Der buddhistische Mönch
langen liegenden Jade-Buddha, ein wunderbares Stück. »Hier ist alles echt«, erklärt Nok, als sie mein Interesse bemerkt. Das gewaltige Bett wartet ungefähr zehn Meter von uns entfernt. Noch beeindruckender jedoch sind die LCD-Monitore, einige von ihnen gigantisch, die an den Wänden hängen wie Gemälde. Auch die Videokameras fallen mir auf. Mittels Fernbedienung kann man vermutlich von allen Stellen des Raums aus genitale Aktivitäten – eigene wie fremde – heranzoomen.
»Das ist Tanakans Zimmer«, sagt sie, zum ersten Mal den Namen aussprechend.
Bisher wusste ich nicht, dass die Räume einzelnen Mitgliedern gehören; nun wird mir manches klar. Ich würde gern noch weitere Fragen stellen, doch sie ergreift meine Hand, führt mich zum Rand des Whirlpools und beginnt, mich zu entkleiden. »Wenigstens könnten wir zusammen baden«, meint sie, plötzlich nicht mehr mit mir flirtend, sondern traurig und bedürftig. Sobald ich nackt bin, schlüpft auch sie aus ihrem Gewand und zieht mich hinter sich ins warme Wasser.
»Er hat dich oft hierher gebracht, stimmt’s?«
Sie wendet den Blick ab. »Du bist so intuitiv. Das hilft dir zu überleben, nicht wahr? Ich glaub dir, dass du in Armut aufgewachsen bist. Nur Arme und Leute im Gefängnis entwickeln einen solchen Instinkt.« Sie seufzt. »Ja, oft. Eine Weile war ich seine Favoritin. Seine Lust auf ein bestimmtes Mädchen hält immer ungefähr ein halbes Jahr. Dann sucht er sich eine neue.«
»Ich dachte …«
»Ich weiß … Er ist ein Sadist, ja, aber auch«, sie macht eine Handbewegung, »unglaublich«.
»Damrong hat ihn dir also ausgespannt?«
Sie sieht mich entrüstet an. »So funktioniert das nicht bei den X-Mitgliedern. Da sagen die Männer, was Sache ist.« Sie seufzt. »Meine sechs Monate waren sowieso fast vorbei, als die mamasan ihm von einem neuen Mädchen erzählte. Am nächsten Morgen war ich raus. Aber Damrong verhielt sich sehr anständig und gab mir die Hälfte des Geldes, das sie für die erste Nacht mit ihm bekam. Sie war ein echter Profi und hatte ein gutes Herz. Letztlich, scherzten wir, nahm sie mir die samstagabendlichen Peitschenhiebe ab.«
Plötzlich werden ohne Vorwarnung alle Wasserdüsen im Whirlpool voll aufgedreht. Mein Herz beginnt zu rasen, und unversehens liegt Nok vor Angst zitternd in meinen Armen und drückt ihr Gesicht gegen meine Schulter. »Alles in Ordnung«, versuche ich, sie zu beruhigen. »Wir haben wahrscheinlich versehentlich einen Schalter betätigt.«
Sie klammert sich eine ganze Weile an mich, bevor es mir gelingt, sie von meinem Körper zu lösen. Ich lasse ihr ein bisschen Zeit, sich zu beruhigen. »Du kennst ihn nicht«, sagt sie.
Wieder ein paar Sekunden Schweigen. »In den sechs Monaten habt ihr euch bestimmt über mehr unterhalten als nur über den Preis von Massageöl.« Ihr Schmerz rührt mich, ich finde ihn weitaus attraktiver als ihre Verführungsstrategien. Unter Wasser ergreife ich einen ihrer Finger. Sie sieht mich an. »Du hast ihn trotz seiner sadistischen Neigungen geliebt?«
»Er beherrscht es meisterlich, eine Frau heiß auf sich zu machen.«
»Für diese Fähigkeit würden viele Männer eine ganze Menge geben.«
»Mit seinem Geld und seiner Macht ist das nicht so schwierig. Er übernimmt Schritt für Schritt dein Leben, bis es darin nichts mehr gibt als ihn, und du besessen bist von ihm, egal, ob du das willst oder nicht. Vielen Frauen gefällt es, wenn ein Mann sie zwingt, sich auf ihn zu konzentrieren. Mir wahrscheinlich auch.« Mit einem Blick auf den liegenden Buddha fügt sie hinzu: »Man spürt den Schmerz, den er empfindet, wenn er einem weh tut. Das macht das Ganze irgendwie erträglich. Pervers, ich geb’s zu.«
»War das bei Damrong auch so?«
Ein mattes Lächeln. »Nein, sie war anders, stärker als er. Deswegen musste sie sterben, stimmt’s?« Plötzlich taucht sie unter und Tropfen sprühend wieder auf, wie nach einer Taufe.
»Keine Ahnung«, antworte ich. »Ich glaube, Tanakans Psyche ist der Schlüssel zu allem. Du weißt sicher mehr über ihn.«
»Warte«, sagt sie und steigt aus dem Becken. Ihr Körper ist ähnlich perfekt geformt wie die exquisiten Vasen und Jadestücke – und der von Damrong. »Lass uns Musik hören.« Sie betätigt ein elektronisches Touchpad neben der Tür, und schon erklingt aus dem Nichts der lange, klagende Ton einer Flöte. Nok kehrt lächelnd in den Whirlpool zurück und signalisiert mir, dass ich den Kopf unter Wasser halten soll, wo der
Weitere Kostenlose Bücher