Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
Vom Netzwerk:
trat. Tja, und dann lagen da nur noch Bambussplitter und das, was von meinem Vater übrig war.« Langes Schweigen. Ich weiß nicht so recht, was ich sagen soll, weil ich mich einem auf dem Pfad der Erleuchtung so fortgeschrittenen Mönch gegenüber nicht in die üblichen Floskeln flüchten kann. Er erspart mir Peinlichkeiten, indem er mir mitteilt: »Es gibt ein Bild.«
    »Wie bitte?«
    »Von ihm, wie er von dem Elefanten zertreten wird.«
    »Wer hat es aufgenommen?«
    »Was glauben Sie wohl? Es existieren sogar ziemlich viele Bilder. Sie hat einen ganzen Film verschossen. Ich scanne Ihnen ein paar davon und schicke Sie Ihnen aufs Handy.«

29
    Er schickt mir die Fotos per E-Mail – keine unscharfen Schnappschüsse von Elefantenfüßen auf irgendetwas Undeutlichem, nein. Die Kamera, die sie benutzte, hatte offenbar ein ziemlich gutes Zoom. Auf dem einen Bild sehe ich den Dickhäuter aus der Nähe, wie er an einer großen Kugel aus Bambusflechtwerk mit einer menschlichen Gestalt darin herumschnüffelt. Dann wäre da noch ein anderes mit Damrongs gefesseltem Vater, der, abgesehen von weiten Shorts und üppigen Tätowierungen am ganzen Körper, nackt ist. Nun folgt eine brutale Sequenz: der Elefant mit erhobenem Rüssel; dessen Herniedersausen auf den hilflosen Mann in der Kugel; eine Großaufnahme des verängstigten Menschengesichts; erneut der wütende Elefant mit hoch erhobenem Rüssel; dessen Zerschmettern der Bambuskugel; der rechte Vorderfuß des Tiers über der Kugel, dann sich auf den Menschen senkend.
     
    Ich mache mir Vorwürfe: Du hättest ihr wahres Wesen erkennen müssen. Du, der du den größten Teil deines Lebens in Gesellschaft von Frauen verbracht hast, der sie besser versteht als Männer, du, in den sich hartgesottene Prostituierte verlieben, weil du der einzige Mann bist, der sich in sie hineinfühlen kann, du: Warum hast du sie nicht begriffen?
    Weil ich verliebt war ist eine ziemlich jämmerliche Antwort, aber vermutlich entspricht sie der Wahrheit. Obwohl wir nicht viel über unsere Gedanken und Gefühle redeten, hatte ich nicht den Eindruck, dass sie einfach nur ihr Programm abspulte wie ein abgebrühter Profi. Sie interessierte sich für mich; im Nachhinein betrachtet glaube ich, dass dieses Interesse mit dem einer Gottesanbeterin für das dem Untergang geweihte Männchen zu vergleichen war. Sie sah mich als Nahrung; ich dachte mir ein Herz für sie aus.
    Nach dem Sex, wenn sie sich um eine unvergleichliche Erfahrung für mich bemüht hatte – natürlich nicht wirklich für mich, sondern eher für sich selbst, wie eine Weltklasseballerina, die ihre Schritte kritisch im Spiegel beobachtet –, war ihr langes schwarzes Haar für gewöhnlich zerzaust und wild. Ich habe ein Foto von ihr mit wirbelnden Haaren, funkelnden Augen, schweißnasser brauner Haut. Die Erinnerung an den Geruch steigt in mir auf – Damrongs Macht lässt sich genausowenig leugnen wie unsere heidnischen Ursprünge. Unsere Vorfahren verbrachten hunderttausend Jahre damit, unser Arsenal unwiderstehlicher Verlockungen im kollektiven Unbewussten zu vergrößern; Damrongs Kunst bestand darin, Männer in jenen animalischen Urdschungel tödlicher Freuden zurückzuführen. Sich dazu die verletzlichsten auszusuchen, fiel ihr nach lebenslanger Übung nicht schwer.
    Im Bett hatte ich oft Angst, dass ich mich blamieren und sie irgendwann eine spöttische Bemerkung machen und mich mit einem ihrer anderen Liebhaber vergleichen würde, obwohl sie das nie tat.
     
    Zusätzlich zu den Elefantenbildern hat der Mönch mir heute Morgen die DVD von seinem Gespräch mit dem Maskierten geschickt.
    Die Unterhaltung fand in Stanislaus Kowlovskis Wohnung in Phnom Penh statt, wo er sich umbrachte; ich erkenne den Riss im Sofa. Vermutlich hat Phra Titanaka die für die Aufzeichnung nötige Ausstattung mit Hilfe seines neuen Reichtums erworben. Das Bild bleibt statisch, sodass der Betrachter immer den stattlichen Pornodarsteller im Blick hat, der nach vielen Stunden unerbittlichen Seelenverhörs gar nicht mehr so stattlich wirkt. Ich kann nicht sagen, ob die Kamera verborgen war oder offen dastand. Vielleicht hat der Mönch die Bedienungsanleitung nicht genau gelesen, denn der Film beginnt in der Mitte der Befragung. Phra Titanakas Englisch ist grammatikalisch erstaunlich korrekt, aber er spricht mit starkem Thai-Akzent:
     
    S. K.: » Sagen Sie mir, wie Sie mich in L. A. gefunden haben. «
    Mönch: » Ich hab Kontakte auf der anderen Seite.

Weitere Kostenlose Bücher