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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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in den langen Schatten. »Fährt Mlaisso im Payni wieder mit uns?«
    »Wir wissen es noch nicht.«
    Ptah, Khenso und Nefer-Ihat kamen in den Garten. Aus der Küche roch es nach frischem Brot und gärendem Bier. Khenso trug einen Krug und Becher. Ptah sah aufmerksam in Karidons Gesicht und wartete, bis er den gemischten Wein trank.
    »Neuigkeiten, Kapitän. Der Goldhorus führt nicht nur Krieg, baut nicht nur Städte und Tempel, sondern lässt aufschreiben, was sich in den Jahren seiner Herrschaft ereignet. Rate, wer der Oberste Geheimschreiber ist?«
    Karidon hob die Schultern. »Etwa unser Merire-Hatchetef?«
    »Genau. Wenn er so schreibt, wie er redet, wird viel Binsenmark für den Tempel geklebt werden müssen. Jehou ist drinnen und rechnet, ob er sich das Wohlleben leisten kann.«
    »Ich geh ins Haus«, sagte Karidon in den Meißeltakt hinein. »Und denke darüber nach, warum ringsum alles in Bewegung ist und für mich die Stunden nicht vergehen wollen.«
    Er fing einen besorgten Blick von Nefer-Ihat auf, senkte den Kopf und entledigte sich im Badehaus seines schmutzigen, zerrissenen Schurzes. Im warmen Wasser, das nach Kräutern und Zedernnadeln roch, packte ihn die Erschöpfung. Auf der Liege zog er Leintuch und Decken über die Schultern, drehte das Gesicht zur Wand und schlief bis weit nach Sonnenaufgang.

    Das Segel war zwischen den Palmenstämmen ausgespannt; Holx-Amr und Selkara besserten mit gewachsten Fäden und gekrümmten Bronzenadeln die Nähte aus. Sokar-Nachtmin kam allein, nur mit Kriegskolben und Dolchen bewaffnet. Sein Schnellruderer wartete am Ufer, ein Dutzend Soldaten starrten hinter ihm her, als er beide Arme ausstreckte und den schweren Stoff über seinen Kopf hob.
    »Karidon! Ptah! Mlaisso! Ein paar Stunden Zeit hab ich gerade übrig. Wo steckt ihr?«
    »In der Halle, Furchtbarer Töter«, sagte Holx. »Erschreck den Kleinen nicht. Sonst ist die Mittagsruhe hin.«
    Khenso führte Nachtmin ins warme Haus. Er sah sich um, nickte anerkennend und rümpfte die Nase.
    »Fast so prächtig wie der Palast des letzten Gaufürsten, den wir zur Ordnung riefen.« Er griff nach Jehoumilqs und Karidons Handgelenken. »Sieh mich nicht so mürrisch an, Wellenbrecher. Ich bring keine schlechten Nachrichten.«
    Karidon zog ihn in die Mitte des Raumes, wo sich die Lichtstrahlen auf Tischen, Schreibledern und Shafadurollen trafen.
    Nachtmin nahm Helm und Waffen ab.
    »Ich muss meine Soldaten nach und nach vom Kanal abziehen. Ihr wisst, die neue Wasserstraße zwischen Men-nefer und Itch-Taui. Schwierige Sache; man will keine Felder und Weiden ruinieren. Wenn ihr nächstes Jahr kommt, könnt ihr schon darauf segeln.« Nachtmin runzelte die Stirn und drückte Karidons Hände. »Noch immer traurig, Freund?«
    Karidon nickte. »Unglücklich und unsicher; voll Unbehagen, wenn ich an die nächsten Jahre denk.«
    Nachtmin ließ die Schultermuskeln spielen, schüttelte den Kopf und sagte lächelnd, ohne Karidons Hände loszulassen: »Du musst lachen, Grünauge. Lachen ist der Bruder der Kraft. Du wirst nicht lange unglücklich sein, Grünauge. Wir alle baden in den Strahlen des Goldhorus; was hast du in deinen vierunddreißig Jahren schon alles erlebt! Denk dir: Man wird von unseren Taten lesen und hören. Der Goldhorus lässt schreiben, wer an seiner Seite war. Ich, du, Jehoumilq, ihr alle! Das ist unerhört und großartig im Hapiland. Nur er denkt so prächtige Gedanken! Die große Zeit der Bronze und jetzt auch des Baâ-Enepe!«
    Jehoumilq grinste. »Wenn du im kleinen Schiff zwischen kalten Sturmwellen stirbst, ist die große Zeit nicht mehr wert als ein Eselsfurz. Du gehst wieder Nehesi schlachten?«
    »Kupferminen, Goldbergwerke und die Handelsstraße.« Nachtmin hob die Faust. »Diesmal kennt Chakaura keine Gnade mehr gegen das elende Kush.«
    »Wann fährst du ab?«, fragte Ptah. »Schon heute?«
    »Wenn das Grab der Prinzessin versiegelt ist. In einem Mond, oder ein paar Tage später. Zusammen mit dem Sohn der Sonne und den besten Truppen.«
    Khenso, Ti-Senbi und Nefer-Ihat brachten Leckerbissen und heißen Sud. Sokar-Nachtmin schien kaum gealtert, seit ihn Karidon das letztemal gesehen hatte, aber das kurze Schläfenhaar war grau geworden. Er berichtete, von Ptahs und Karidons Fragen unterbrochen, welche Neuerungen in Chakauras erstem Herrschaftsjahrzehnt das Staunen der Rômet erregt hatten: jedes Gesetz der Maat, der gerechten Ordnung des Lebens, war wiederhergestellt worden. Das Alte, Gewohnte hatte

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