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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Kreisen dunkelroter Glut. Wie eine erstarrte Welle schwang sich im Westen der Grat einer mächtigen Düne dem Mond entgegen: das Land roch nach Herbst; trockene Luft kam über den Strom.

    Tenthape rannte im grauen Morgenlicht herum und weckte die Männer. Sie tranken Henket, das sie im Fluss gekühlt, und Kräuteraufguss, den die Glut warmgehalten hatte. Als die Sonnenstrahlen waagrecht über den Hapi zuckten, ruderten sie weiter. Als die Männer nach Tagen im Hinteren Atef-Baum-Gau, bevor sich der Hapi gabelte und die Türme und wehenden Bänder hinter der nächsten Biegung erschienen, königliche Soldaten an den Ufern sahen, schlugen die Männer mit den Kampfäxten an die Schilde und schrien begeistert zu den Winkenden hinüber.
    In der Nähe der Schleusen, mit glatten Mauern, die im unteren Teil aus Steinquadern bestanden, war eine kleine Stadt entstanden. Karidon sah jenseits der Einfahrten – das Wasser im Kanal war höher als das des Hapi – neue Querkanäle, ein großes Stück trockengelegten Sumpfes und lange Reihen Palmschößlinge. Am Sandsteinkai hinter dem Damm lag ein neues, mittelgroßes Schiff, ein Schnellruderer mit Sonnensegel und in leuchtenden Farben. Vom Ende des Dammes rief ein aufgeregter Speerträger: »Wenn ihr die Horus der Brandung seid, sollt ihr dort beim Schiff anlegen. Mich hat man geschickt, um mit Anführer Tenthape zu sprechen.«
    Befehle hallten über das stille, dunkle Moorwasser. Die Boote bogen ab, die Horus wurde an den Kai gerudert und machte fest. Aus der großen Deckshütte des Schiffes aus Zedern- und Akazienholz kam eine junge Frau und wartete im Schatten des Bugs, bis Arbeiter eine Planke angelegt und Jehoumilq das Schiff verlassen hatte. Karidon sah ihn mit der Frau sprechen. Er lachte und zeigte winkend auf Karidon. Er sprang über die Planke und erinnerte sich an die Frau; er hatte Mudnedjemet einige Male in Chakauras oder Tama-Hathor-Merits Nähe gesehen.
    »Wenn du der griinäugige Fremde aus Kefti bist, auf dem das Auge der Herrin Tama-Hathor ruht, sollst du auf unser Schiff kommen. Man wird dich in den Palast bringen. Es ist der Befehl von Tama-Hathor-Merit. Ich bin Mudnedjemet, ihre Vertraute.«
    Jehoumilq musterte Karidon schweigend von der Seite. Karidon, der während der vielen einsamen Nächte an niemand anderen als an die Prinzessin gedacht hatte, lächelte unschlüssig, hob die Schultern, blickte zurück zur Horus und auf das Lotosblütenheck des Bootes und sagte:
    »Ich kenne dich, Mudned. Einem solchen Befehl folg ich gern. Ich hol meine Shafadurollen und meinen Watsack. Schließlich muss ich im Palast berichten.«
    »Vorher sollst du der Prinzessin berichten«, sagte Mudnedjemet und grinste. Ihr Schmuck klirrte. Jehoumilq deutete mit dem Daumen über die Schulter.
    »Dein Vorsprung wird nicht groß werden. Wir treffen uns im Gästehaus oder bei Parennefer. Renn, Söhnchen: man lässt die Prunkbarke des Herrschers nicht warten.«
    Karidon verabschiedete sich flüchtig von Holx-Amr und Ptah, winkte Mlaisso und den Ruderern und trug sein weniges Gepäck über die Zedernplanke an Deck des Bootes. Eine Rolle aus Schilf und Leinen wickelte sich an Lederschnüren auf. Tama-Hathor-Merit stand aus einem hochlehnigen Stuhl auf und streckte die Arme aus. Soldaten rannten hin und her, ein Speerträger pfiff gellend auf drei Fingern. Aus Hauseingängen und unter Schattendächern hervor kamen stämmige Kushiten mit breiten Brustkörben und kletterten auf die Ruderbänke.
    »Tamahat!« Karidon setzte sein Gepäck ab. Die Doppelaxt rutschte von der Mantelrolle und schlug gegen seinen Knöchel. »Hast du etwa ... auf uns gewartet?«
    Sie nahm seine Hand und zog ihn in den Sichtschutz der riedgeflochtenen Seitenwand. Sie lächelte und legte die Hände auf seine Schultern.
    »Auf dich. Der Goldhorus hat's befohlen. Ich bin erst gestern angekommen. Er meint, dass er dich vor allen auszeichnen kann, ohne andere zu ärgern. Natürlich will er sofort erfahren, was ihr erlebt habt. Wir denken, dass einige Botschaften verloren sind. Und alles vor der Hapiüberflutung.«
    Das Schiff schwankte. Undeutlich hörte Karidon leise Kommandos. Der Körper, der seine Träume beherrscht hatte, war wirklich und lebendig! Er zog die Prinzessin an sich, merkte, wie in seinem Rücken die Schilfrolle zu Boden raschelte, und hörte Tama-Hathor-Merit sagen: »Danke, Mudned. Lass uns allein.«
    Das Schiff stieß ab und wurde in einer Reihe sanfter Rucke schneller. Im Heck ertönte langsamer

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