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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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ins Henkelchen der Öllampe.
    »Ich danke dir, Vater«, sagte Karidon leise. »Jedes deiner Worte hat sich in mein Herz eingebrannt. Ich höre viele Menschen reden, aber ... was du sagtest, werd´ ich nicht vergessen. Du hast nicht jeden Schritt des Weges gezeigt, aber die Finger deiner Wörter zeigten auf das Ziel. Ich wünsche dir einen tiefen, guten Schlaf.«
    »Leg nicht jedes meiner Worte auf die Goldwaage, Karidon. ich bin ein alter Mann. Für deine Geschenke dank ich dir.«
    »Morgen reite ich hinunter nach Kit, und ob ich je wiederkomme ...«
    »Wir werden einander nicht mehr begegnen.« Kaemheset dankte, als Karidon den Mantel aufhob und um seine Schultern legte. »Schon hör ich die Rufe des schakalköpfigen Anubis und seh die Lichtstrahlen des Horusfalken. Leb wohl, Krabbe. Amuns Friede mit dir!«
    Karidon verneigte sich und murmelte: »Ich schlaf am Sockel des Tempelchens.« Er wartete, bis das schwankende Flämmchen erlosch, tauchte den Docht der zweiten Lampe ins aufsummende Öl und wickelte sich auf dicken Moospolstern in den Mantel. Er verschränkte die Arme im Nacken, suchte zwischen den Sternenmyriaden nach den Wandelsternen der Bronze und des »Himmelsmetalls« und lachte, als einer der Esel klagend schrie.

    Er betrachtete lange die leuchtende Kupferscheibe über dem Kopf des falkengesichtigen Sonnengottes Re zwischen den Säulen des Tempelchens. Der Widerschein des hochpolierten, blendenden Kupfers hatte ihn geweckt und stach in seine Augen. Er trank eisigkaltes Quellwasser und ging, Watsack, Mantel und Axt auf den Schultern, zu Jagro, half ihm, die Esel zu beladen, und konnte es nicht erwarten, wieder im Hafen Kits zu sein. Selbstsicherheit, der er weniger misstraute als bisher, erfüllte ihn. Er bezahlte Jagro mit Silber und dankte ihm. Als er am Steg auf den Heckzierrat der Horus zuging, löste sich Ptah-Netjerimaat aus dem Schatten des waagrecht ausgespannten Segels und streckte die Hand aus, um ihm an Bord zu helfen.

    Unter den Falten der Leinenfläche brannte nur noch ein Öllämpchen. Mitternacht war längst vorbei. Prinzessin Tama-Hathor-Merit beugte sich vor und sah in Karidons Gesicht; seine Blicke kamen aus der Dunkelheit zurück. Er hob die Schultern, als friere er. Tamahat flüsterte: »Ich hab dich nicht ein einziges Mal unterbrochen, Karidon.«
    Sie mischte Wein mit Wasser und füllte die Schalen.
    »Du hast aufmerksam zugehört«, sagte er leise und unterdrückte ein Gähnen. »Nun weißt du ein wenig mehr aus meinem Herzen; du hast den Freund deines Bruders besser kennengelernt.«
    Als sie ihm die Schale reichte, berührten sich ihre Finger. Tamahat streckte sich lächelnd auf dem Lager aus. Das Flämmchen spiegelte sich in ihren goldflimmernden Augen.
    »Ich werde viel Zeit haben, darüber nachzudenken, wenn du in Kush bist.« Sie strich das Laken neben sich glatt. »Die Nacht ist kurz geworden. Nimm mich in die Arme, Shenshen Kari. Mein Ka und mein Ib zittern; ich kenne keine Geschichte, die dir die Höhle meiner Erinnerungen zeigt.«
    Er legte ein Kissen auf die Kopfstütze und spürte seine Müdigkeit, als er neben Tamahat lag. Er murmelte: »In deinem Leben gibt es keine Erinnerungen, Schönste?«
    »Viele Erinnerungen.« Ihre Finger nestelten in seinem Nacken am Knoten des Brustschmucks. »Aber nicht solche. Andere: sie würden dir das Innere des Palasts zeigen, aber nicht mein Inneres.«
    Karidon ließ seine Finger durch ihr Haar gleiten und küsste ihre Halsgrube. Flackernd verlosch das Ölflämmchen. Tamahat legte das Bein über seine Schenkel, spielte in seinem Brusthaar und hob den Kopf.
    »Bis wir hapiauf segeln, vergehen noch einige Tage und Nächte, Tamahat«, sagte Karidon leise. »Den einen oder anderen Blick in dein Herz werde ich wohl noch erhaschen können, auch im Dunkeln.«
    »Gerade in der Dunkelheit – mit deinen grünen Augen, Kapitän.« Tama-Hathor-Merit seufzte und streifte die Goldreife von den Fingern. Ihre Hand glitt auffordernd über seinen Bauch. »Rê-Harachtes Gestirn, in ein paar Stunden, ist viel zu grell für solche Blicke.«
    Sie öffnete Karidons Gurtschnalle, warf den Schurz zwischen raschelnde Schreibrollen und glitt über ihn, küsste ihn und erschauerte, als seine Hände ihren Rücken streichelten und das Kleid abstreiften. Karidon schloss die Augen und lauschte ihren schweren Atemzügen.

7. Land des schmelzenden Sandes

    Einige Tage, nachdem eine Barke die Ruderer zum Gutshof gebracht hatte, kam Feldherr Sokar-Nachtmin, von

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