Der Bronzehändler
alle: aber ich kann es nicht glauben. Wo ist die Gewissheit, wo die Sicherheit? Zehntausend Augen würden uns beobachten, wenn wir im Binsenboot Welse speeren und kreischende Kushitinnen verstöpseln würden.« Er sprang auf und ging hin und her. »Zu den Striemen auf Nefer-Ihats Schultern: es waren Knechte Sat-Hathors, meiner königlichen Gemahlin, die schwanger ist und sich, obwohl ich nicht bei ihr liegen darf, in Eifersucht auf jede andere Frau verzehrt.«
»Schick Nefer zum Parenneferhaus. Dort mag sie sich erholen.« »Was kann, was soll ich tun, um meinen Freunden zu genügen?« Chakaura schnitt eine Fratze. »Mich entleiben? Dich mit Gold überschütten? Den Nehesi aus dem elenden Kush die Doppelkrone aufsetzen? Tempel abbrennen? Alle Priester entmannen oder erdrosseln?«
Sie saßen sich gegenüber und berührten einander fast. Karidon holte tief Luft, legte die Hände auf Chakauras Schultern und zwang sich zur Ruhe. Er seufzte, blickte in Chakauras schwarzbraune Augen und sagte leise:
»Nein. Du sollst dich daran erinnern, jeden Tag, dass du verletzlich bist, von Krankheit heimgesucht, in Schmerzen siechend, sterblich wie Tama-Hathor-Merit und jeder andere.« Er breitete die Arme aus. »Und dass deine Göttlichkeit an menschliche Grenzen stößt. Wahrscheinlich öfter als einmal jeden Tag.« Er fasste Chakauras Oberarme. »Sieh sie an. Es sollte dir das Herz zerreißen, so wie mir. Eines Tages enden wir so wie Tamahat. Keiner weiß, was du am Ruder deiner Sonnenbarke erlebst; es mag anders sein, als wir es uns vorstellen.« Karidon holte Luft. »Jehoumilq und ich erwarten einen goldenen Erdrutsch für das viele feine Eisen, das wir dir gebracht haben.«
Chakaura nickte schweigend. Sein Blick pendelte zwischen dem erloschenen Antlitz der Schwester und Karidons Gesicht hin und her. Er holte tief Luft. »Das goldstrotzende Dutzend wartet die Winterstürme in meinem Königslehen ab. Wir haben hundert Tage Zeit. Fürs Eisen werdet ihr reich bezahlt. Bevor ich wieder gegen die Nehesi ziehe, werden wir in Ruhe sprechen. Lass mir Zeit. Glaub nicht, dass jene Ölflamme im Tempel meiner Erinnerungen erloschen sei; an meiner Stelle würdest du nicht anders handeln können.«
»Wir Bronzehändler, so hat es vor einem Jahrzehnt Tatji Ikhernofret ausgesprochen, ich und Jehou, wir brauchen als Nicht-Rômet nicht vor dir im Sand zu liegen. Wir segeln mit der Morgenröte auf und davon und bringen keine zweite Ladung Eisen mehr nach Itch-Taui.«
Chakaura tastete nach Karidons Händen und murmelte:
»Bleib mir treu, Freund. Ich bin gerecht, und euch gegenüber bleibe ich's auch. Ohne euch wäre ich eine Wüstendüne aus Sandkörnern. In meinem Jahr Dreißig werden wir über vieles, was uns heut erschüttert, weise lächeln.«
»Wenn's die Götter erlauben.«
Karidon drehte sich um, hob grüßend die Hand und richtete seinen Blick zum letzten Mal auf Tamahat. Die Gesichtszüge hatten sich entspannt. Sie sah aus wie ein sehr junges, sehr schönes Mädchen. Chakaura starrte ihm mit brennenden Blicken nach, als er durch den Garten davonging. Zwanzig Schritte nach dem letzten bewachten Durchgang stieß er mit Ptah-Netjerimaat zusammen, der wortlos den Arm um seine Schultern legte und ihn schweigend zum Schiff führte. Karidon hockte sich ins Heck und stierte auf die verwirrende Maserung der Planken und der Bordwand. Er öffnete den Watsack, nahm den viereckigen Brustschmuck aus der gewachsten Leinenhülle und hängte ihn um den Hals, bevor er das Schiff verließ und sich im schwindenden Licht wieder auf den Weg zum Palast machte: er suchte und fand Nefer-Ihat, gab ihr die Kostbarkeit und berührte behutsam ihre Wange.
»Damit soll sie begraben werden. Sorge dafür, Schwester.«
Sie nickte. Er deutete über die Mauern und murmelte: »Wenn alles vorbei ist, komm zu uns. Du wirst bei fröhlichen Freunden sein; weit weg vom Per-Ao.«
Sie presste seine Hand, verbeugte sich bis zu seinem Knie und murmelte ratlos: »Und du, Kapitän, was wirst du tun?«
»Ich weiß es nicht, Nefer« – er zog ihre Fingerspitzen an seine Lippen – »denn ich bin so verwirrt wie du. Aber im Parenneferhäuschen wird niemand gepeitscht oder geschlagen.«
Er nickte ihr zu und verließ den Palast. Auf dem Weg zum Schiff erinnerte er sich daran, dass die Mannschaft im Gästehaus schlief. Ptah wartete am Eingang zum Garten und sagte leise:
»Soldaten bewachen das Schiff. Es wird kein fröhlicher Abend sein, Kari.« Er zog an der Schnur, die den
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