Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Verne entdeckt Wagner, auch von Cooper und Daudet. Felix Dahn ist mit mehreren Titeln vertreten, Friedrich Spielhagen desgleichen. Großes Interesse scheint an den Abenteuerromanen von Gregor Samarow zu herrschen. Und unter den Büchern von Rossegger biegen sich die Regale.
Viel Wert legt Schumacher auf das Fremdsprachensortiment. Wagner findet zahlreiche Bücher in Originalsprachen vor, Georges Ohnet, Henry Gréville, Mrs. Hungerford – Nicht selten muss Schumacher „Fünfguldenpakete“ schnüren und Tirolensien zum Schleuderpreis an die Frau und den Mann bringen.
Ein Herzstück des Unternehmens sind die
Innsbrucker Nachrichten
. Ehrgeizig macht sich der neue Chef ans Werk, eine Rotationspresse schafft er an, vier Setzmaschinen folgen. Ein Raunen geht durch die Reihen der Drucker, sie fürchten um ihre Arbeitsplätze. Wohin soll das führen, hört Wagner die Arbeiter fragen. Keine fünfzig Jahre ist es her, da hat man auf einer Schnellpresse 300 Exemplare gedruckt. Mittlerweile ist die Auflagenhöhe auf 10.000 Stück hochgeschnellt. Hart war es, zum Stammblatt der Innsbrucker zu avancieren. Jetzt gibt es Bezieher in den USA, auf Teneriffa, Sumatra und in Deutsch-Südafrika.
Auch Wagner ist im Zwiespalt. Zum einen freut ihn der Gedanke, auf Sumatra eine Zeitung in Händen halten zu können, in der sein Name verewigt ist. Andererseits: Der junge Schumacher ist ihm nicht ganz geheuer. Gab sich der Vater großbürgerlich, so der Sohn großdeutsch. Gerade die liberale Einstellung Anton Schumachers fand in bürgerlichen Kreisen Akzeptanz. Was nicht zuletzt den
Innsbrucker Nachrichten
zugute kam.
Jeder Schritt ist gewachsener Stolz, Eckart von Schumacher zeigt gern, wer er ist, das steht ihm zu, findet Wagner, aber ein bisschen mehr Bescheidenheit – Dabei sieht er in Schumacher nur gespiegelt, was er bei vielen Zeitgenossen ausmacht, sie spielen sich auf als die neuen Herren. Die Nobilitierung ist ihnen lediglich Beiwerk, das der Eitelkeit schmeichelt, in der Kapitalkraft sehen sie die wahre Adelung. Immerhin tritt Schumacher bei der Förderung junger Literaten in die Fußstapfen des Vaters. Karl Schönherr, Franz Kranewitter und Carl Dallago veröffentlichen in den
Innsbrucker Nachrichten
. Ein Feuilleton wird erstmals im Jänner 1900 angelegt. Den Auftakt markiert eine Leichenrede auf den berühmtesten Toten des Jahres 1899:
„Wir stehen am Grabe eines alten Freundes und Bekannten, der Letzte seines Geschlechtes, das uns und unseren Eltern wert und teuer gewesen, entschwand aus unserer Mitte wohl für immer und ewig. Der Kreuzer ist nun endgiltig aus dem Verkehre gezogen, das Zweihellerstück hat ihn für immer aus unseren Börsen verdrängt, das Bronzestück ist Sieger über die Kupfermünze geworden. Wie lange aber wird es brauchen, den Kreuzer aus dem Sprachgebrauche zu verdrängen, den Kreuzer, der in Sprichwörtern und Redensarten, in Liedern und Schwänken das Bürgerrecht gewonnen, wie wenige seiner rollenden Münzgenossen.“
Viele Jahre hindurch erblickt Wagner das Feuilleton als ständige Einrichtung auf Seite eins. Einmal liest er von „Goethes Ende. Zu seinem 75. Todestage“, dann wieder bleibt er hängen bei „Catull, ein Dichter vom Gardasee“. Den Rest der Zeitung überfliegt er meist. Manchmal schnappt er ein paar Sätze auf, kaum hat er sie gelesen, sind sie wieder vergessen. Eines Tages aber –
In einer Ausgabe des Jahres 1904 erfährt Wagner vom 350. Geburtstag seines Betriebs. Wie das, fragt er sich, wurde die Offizin von seinem Großvater gegründet? Das muss man den Schumachers lassen, wenn sie zuschlagen, dann richtig. Sie beziehen die erste von Rupert Höller eingerichtete Innsbrucker Hofbuchdruckerei, die später an Paur, in weiterer Folge an ihn überging, einfach in die Firmengeschichte mit ein. Wagner weiß nicht, soll er sich freuen oder ärgern? Mit einem Schlag ist seine Offizin einer der ältesten wissenschaftlichen Verlage im deutschsprachigen Raum. Aber darf er nicht beanspruchen, der alleinige Gründer zu sein?
Auch sonst entspricht der Artikel nicht ganz den historischen Tatsachen, will ihm scheinen. Warum unterschlägt man Maria Anna und die zweite Frau seines letzten Nachkommens? Der Schumacher gehörte doch 1801 noch zum Personal der Firma! Er war nicht einmal Bürger der Stadt, geschweige denn schon mit Michael Alois verschwägert, wie das Blatt behauptet.
Letztendlich egal. Die Schumacher haben bisher gute Arbeit geleistet. Er hätte es kaum besser machen
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