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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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anboten, weichen Garküchen mit Nudeln und anderen Gerichten für die hungrigen Pendler auf dem Nachhauseweg. Mich mutet alles deutlich wackeliger an als sonst. Yammy, der sich kaum noch auf den Beinen halten kann, klammert sich an meinem linken Arm fest. »Du glaubst also wirklich, dass es ganz leicht ist, einen Penis in eine Vagina zu dirigieren, wenn keins der beiden Körperteile dir gehört? Weit gefehlt. Weißt du, wer die größten Primadonnen in der Pornobranche sind? Die Männer, mein Freund, die Männer. Ein grobes Wort, und sie schrumpeln.«
    »Aber du hast doch Jock.«
    »Tja, wenn’s den nicht gäbe, würd ich wirklich den Kram hinschmeißen«, brummt er.
     
    In dieser Nacht überrascht Chanya mich. Wir liegen nebeneinander im Bett, meine Hand auf ihrem Bauch; ich habe ihr gerade von Noks Tod erzählt. Eigentlich erwarte ich Angst, gefolgt von der Forderung, auf Vikorn zu hören und Nok zu vergessen, doch Chanya schweigt eine ganze Weile, bevor sie sagt: »Tu, was du tun musst, Sonchai.«
    »Aber was ist mit dir und dem Kind?«
    »Das Risiko müssen wir eingehen. Zu viele Leute in Thailand verschließen die Augen vor der Realität. Das darf nicht sein. Vielleicht kommt ja eines Tages ein reicher Mann auf die Idee, mich zu vergewaltigen und umzubringen und zahlt der Polizei dann Schweigegeld. Irgendwann müssen die Veränderungen mal anfangen.«
    »Als wir das letzte Mal über Tanakan geredet haben, hörte sich das aber ganz anders an.«
    »Ich weiß, doch jetzt ist wieder eine Frau tot. Möglicherweise hat unser Buddhismus die ganz normalen Thais zu bescheiden gemacht.«
    »Und die anderen zu arrogant«, murmle ich.

21
    Jedes schwere Verbrechen lässt sich irgendwie erklären: durch eine schreckliche Kindheit, einen Sturz von der Treppe in jungen Jahren, eine Jugend im Elend etc. Die kriminelle Handlung, die ich plane, ist durch die Morde an Nok, Pi-Oon und Khun Kosana motiviert; über meine Empörung ob der Art und Weise von Damrongs Ende möchte ich mich gar nicht auslassen. Immerhin stand Nok nicht im Einvernehmen mit ihrem Mörder. Ich will Tanakans Kopf; zur Hölle mit Vikorn. Allerdings muss ich schlau wie ein Fuchs sein, wenn ich am Leben bleiben möchte. Widerstrebend gebe ich zu, dass es meine Verbindung zu Vikorn ist, die mich schützt: Würde Tanakan mich über die Klinge springen lassen, wäre eine Veränderung seines Deal mit dem Colonel zu Vikorns Gunsten die Folge, und der Colonel würde kein Erbarmen kennen.
    Bis jetzt habe ich keine echte Strategie, was mir die Laune gründlich verdirbt. Ich könnte mir unter irgendeinem Vorwand den Wachmann des Parthenon greifen und ihn zum Reden bringen, aber wenn Tanakan das herausfindet, befördert er mich ins Jenseits. Außerdem hat der Mann keine Angst vor Tod oder Gefängnis, weil seine Frau und seine Tochter sich in der Gewalt von Tanakan befinden. Manchmal beneide ich meine westlichen Kollegen um die Unkompliziertheit ihres Lebens; offenbar kennen sie keine andere Sorge, als Übeltäter ihrer gerechten Strafe zuzuführen. – Kinderkram und keine moralische Herausforderung. Ich bezweifle, dass sich auf diese Art viel Karma abarbeiten lässt.
    Ich beschließe, einen Spaziergang um den Block zu machen. Beim Überqueren der Straße läuft mir der Internet-Mönch über den Weg, den ich mit einem grimmigen Blick bedenke, bevor ich weitergehe.
    Es ist etwa halb zwölf, die Zeit, zu der alle guten Händler sich aufs Mittagsgeschäft vorbereiten. Sie haben ihre Stände für die Polizisten und anderen Angestellten gegenüber vom Revier aufgebaut; das verleiht ihnen eine gewisse Immunität. Was sie an den Mann bringen wollen, erschließt sich aus ihren Utensilien: ein Messingkessel mit siedender Flüssigkeit – Suppe auf Rinderbrühenbasis; ein großes Emailgefäß – Schweinsfüße; ein dunkelbrauner Mörser aus gebranntem Ton – höllisch scharfer somtan- Salat; ein Wok über Holzkohlenfeuer – gebratene Gerichte usw.
    Auf dem Rückweg zum Revier habe ich mich halbwegs beruhigt, doch wieder rempelt mich der Mönch an, der gerade aus dem Internet-Café herauskommt; ich frage mich, ob nun der richtige Zeitpunkt ist, ihn zu einer Befragung mitzunehmen. Gerade als ich ihn mit einer sarkastischen Bemerkung bedenken will, streckt er die Hände mit den Handflächen nach oben in die Luft. Sein Gesichtsausdruck wirkt fragend, fast ein wenig belustigt. Verrückte Mönche sind im Buddhismus genauso weit verbreitet wie in anderen Religionen. Nun beginne ich

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