Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
bis, was einst Hoffnung war, Erfüllung fand –
Wagner ist gerührt, obschon er weiß, dass die Zeilen nicht ihm gelten, sondern Anton Schumachers Sohn Eckart. Verfasst hat sie Angelika von Hörmann, eine zeitgenössische Dichterin, die bei ihren Lesungen Säle füllt. Eines ihrer Gedichtbücher erscheint in der Wagner’schen Offizin, der Großteil ihres Werkes allerdings in München und Leipzig. Anlass ihrer Zeilen an Schumacher ist dessen Übernahme der Druckerei und der Buchhandlung mit dem 1. Januar 1898.
Wagner betritt ein Kapitel, in dem sich die Geschicke seines Unternehmens grundlegend ändern. Aber wer wollte auch argwöhnen –
Eckart Schumacher erblickt im Jahr der Geburt der Doppelmonarchie das Licht der Welt. Wagner will darin nichts Nachteiliges sehen, aber er spürt ein mulmiges Gefühl in sich emporsteigen. Eingriffe in bestehende Ordnungen irritieren ihn, und als einen schweren Eingriff erachtet er den Ausgleich mit Ungarn allemal.
Schon in seiner Kindheit und Jugend wird Eckart Schumacher Zeuge eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Er ist noch kaum ein Jahr alt, da wird ein Gesetz erlassen, das es Juden erlaubt, sich in allen Teilen der Monarchie niederzulassen. Auch in Innsbruck siedeln sie sich an und verhelfen der Stadt zu Wohlstand und Eleganz. Zahlreiche neue Geschäfte bestaunt Wagner, voll mit Waren aus Wien, Budapest und Prag. Seit einigen Jahren ist die Zeit der fahrenden Händler und Innschiffer vorbei, die Eisenbahnen übernehmen den Güterumschlag.
Den neuen Transportmöglichkeiten kann Wagner viel abgewinnen. Warum sich aber die Menschen plötzlich an Natur und Bergwelt ergötzen, ist ihm schleierhaft. Allerdings sorgen die Schwärmer für eine gute Auslastung der Pressen. Plakate und Werbeschriften verlassen die Druckerei, Handbücher und Fremdenführer. In der Buchhandlung bescheren Zeitschriften, Globen, Panoramen und Geschichtskarten gute Umsätze. Fremdenverkehr heißt das neue Zauberwort, solange es die Kassen füllt, ist es Wagner recht.
Ein Innsbrucker Alpenverein wird gegründet, unter den Initiatoren natürlich Schumacher. Berg- und sonnenhungrige Gäste überrennen die Stadt. Doch bleiben die Schattenseiten nicht aus. Die Preise steigen massiv an. Schon fordern die Drucker mehr Lohn. Wenig kann Wagner mit ihren Ansprüchen anfangen. Als die Druckereiarbeiter kurz nach Casimir Schumachers Tod eine Krankenversicherung gründeten, wollte er das noch gutheißen. Mit ihrem späteren Zusammenschluss zum Gutenbergverein konnte er leben. Als aber 1874 eine Arbeitslosenunterstützung eingeführt wurde, war er perplex. Und hat man Töne – zwei Jahre nach dem Brand in der Pfarrgasse folgen die Gehilfen dem Beispiel der Drucker. Muss Anton Schumacher denn den Gehilfenverein finanziell unterstützen? Es bringt ihm eine Ehrenmitgliedschaft ein, schön. Aber hat er nicht der Orden genug? Zum Abschluss seiner vierzigjährigen Berufskarriere – Schumacher wird in den Adelsstand erhoben! Sein Sohn Eckart ist ein von Marienfried.
Blaues Blut schützt nicht vor Kasernendrill. Wagner sieht den Adelsspross bei den Kaiserjägern einrücken. Nach seinem Einjährig-Freiwilligen-Jahr erlernt Eckart Schumacher von Marienfried in der väterlichen Offizin das Buchdruckergewerbe. Dann schickt man ihn nach Wien, Stuttgart, München und Rom. Das trägt Früchte, denn von der Druckkunst versteht er etwas, der junge Schumacher. Wagner hält die Nachdrucke des
Jagdbuches
und
Fischereibuches
Kaiser Maximilians I. in Händen. Zweifarbig der Text, in sauberer Fraktur gesetzt. Auch der Querformatband mit Frontispiz von Albin Egger-Lienz gefällt ihm. Gehobene Literatur ist allerdings Mangelware.
Oft scheint es Wagner, die Monarchie werde auf ewig ein Land des Schulbuchs und wissenschaftlicher Werke bleiben. Zu lange durften ausländische Bücher ohne Weiteres reproduziert werden, bei heimischen hatte man zumindest die Erlaubnis der Erzeuger einzuholen. Aber durch die Missstände kamen viele Autoren um Einkommen und Urheberrecht, denn Nachdrucke erfreuten sich bei den Käufern äußerster Beliebtheit. Mittlerweile sind Originalausgaben leicht erhältlich und Eckart von Schumacher bestückt die Buchhandlung reichlich damit.
Zur Ostermesse 1904 gibt Schumacher ein Verzeichnis der in der Buchhandlung erhältlichen Bücher heraus. Mit dem Katalog unterm Arm betritt Wagner sein Geschäft. Von Clemens Brentano liegt ein Buch auf, von seinem Namensvetter Fritz gleich vier. Ausnehmend viele Bücher von Jules
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