Der buddhistische Mönch
den Bach runterging, bin ich zum FBI. Wenn ich schon die Fähigkeit besaß, Männer zu zerstören, konnte ich mir die auch versilbern lassen.«
Irgendwie ist es ihr gelungen, eine Dose Bier ins Taxi zu schmuggeln, die sie jetzt öffnet und an den Mund hebt. »In dem Augenblick, in dem man nach dem Sinn zu suchen beginnt, ist man verloren. Aber ohne Sinn auch. Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich? Keine Ahnung. Die Ehe ertrage ich jedenfalls nicht, so viel steht fest. Ein Lover für mehr als nur ein Wochenende könnte meiner emotionalen Stabilität allerdings gut tun.« Sie nimmt einen Schluck Bier. »In Ermangelung eines solchen masturbiere ich jede Nacht.« Ein tragischer Blick. »Vielleicht sollte ich mir einen Toy Boy zulegen.«
Dass man sich in Chinatown befindet, merkt man, wenn man die Goldgeschäfte zählt. Ist nicht an jeder Ecke eines, hat man sich vermutlich verfahren. Die Schilder sind ausnahmslos mit gelben chinesischen Schriftzeichen auf rotem Grund versehen, und aus den Schaufenstern blinkt hochglanzpoliertes Edelmetall. Bei vielen dieser Läden handelt es sich um so genannte hangs, Lagerhäuser mit Waagen auf der Theke und Turban tragenden, waffenstrotzenden Sikhs daneben, dazu Neonlichter, die sich in den Oberflächen der endlosen Reihen von Buddhas, Drachen, Gürteln, Ketten und Armbändern spiegeln. Die zweite hier vorherrschende Branche ist die Bekleidungsindustrie. Die von Menschen wimmelnden engen Gassen werden noch enger durch die Stände, die alle nur erdenklichen Baumwoll- oder Seidengewänder zu erstaunlich niedrigen Preisen feilbieten.
Die FBI-Frau, der es mittlerweile gelungen ist, betrunken zu werden, hält mich zurück, als ich dem Taxifahrer Geld geben will. »Weißt du, dass ich nie Freude erlebt habe? Dunklere, komplexere Gefühle ja, aber keine Freude. Genausowenig übrigens wie meine Freunde. Wir sind schon im Alter von fünf mit dem Durchsetzungsvirus infiziert worden. Aber du kennst Freude. Das macht mich ganz fertig. Du, der Sohn einer Nutte, Zuhälter und Bordellbetreiber, Beamter in einem der korruptesten Polizeiapparate Asiens, du hast dir deine Unschuld bewahrt. Und ich habe nie gegen ein Gesetz verstoßen, betrogen oder gelogen, bin aber trotzdem korrupt. Ich fühle mich vierundzwanzig Stunden am Tag schmutzig. Ihr seid aus fünfzig Prozent leichterem Stoff gemacht als wir. Warum bloß?«
»Weil wir die Erbsünde nicht kennen«, erkläre ich, während ich dem Fahrer einen Hundert-Baht-Schein reiche.
Vikorn hat ein paar Beamte in Zivil vor dem Lagerhaus postiert, die uns in Yammys Atelier lassen, wo Marly sowie Jock’n Ed in weißen Seidenhausmänteln mit purpurrotem Saum den Irakkrieg diskutieren. Ich spüre Kimberleys sexuelles Interesse an Ed. Ach ja, die Sache mit Jock’n Ed sollte ich vielleicht erklären:
Sie sind ein in der Bangkoker Pornoindustrie wohlbekanntes Team und werden immer dann gerufen, wenn das Skript einen männlichen farang verlangt. Ed sieht einfach großartig aus mit seinen einsneunzig und den beachtlichen Bauchmuskeln, die im Licht glänzen, wenn man sie mit Johnson’s Baby-Öl einreibt, mit den kräftigen Oberschenkeln, die einer Löwin zur Ehre gereichen würden, der erotischen Adlernase und dem kantigen Gesicht, den verführerischen babyblauen Augen und dem Kinngrübchen, das so typisch amerikanisch ist, dass es von Ford erfunden worden sein könnte. (In Wahrheit stammt Ed, ein waschechter Cockney, aus dem Londoner Elephant-and-Castle-Viertel.) Zum Ausgleich des karmischen Gleichgewichts bleibt sein Schwanz selbst im erigierten Zustand weit hinter den Erwartungen der noch geilen Oma in Omaha zurück. Was bedeutet, dass er ein Double braucht, und dieses Double heißt Jock, ist grade mal einssiebzig groß, stammt aus Schottland – was man hört –, hat eine Glatze, einen Bierbauch, fast kein Kinn, wulstige Lippen, die man seinem schlimmsten Feind nicht wünscht, aber – Sie ahnen es schon – ein gigantisches Gemächt von nahezu pneumatischer Gefügigkeit.
Die beiden sind waschechte Profis und unzertrennlich, und im Moment beäugen sie Kimberley wie eine Stute auf dem Pferdemarkt. Unter den gegebenen Umständen sei ihnen verziehen, dass sie annehmen, sie sei zum Arbeiten hier.
Nun zu Marly: Sie erinnern sich vielleicht noch, dass sie bei uns im Old Man’s Club tätig ist und von Vikorn ihres blendenden Aussehens wegen auserkoren wurde. Ihr ausgezeichnetes Englisch versetzt sie in die Lage, Yammys Anweisungen zu folgen, die,
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