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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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preisgeben.
    »Erinnerst du dich noch an sie?«, fragt Greg Henri. »Sie hat vor ein paar Jahren hier gearbeitet.«
    Henri wirft hastig einen Blick über die Schulter, als glaubte er, dass wir ihn nicht hören können. »Natürlich war sie keine Wald- und Wiesenprostituierte, sondern eine geborene Kurtisane, ein Wesen der Belle Epoque, gestrandet in diesem Zeitalter der funktionalen Barbarei. Sie wirkte so elegant, dass ich es nie gewagt hätte, sie anzusprechen. Ich hatte Angst vor dem Preis, den sie verlangen würde.«
    »Ich hab auf sie gespart. Sie war toll im Bett, aber sie stellte auch was mit deinem Gehirn an. Nach dem zweiten Mal litt ich eine ganze Woche lang unter Depressionen. Sie war mir einfach über.«
    »Sch. Der Sohn von der Chefin hat sie auch gehabt.«
    »Sonchai?«, fragt Greg überrascht. »Der fängt doch nie was mit einem von seinen eigenen Mädels an.«
    »Er war ihr mit Haut und Haaren verfallen.«
    Greg beugt sich näher zu Henri hinüber. »Angeblich zirkuliert ein Snuff Movie, bei dem sie draufgegangen ist.«
    » Mon Dieu, das wusste ich nicht.«
    »Sonchai, geh doch mal nach oben und sieh nach, ob das Putzpersonal ordentlich gearbeitet hat, ja?«, sagt Nong, Marlys Blick ausweichend und wütend Gregs und Henris Rücken musternd.
    Ich verschwinde nach oben, wo ich mich auf eins der Betten lege und die Gedanken schweifen lasse. Prostituierte waren die ersten Kapitalisten der Welt. Schon in der Antike begriffen die Menschen, dass Männer Sex dringender brauchen als Frauen. Es war also nur logisch, dieses Ungleichgewicht der Bedürfnisse durch Geld auszugleichen, dessen Nutzen bis dahin noch niemand erkannt hatte. Später fanden die Nutten natürlich weitere Dinge, die sich verkaufen ließen, und viele wurden als Anwältinnen, Allgemein- oder Zahnärztinnen, Banker, Unternehmerinnen, Bürgermeisterinnen oder Ähnliches wiedergeboren. So entstand der Handel, und allmählich kam der Krieg aus der Mode. Tja, ohne Prostitution wäre die Menschheit nie über die Belagerung von Troja hinausgekommen.
    Eigentlich wollte ich an dem Abend nichts mehr unternehmen außer Faulenzen, doch nun haben Greg und Henri mir die Laune verdorben. Ich werfe einen Blick auf die Uhr: Es ist acht. Um diese Zeit gibt es keine Flüge zu dem Teil der kambodschanischen Grenze, an dem Baker festgehalten wird, nur jede Menge Busse. Da ich mir aber keine lange, unbequeme Busfahrt vorstellen kann, rufe ich beim Hualamphong-Bahnhof an und buche ein Erster-Klasse-Abteil im Schlafwagen. Das ist ein Dritte-Welt-Luxus, den ich mir von Zeit zu Zeit gönne. Ich bin ziemlich aufgeregt, als der Schaffner mit frischen weißen Laken hereinkommt. Plötzlich fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt, als ich mit Nong, die gerade in Paris bei dem guten alten Monsieur Truffaut jede Menge Kohle verdient hatte, erster Klasse hinauf in den Norden reiste. Ratter, ratter, ratter. Vielleicht ist meine Mutter nicht gerade die respektabelste der Welt, dafür aber eine der cleversten. Ratter, ratter, ratter. Wir haben Geld auf dem Konto und Medikamente für die Oma und genug für die Miete – für den nächsten Monat ist gesorgt. Ratter, ratter, ratter. Zu wissen, wie man seine Laune verbessert, führt zur Erleuchtung. Und es macht Spaß, sich Vikorns Befehl zu widersetzen, der meint, ich sehe mir gerade Yammys Arbeit an.
    Als ich im Morgengrauen erwache, atme ich sauberere Luft, und mein Blick fällt auf zwei Gleise und zwei Bahnsteige sowie die wenigen Taxis, die auf die ankommenden Passagiere warten. Ich handle mit einem der Fahrer einen Pauschalpreis für den Tag aus, und schon geht’s los zu einem Picknick auf dem Land.

13
    In dem Dorf Sleepy Elephant gibt es keinerlei öffentliche Gebäude; es unterscheidet sich vom platten Land nur durch eine geringfügig höhere Bevölkerungsdichte. Das Polizeirevier, in dem Baker festgehalten wird, ist wenig mehr als ein großes Lagerhaus mit einem aus fünf Zellen bestehenden Gefängnisanbau sowie einem kleinen Stück Grund mit einem silberfarbenen Wasserbüffel. Ein junger Polizist füttert gerade hinter dem Schreibtisch einen zahmen Affen, als ich eintrete und ihm meinen Dienstausweis zeige. Der Name Damrong Baker, in deren Mordfall ich ermittle, sagt ihm nichts. Ich erkläre ihm, dass der farang Baker, ihr Exmann, mein Hauptverdächtiger ist. Sein Blick fragt: Und?
    »Sie halten hier einen farang fest«, antworte ich, »der gestern versucht hat, die Grenze illegal zu überqueren. Die Leute von

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