Der Bronzehändler
Mitte des Wassers hinaus auswichen und sich dem Schilfgürtel näherten. Kreischend flatterten Wasservögel auf; die unbekannten Angreifer schrien ebenso wie die eigenen Bootsbesatzungen. Karidon starrte nach hinten: die Schützen, halb unter der Bordwand und halb von den Schilden der Speerwerfer gedeckt, überschütteten beide Angreiferboote mit einem Schwärm von Pfeilen und Speeren. Das Schilf brannte lichterloh, die Horus schob sich durch die Rauchwand und schoss auf das Boot zu, das ihnen flussabwärts aufgelauert hatte. Ptah und Karidon feuerten ihre Pfeile schräg abwärts, ein Hagel aus Wurfspeeren fegte die Besatzung nach beiden Seiten ins Wasser, noch ehe der Bug der Horus das Boot in der Mitte traf, mit knirschendem Krachen rammte und umkippte. Die Ruderer der Horus kamen nur für wenige Atemzüge aus dem Takt.
»Gegen die Strömung rudern!«, brüllte Jehoumilq. »Wir müssen den anderen helfen!«
Die Ruderer hielten inne und schoben die Riemenenden von sich weg, statt sie zu sich heranzuziehen. Bogenschützen und Männer mit einem neuen Vorrat an Speeren hasteten ins Heck. Ein Angreiferboot war im Schilf steckengeblieben. Durch das Prasseln der Flammen drangen verzweifelte Schreie durch den schwarzen, öligen Rauchvorhang. Auch die eigenen Schützen schossen Brandpfeile auf die Angreifer ab. Die Ruderer schufteten wie rasend, um den Abstand zur Horus zu verringern.
Karidon lehnte den Bogen gegen die Bordwand und ging nach achtern. Er hebelte die Beilklinge aus dem Holz und ließ die Schultern sinken. In den Angreiferbooten hingen blutende und bewegungslose Körper über die Bordwände, die Ruderer duckten sich und ließen die Boote treiben; sie kreiselten langsam im Strom, während die Boote im Gefolge der Horus in engen Windungen zwischen ihnen hindurchglitten. Die Horus trieb langsam, bis Jehou den Arm hob und laut sagte:
»Es ist vorbei. Geht wieder in den Takt.«
Die Boote trieben an der brennenden Schilfwand vorbei, die von der Abendsonne in schauriges Rot getaucht wurden. Im letzten Dämmerlicht kam die Horus jenseits des sumpfigen Seitenarms an eine dürre, leergefressene Weide, schrammte am Ufer entlang, und Jehoumilq ließ den Ankerstein am Heck werfen.
»Damit haben sie nicht gerechnet, die Schakale.« Tenthape zog neben Karidon und Ptah die schwere Leine an Land. »Dass wir so schnell sind und uns wehren. Habt ihr Verluste?«
»Ein paar Brandwunden«, murmelte Karidon, »und einige Beulen und Schnitte.«
»Ob sie aus der Stadt kamen?« Ptah schlang das Tauende um einen Palmenschaft und sah in die Richtung der Gebäude und Pflanzungen. »Wir hätten ein paar der Schufte aus dem Wasser fischen sollen.«
Im schwindenden Licht trieben die Trümmer des gerammten Bootes und langgezogene Inseln verbrannten Schilfs vorbei. Um Tenthape versammelten sich die Späher. Er suchte ein Dutzend aus und schickte sie an Stellen, die jenseits der Felder und Kanäle lagen, fast am Rand des Sumpfes und der felsigen Wüstenkante. Mlaisso lief über die Stoppeln auf den Bug der Horus zu und hielt Jehoumilq auf.
»Der Überfall passt ins Muster von Karidons Gewebe«, sagte er leise. »Hätten sie uns abgefangen, würde niemand dem Goldhorus berichten können, was wir in Wawat erlebt haben.«
»Das meiste weiß er aus den Berichten – wenn sie nicht abgefangen wurden.« Karidon sah zu, wie fünf kleine Feuer angezündet wurden. Die Rauchwolke über dem Schilfsumpf zerfaserte rotschwarz nach Süden; jedermann in der Iunu-Shem konnte sie sehen. »Aber es gäbe keine Augenzeugen. Und nun kennen wir den Gau der größten Feindseligkeit.«
»Alles in allem haben wir eine unruhige Nacht vor uns.« Jehoumilq versammelte seine Mannschaft um sich und klopfte an die Bordwand der Horus . »Das unübertreffliche Dutzend übernimmt die Verantwortung fürs Schiff. Waffen, Wacheinteilung, Riemen eingesetzt lassen ... ihr wisst schon. Kann sein, dass wir blitzschnell ablegen müssen. Wir brauchen das Schiff noch. Bis Gubla.«
»Sehr wohl, Neb Jehoumilq«, sagte Karidon. »Müssen wir mit Soldaten rechnen, die uns nachts überfallen, Tenthape? Was denkst du?«
»Ich glaub es nicht. Bis die Überlebenden in der Stadt sind, gegen die Strömung; das dauert. Das mächtige Riedfeuer wird sie erschreckt haben.« Der Anführer ging von Feuer zu Feuer und überzeugte sich, dass die Waffen griffbereit lagen.
Dreimal schreckte Karidon nachts auf, kam auf die Füße und blickte aus dem Heck auf die Schattengestalten an den
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