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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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doppelter Trommelschlag; mit Fingern oder Stöckchen auf gespannten Kalbfellen über Tontöpfen. Kardone, den Arm um ihre Hüften, setzte sich neben Hathor und murmelte:
    »Ich stottere vor Freude, Tamahat! Mir fallen keine Worte ein; im Schattenschlingerland haben wir das Sprechen verlernt. Ich freu mich wie ein kleiner Junge, dass du hier bist. Ein junger Bronzehändler, ein Ausheimischer! Im königlichen Schnellruderer! An deiner Seite!«
    »Das kommt, weil du ihn aus diesem Kanal gezogen hast, Kari. Hast du auch verlernt, wie du Tamahat küssen musst?«
    »Fast«, murmelte er, »aber ich erinnere mich schnell daran.«
    Tamahat küsste ihn, rieb ihre Wange an seinem Brusthaar, schob ihr Knie zwischen seine Schenkel und schwankte. Sie umarmten sich, ihre Finger gingen auf die Suche. Karidon küsste Hathors Hals, streichelte ihre Brüste und lehnte sich zurück, als sie sich gegen ihn presste. Der Schurz zerriss am Knie. Perlen und Gold ihres Halsschmucks gruben sich in seine Haut. Er flüsterte:
    »Die Fahrt, Tamahat, wird schön und lang sein. Legen wir unterwegs an?«
    »Jede Nacht in einem anderen Gutshof, der dem Palast gehört. Bist du durstig, hast du Hunger?«
    Er schüttelte den Kopf. Auf ein unhörbares Signal zog Mudnedjemet die vordere und die seitlichen Rollen in die Höhe. Es war wie eine Heimkehr: die Bestandteile der maßvollen Ordnung, der Maat, in den richtigen Formen und Farben, von denen für ihn das Kennenlernen und Begreifen der Landschaft abhing, glitten vorbei. Es schien, als wären alle Menschen an den Ufern sauberer, freundlicher und wohlgenährt. Karidons Unruhe verging und machte der Erwartung heißer Zärtlichkeiten Platz. Er saugte Henket durch den Halm, sprach leise mit Tama-Hathor-Merit; vom Sandland, dem Hitzetier und dem Frostdämon, vom Gewebe einer Verschwörung, für die viele Beweise fehlten. Der Schnellruderer, der mit Bugwelle und schwarzer Heckspur den Kanal furchte, wurde erwartet.
    Am späten Abend folgte Karidon Mudnedjemet und der Prinzessin in ein weißes Haus auf dem Kanaldamm. Dort aßen sie, ließen sich von Dienerinnen und Dienern waschen und massieren, Karidons Sechstagebart fiel, sein Haar wurde gekürzt. Er folgte aufgeregt und müde den Lichtern der Öllämpchen auf das Dach. Kissen, Felle und Decken waren über niedrige Sitze gebreitet, ein Leinensegel spannte sich vor den Sternen, Tama-Hathor-Merit und ihre Dienerin warteten mit Wein, Leckerbissen und Bechern. Hinter den Tamarisken und den hohen Rizinusstauden blies ein Fischer die Rohrflöte. Als sich Karidon neben die Prinzessin setzte, sah er, dass sie außer den Goldkettchen über den Hüften und an den Fesseln keinen Schmuck trug. Mudnedjemet füllte die Weinbecher und glitt lächelnd in die Dunkelheit. Hathor-Merit löste die Stoffbänder über den Brüsten, öffnete zuerst ihren Schurz und dann seinen; der Körper der jungen Frau glühte, obwohl ihre Haut kühl blieb. Sie liebten sich zärtlich und trotz Karidons Müdigkeit leidenschaftlich, mehrmals, ehe der hungrige Mond hinter den Palmen verschwunden war. In dieser Nacht sah Karidon zwei Sterne verglühen. Sie leuchteten lange und weiß, wie tropfende Mondsteine.

    »Lass mich, ehe wir uns in der Geschäftigkeit des Großen Hauses verlieren, über uns sprechen. Du weißt, grünäugiger Fremder, dass ich dich liebe und begehre, mit deinem unrômetischen Brusthaar. Aber da gibt es meinen göttlichen Bruder und das Tameri-Reich am Hapi.«
    Karidons Blick versank in Tama-Hathor-Merits großen Gepardenaugen. Winzige Schweißtropfen standen auf den vollen Brüsten. Karidons Fingerspitzen legten sich auf die dunklen Spitzen. Er nickte schweigend. Auf der rechten Seite des Schnellruderers erschienen die ersten Sehedhubauwerke; Berge aus Lehmziegeln und Stein, deren vier Kantenlinien zur Sonne und in die Sterne zielten. Mudnedjemet ließ auf ein Zeichen Tamahats die Vorhänge herunterrollen.
    »Es wird enden und neu beginnen wie seit Jahren und Zeiten.« Tamahats Stimme war leise geworden; sie sprach mit ungewohntem Ernst. Ihre Hände glitten an seinen Schenkeln herauf. »Chakaura muss seine Macht auf sichere Fundamente stellen. Ein fremder König oder Fürst, vielleicht nicht im Lande Jam, aber ein Retenu in Asmach ... irgendwann, mit einem Mächtigen wird mich Chakaura verheiraten. Ich werde ihm eine gute Frau sein müssen; dich und das schöne Tameri werde ich nie vergessen. Du und ich, das ist etwas anderes. Es lag eine zu lange Zeit vor unserer Nacht,

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