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Der Buddha aus der Vorstadt

Der Buddha aus der Vorstadt

Titel: Der Buddha aus der Vorstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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und für sie ist das Leben fürchterlich. Ich werde eine nationale Kampagne starten, damit alle Vorurteile gegenüber häßlichen Menschen ein Ende haben. Aber du, hier, in diesem verdammten Haus mit all seinen frommen Sozialisten, du solltest die erste sein, die ihre Vorurteile begräbt!«
    Wieder Geräusche, dann ein Rascheln: »Sieh her«, sagte er, »Sieh ihn dir an, bin ich etwa kein Mann?«
    »Steck ihn wieder weg, Changez. Ich sag ja gar nicht, daß er mir nicht gefällt. Aber du mußt irgendwie mit dir selbst klarkommen. Das Leben geht schließlich weiter.«
    »Faß ihn an. Mach mal Ferien vom eigenen Ich.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Wenn ich Ferien machen will, dann flieg ich nach Cuba.«
    »Faß ihn an, faß ihn an, oder ich -«
    »Ich warne dich«, sagte Jamila. Keine Sekunde lang hob sie ihre Stimme oder ließ auch nur das geringste Anzeichen von Panik erkennen. Sie war ein wenig ironisch, aber so war sie immer, und sie hatte sich völlig im Griff. »Mit einer demokratischen Abstimmung kann aus diesem Haus jeder herausgeworfen werden. Und wohin würdest du dann gehen wollen, etwa nach Bombay?«
    »Jamila, meine Frau, bitte nimm mich in dich auf«, stöhnte er.
    »Laß uns den Tisch abräumen und das Geschirr in die Küche tragen«, sagte sie sanft. »Komm schon, Meister Changez. Du brauchst ein bißchen Ruhe.«
    »Jamila, ich flehe dich an -«
    »An deiner Stelle würde ich aufpassen, daß Joanna dich nicht mit deinem Pilzstengel herumwedeln sieht. Sie hält sowieso schon alle Männer für Vergewaltiger, und wenn sie dich so sieht, fühlt sie sich nur noch bestätigt.«
    »Ich will lieben. Hilf mir doch -«
    Jamila tat weiterhin ganz gleichgültig. »Wenn Joanna dich so sehen würde -«
    »Warum sollte sie mich denn so sehen? Zur Abwechslung sind wir beide mal für einige kostbare Augenblicke zusammen, ohne daß ein Dritter dabei ist. Ich seh meine Frau ja sonst nie allein.«
    Ich fühlte mich nicht besonders wohl in meiner Haut. Diese Voyeursgeschichte wurde mir langsam zuviel. Früher hatte es mir richtig Spaß gemacht, anderen Leuten beim Vögeln zuzusehen. Ich hatte sogar öfter zugesehen, als es selbst getan; ich fand es lehrreich und man fühlte sich verbunden mit seinen Freunden und so. Aber hier, hinter dem Sofa, wußte ich plötzlich, daß ich nach mehr verlangte - nach größeren Ideen und neuen Interessen. Eva hatte recht; wir forderten nicht genug von uns selbst und unserem Leben. Ich würde fordern, jawohl, ich würde aufstehen und Forderungen stellen. Ich wollte mich gerade zu erkennen geben, als Jamila plötzlich sagte: »Was war das für ein Geräusch?« »Was? Wo?«
    Sie senkte ihre Stimme. »Hinter dem Sofa. Es klang wie ein Furz.«
    »Ein Furz?«
    Ich setzte mich auf und sah über den Rand des Sofas. »Ich bin’s nur«, sagte ich. »Ich hab versucht zu schlafen. Ich hab kein Wort gehört.«
    »Du Dreckskerl«, sagte Changez und regte sich noch mehr auf. »Ich ruf die Polizei, Jamila, dieser verdammte Spitzel! Ich ruf jetzt sofort einseinsnull!«
    Er zitterte, pustete und prustete, während er sich die Hosen hochzog. Er rief: »Du hast dich schon immer über meine Liebe zu Jamila lustig gemacht. Du hast dich von Anfang an zwischen uns gestellt.«
    Genaugenommen war es Jamila, die sich jetzt zwischen Changez und mich stellte, um zu verhindern, daß er über mich herfiel. Sie brachte mich nach oben in ein Zimmer, das ich abschließen konnte, damit ich sicher war vor Changez’ Wut. Am Morgen stand ich früh auf und schlich auf Zehenspitzen aus dem Haus. Ich hörte Leila Kollontai schreien und Changez, der leise in Urdu auf sie einredete.
    Ein paar Tage später besuchte ich Dad. Als ich hereinkam, saß er in seinem Pyjama in einem von Evas Armsesseln; vor ihm auf dem Boden hockte ein blasser, junger Mann. Der Mann wirkte sehr angespannt, den Tränen nahe und verzweifelt. Dad sagte: »Ja, ja, das Leben ist wirklich eine schwierige Sache.«
    Offenbar kreuzten diese Typen aus Dads Klassen ständig in seiner Wohnung auf, und es blieb ihm dann nichts anderes übrig, als sich mit ihnen abzugeben. Dad hielt dies für »mitleidiges Handeln«. Er behauptete neuerdings, daß aus Gründen der »Harmonie« jeder Tag im Leben drei Elemente enthalten müsse: das lehrende, das mitleidende und das meditative Element. Mehrmals wöchentlich lehrte Dad diese Einsicht im nahegelegenen Yoga-Zentrum. Ich hatte immer damit gerechnet, daß Dads Guru-Aktivitäten in London früher oder später im Sande

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