Du trauerst um Tamahat, nicht wahr?«
»Ja. Und es ist mehr.« Er legte das feuchte Tuch um seine Schultern und setzte sich auf einen unfertigen Würfelhocker. Der klirrende Meißel schlug den Takt zu seinen Worten. »Bisher hab ich gewusst, dass Tamahat da war, wenn wir von Kefti oder Gubla gekommen sind. Wer wartet jetzt auf mich? Jehoumilq wird aufhören; ich hab die ganze Verantwortung. Merire wollte kommen. Wo ist er, wo bleibt Sokar-Nachtmin? Und dann muss ich ans kostbare Eisen denken, an die Häfen des Zinns« – er zuckte mit den Schultern –, »zum Beispiel, dass Chakaura wieder gegen die Nehesi zieht und wir mit ihm fahren müssen. Und wie die Priester Tamahats Körper verwüsten.«
»Es ist so Brauch, Kari. Sie selbst und all ihr Besitz müssen vorbereitet werden für ihr Weiterleben.« Ti-Senbi wechselte den Säugling zur rechten Brust und zeigte lächelnd flussaufwärts. »Ihr Sehedhu-Grab steht neben dem von Chakaura.«
»Ich weiß.« Karidon trat
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