Der buddhistische Mönch
farangs, die etwas zu verbergen haben, kennen im Allgemeinen nur einen davon. Für ihre Bemühungen hab ich den Jungs dort einhunderttausend Baht versprochen.« Er bedenkt mich mit einem weisen, mitfühlenden Lächeln. »Motivation ist alles. Als Teil des Deals musste ich ihnen gestatten, ihn ein bisschen weichzuklopfen. Er wird kooperationswillig sein, wenn du ihn übernimmst.« Er ärgert sich kurz über das zerfetzte Sitzpolster des Wagens, bevor er hinzufügt: »Aber das hat keine Eile. Er läuft uns nicht weg. Schau zuerst bei Yammy vorbei.«
12
Wenn Supermann sich in Godot zu verwandeln beginnt, kann man sicher sein, eine tiefere, nuanciertere Ebene der amerikanischen Initiation erreicht zu haben – fragen Sie die Irakis. Ich bekomme eine Ausrede nach der anderen von meinem leiblichen Vater, auch bekannt als Supermann. Vor einem Jahr setzte ich mich gegen sämtliche Einwände Nongs (»Wenn er etwas mit uns zu tun haben wollte, hätte er sich schon vor Jahren gemeldet«) mit ihm in Verbindung, und zu meinem Erstaunen antwortete er mit wahrem Yankee-Enthusiasmus und versprach, uns zu besuchen, sobald sich eine Lücke in seinem vollen Juristen-Terminkalender auftue. Tja, wie gesagt: Seitdem eine Ausflucht nach der anderen. Nong bezweifelt inzwischen, dass er wirklich vorhat, uns zu sehen; gerade eben haben wir eine E-Mail erhalten, in der er uns mitteilt, dass er die Reise auf Anraten seines Arztes noch einmal verschieben müsse. Halb sieben Uhr abends, wir sitzen im Old Man’s Club, und Nong zieht über farang- Männer im Allgemeinen und ihn im Besonderen her: »Warum machen sie diese albernen Versprechungen, wenn sie sie nicht halten wollen? Sind wir Kinder, die die harte Realität nicht ertragen? Das ist das Problem mit ihrer Kultur – sie meinen, der Rest der Welt sei genauso kindisch wie sie. Ein Thai-Mann hätte uns längst gesagt, wir sollen ihn in Ruhe lassen, und wir hätten ihn mittlerweile vergessen.«
Wir sitzen an einem Tisch in der Nähe der Bar, an der sich lediglich Marly – sie macht kurz Pause von ihrer Pornokarriere mit Yammy – und der Franzose Henri – er schlich sich herein, als er hörte, dass Marly da ist – aufhalten. Henri beschloss tragisch früh im Leben, Schriftsteller zu werden, und merkte leider zu spät, wie die Zeit ihm durch die Finger rann. Jetzt ist er dreiundvierzig und hat eine Glatze. Wie so oft bei literarischen Genies, besonders den publikationslosen, verfügt er über kein regelmäßiges Einkommen und schlägt sich mehr schlecht als recht mittels Internet-Übersetzungen vom Englischen ins Französische durch, was er als ernsthafte Bedrohung für seine Gesundheit und – mehr als eine Stunde täglich betrieben – als Zumutung erachtet (»wieder so ’ne Scheißbedienungsanleitung für ’ne Mikrowelle, mon Dieu. Ich weiß selber, dass eine große Scheißkartoffel nach cinq minutes durch ist und in Aluminium gewickelt ein hübsches kleines Feuerwerk entzündet – an manchen Tagen würde ich mein membre virile für eine kleine Doppeldeutigkeit, ein double entendre, eine literarische Anspielung oder auch nur ein gut platziertes Adjektiv geben, mon Dieu « ). Er haust in einem winzigen Zimmer an der berüchtigten Soi 26, einen Katzensprung vom noch berüchtigteren Klong-Toey-Viertel entfernt. Seines notorischen Geldmangels wegen gehört er nicht gerade zu den Lieblingskunden der Mädchen, was seine sehnsuchtsvolle Prosa erklären mag. Allerdings muss man ihm lassen, dass er über ein ordentliches Quantum des Pariser Charmes des neunzehnten Jahrhunderts verfügt, den er so gern persönlich erlebt hätte. Aus der Reserve gelockt, gelingt es ihm durchaus, die Mädels mit seiner Redegewandtheit zu bezirzen:
Henri zu Marly (der heimlichen Heldin seines wohl bis zum Sankt-Nimmerleinstag in Arbeit befindlichen Meisterwerks): »Als ich gehört habe, dass du heute Abend hier sein würdest, bin ich vom Schreibtisch aufgesprungen und hierher geeilt.«
» Lork? «
»Ja. Mein Eifer scheint meine Wahrnehmung geschärft zu haben, denn wieder erlebe ich jene Freude wie beim allerersten Treffen mit dir.«
» Lork? «
»Mir gefällt sogar, wie du lork sagst. Aus dem Mund anderer Thai-Frauen klingt das Wort fad wie unser ›wirklich?‹, aber von deinen Lippen perlt es wie Nektar aus dem Nirwana.«
»Willst du mich heute Nacht? Für einen Quickie wäre Zeit, bevor ich runter zum Fluss, zu den Filmaufnahmen, muss.«
Henri strahlt. »Ich spare. Noch drei Bedienungsanleitungen
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