Der buddhistische Mönch
soweit ich weiß, weitaus komplexer ausfallen als für solche Drehs üblich. Da Marly in Kimberley eine potentielle künstlerische Rivalin wittert, reagiert sie nicht sofort auf deren breites, ein wenig bierseliges Frau-zu-Frau-Lächeln. Ich überlasse es Kimberley, eine Charmeoffensive zu starten – die Jungs, das Mädchen, das Bett, die Scheinwerfer und die Kameras faszinieren sie ganz offensichtlich (sie schürzt lasziv die Lippen) –, und mache mich auf die Suche nach Yammy, der gerade mit einer Flasche Sake eine kreative Pause in seinem Büro im hinteren Teil des Ateliers macht.
»Hallo«, begrüßt er mich aus den Tiefen seiner Depression. »Na, wollen Sie nachsehen, ob ich auch genug nackte Haut in den Film packe?«
»Machen Sie’s mir nicht noch schwerer, Yammy. Ich tu auch nur meine Arbeit.«
Yammy nimmt einen Schluck aus der Flasche. »Tja, ich hätte da diese phantastisch surreale Handlung mit einer Kobra und einem Tigerjungen, mit weißen Kimonos und einer Kyoto-Kulisse à la Hokusai …« Er winkt resigniert ab.
»Und? Wo liegt das Problem?«
»Die Geschichte ist viel erotischer, wenn alle die Kimonos anbehalten. Sonchai, ich flehe Sie an …«
Ich schüttle mitfühlend den Kopf. »Darauf lässt er sich nicht ein. Es liegt wirklich nicht an ihm, sondern an den Kunden. Die großen Hotelketten kaufen den Streifen nicht, wenn er nicht pornografisch genug ist.«
»Hab ich’s doch gewusst, dass Sie das sagen würden.«
»Können Sie denn nicht beides vereinen: subtile Kimono-Erotik und anschließend das Standardprogramm nackt?«
Er schüttelt den Kopf. »So geht die künstlerische Balance verloren, und das Ganze sieht scheiße aus.«
»Es hat keinen Zweck, wenn ich versuche, ihn zu überzeugen. Dann erklärt er mir, dass es ums Geld geht.«
Schweigen, und schließlich: »Ich hab nachgedacht. Da wären ein paar Investoren in Japan. Die würden einen Fifty-fifty-Deal für einen bescheidenen fünfzig-Millionen-Kunstfilm machen. Ich muss bloß noch die zweiten fünfundzwanzig Millionen auftreiben.«
»Yammy, das haben wir doch alles schon besprochen. Er hat wirklich nichts gegen Sie – Ihnen fehlt nur das richtige Profil.«
»Und wie zum Teufel sieht ein erfolgreicher Drogenkurier aus?«
Ich mustere ihn. Er zuckt nervös wie ein von Bremsen geplagtes, nicht mehr ganz junges Pferd; hohle Wangen und harter Blick zeugen von seinem Gefängnisaufenthalt. »Jedenfalls nicht wie Sie, Yammy. Jeder Zollbeamte bekäme sofort die fristlose Kündigung, wenn er Sie nicht durchsucht.«
Aus Erfahrung weiß ich, dass es keinen Sinn hat, weiter auf ihn einzureden. Yammy macht alles entweder in seinem eigenen Tempo oder überhaupt nicht. Ich kehre zum Set zurück, wo Kimberley sich gerade mit Marly unterhält.
»Eine Frau wie du hätte doch in den Staaten einen Riesenerfolg haben müssen«, sagt sie mit einem zweideutigen Lächeln. »Warum hat’s nicht geklappt?«
»Tja, so einfach ist das auch wieder nicht«, erklärt Marly. »Mit Dritte-Welt-Pathos hab ich mir einen Eunuchen mit Hundeblick eingefangen. Und mit der Masche als Thai-Nutte ’nen alten Knacker auf Viagra.« Ein wenig aggressiv fügt sie hinzu: »Und, wie gehst du die Sache an?«
»Postmodern«, antwortet Kimberley. »Ich hab ’nen Dildo.«
»In einer Minute geht’s weiter!«, verkündet Yammy, der gerade sein Büro verlässt, im Befehlston. Sofort schlüpfen Marly und Jock’n Ed aus den Hausmänteln. Marly geht zum Bett und beugt sich so darüber, dass ihre Brüste frei schwingen. »Kein Problem, wir können uns weiter unterhalten«, teilt sie Kimberley mit. »Die Jungs grabschen bloß ein bisschen an meinem Hintern rum.«
Ed beginnt ihren apfelförmigen Po zu polieren wie eine griechische Vase. »Was ist los?«, fragt Marly die FBI-Frau und wirft einen Blick über die Schulter. »Ja, phantastisch, nicht? Auf der Straße würde man Jock keines Blickes würdigen, aber er ist einfach ein Profi, der Beste in der Branche. Er kriegt ihn sogar betrunken hoch.«
Kimberley, die plötzlich unter Hormonstau zu leiden scheint, flüstert heiser: »Sag mal, hast du nicht das Gefühl, das ganze feministische Matriarchat zu verraten, wenn du das hier machst?«
»Nein«, antwortet Marly stirnrunzelnd. »Eher das ganze Thai-Patriarchat.«
Kimberley nickt.
Auf ein Signal von Yammy tritt die FBI-Frau einen Schritt zurück. »Szene zwölf, Take eins«, brüllt er. Marly beginnt sofort zu stöhnen. »Schnitt!«, keift Yammy. »Er ist doch noch gar nicht
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