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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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schwer manövrieren. Ich brauche mehr als zehn Minuten, um ihren glitschigen Körper aus dem Wasser herauszubekommen, sie mit verschränkten Armen auf den Boden zu legen und mit einem der Seidenlaken vom Bett zu bedecken.
    Anschließend gehe ich zur Tür. Es tut mir in der Seele weh, ihren Tod herbeigeführt zu haben. Als ich den zentralen Bereich mit den Nymphen im Pool erreiche, bemerken sie sofort meinen Gesichtsausdruck.
    »Was ist passiert? Bist du zu schnell gekommen?«
    Ohne die Frage zu beantworten, fahre ich mit dem Aufzug zum Erdgeschoss hinunter. Wahrscheinlich hat der Wachmann Tanakan von Noks Ausflug mit mir in die Privatgemächer erzählt.
    Vom Rücksitz eines Taxis aus rufe ich die FBI-Frau an. »Immerhin wissen wir jetzt, wo das Verbrechen verübt wurde«, sage ich zu ihr. »Damrongs Tod wurde hier gefilmt – ich habe den liegenden Buddha erkannt.«
    »Und was willst du jetzt tun?«
    »Nichts.«
    »Eine Frau wird vor deinen Augen ermordet, und du willst nichts tun? Warum verhaftest du Tanakan nicht?«
    »Das würde Vikorn nicht zulassen«, erkläre ich. »Er erpresst ihn.«
    »Ist er so korrupt?«
    »Das verstehst du nicht. Hier geht es um die Ehre – deswegen spielt Tanakan mit. Und solange er das tut, schützt Vikorn ihn. Auch wenn’s für Tanakan teuer wird, ist es von Vorteil für ihn, das Arrangement zu akzeptieren.«
    »Du hast recht: Das begreife ich wirklich nicht.«
    »Dann versuch einfach, in Wall-Street-Kategorien zu denken«, rate ich ihr und klappe das Handy zu.
    Vor dem Haus, in dem ich wohne, beschließe ich, einen zweiten Anruf zu tätigen. Es ist Viertel vor drei morgens, aber die Person, mit der ich sprechen möchte, schläft in der Nacht bekanntermaßen kaum jemals. Sie geht beim zweiten Klingeln mit hellwacher Stimme ran. Weil es so spät und auf der Straße so ruhig ist, flüstere ich: »Tut mir leid, wenn ich Sie geweckt habe.«
    »Sonchai? Kein Problem, Sie haben mich nicht geweckt. Warum sind Sie um diese Zeit noch auf?«
    »Sie werden heute irgendwann die Leiche einer jungen Frau namens Nok hereinbekommen, deren Kehle durchtrennt wurde.«
    Langes Schweigen, das mir verrät, dass sie so einen Anruf nicht zum ersten Mal erhält. »Was soll ich tun? Hoffentlich bitten Sie mich jetzt nicht, die Sache zu kaschieren.«
    Plötzlich sehe ich wieder die nackte Leiche Noks vor mir, wie sie, Gesicht nach unten, im Wasser treibt, und fahlrosafarbene Fäden sich in Wellenlinien von ihrem Hals wegschlängeln. »Ganz im Gegenteil, Dr. Supatra«, sage ich. »Ich würde gern herausfinden, wer in diesem Fall etwas kaschieren möchte.«
    Ich fühle mich erschöpft und aufgeputscht zugleich. In meinem Gehirn schwirrt es wie in einem Hornissennest, aber meine Gliedmaßen sind so müde, dass ich sie kaum bewegen kann. Ich weiß, dass ich nicht in der Lage sein werde zu schlafen, egal, was passiert. Warum also die Demütigung auf morgen verschieben? Ich betrete unsere Wohnung auf Zehenspitzen, um Chanya und das Kleine nicht zu wecken, ziehe meinen Dienstrevolver unter der Matratze hervor, wo ich ihn versteckt habe, und schleiche wieder hinaus auf die Straße. Dort rufe ich ein Taxi herbei, mit dem ich zum Parthenon zurückfahre. Etwa hundert Meter vor dem Club steige ich aus. Meine Handy-Uhr sagt mir, dass es dreiundzwanzig nach vier ist. Die letzten Mädchen verlassen das Parthenon in Jeans und T-Shirt und verabschieden sich mit müder Stimme voneinander. Auch die männlichen Angestellten gehen nach Hause. In einer dunklen Ecke warte ich, bis fast alle weg sind. Da naht ein Lieferwagen heran. Im Licht des Parthenon-Eingangs erkenne ich den Wachmann, der inzwischen seine Uniform gegen Shorts und Unterhemd eingetauscht hat. Das Verladen des Leichensacks in den Wagen, der sich sofort nach Beendigung der Transaktion in Bewegung setzt, dauert keine zwanzig Sekunden. Der Wachmann zieht ein Handy aus der Tasche, lauscht einen Moment und schaut dann in meine Richtung.
    Plötzlich wird der Jäger zum Gejagten. Ich bleibe wie ein verängstigtes Kaninchen an Ort und Stelle, während er auf mich zukommt. Ich weiß, dass die Beule in der rechten Tasche seiner Shorts vom Handy stammt; eine Waffe wäre größer. Außerdem wirkt er nicht sonderlich bedrohlich: Er ist etwas kleiner als ich, um die fünfundvierzig und hat einen Bierbauch.
    Er mustert mich neugierig. »Wollen Sie mich umbringen?«, erkundigt er sich und ergreift mit beiden Händen mein Revers. Ich frage mich, was er vorhat, bis ich merke, dass er

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