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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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dazu, dass in Vietnam drei Millionen Menschen abgeschlachtet wurden, die meisten davon Frauen und Kinder, alle im Namen von Freiheit und Demokratie, bevor wir uns vom Acker machten, weil die Sache zu teuer wurde. Stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Du täuschst dich, und zwar gründlich. Ich hatte vorher keine Ahnung, dass ich Lek den Vorschlag machen würde. Der kam ganz spontan. Ich hab ihn in ein gutes Thai-Restaurant ausgeführt, und wie er den somtan- Salat und den Klebereis mit den Fingern aß, ging mir auf, dass du tatsächlich recht hast: Er ist eine unschuldige Seele.« Ich bleibe stumm. »Aber es nützte nichts. Plötzlich spürte ich diese überwältigende Flut aus Liebe, Mitleid und Lust – mit allem Drum und Dran. Ich hätte nicht gedacht, dass solche Gefühle in mir stecken. Ich bin vernarrt in ihn, hab mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ist das nicht der Weg zum Verständnis des Buddha: Man erkennt, dass er vernarrt war in das ganze Universum?«
    »Tja, dann wirst du ihn sicher auch nach der Operation noch lieben können, oder?«, sage ich ein wenig verstimmt und klappe das Handy zu.
     
    Vergessen Sie Wat Po und den Tempel des Smarag-Buddha; die meisten wats sind baufällige Hütten, wo streunende Katzen, flohgeplagte Hunde und verelendete Menschen sowie ein bunter Haufen von Mönchen unterschiedlichster Hingebung an die Sache unter Bodhi-Bäumen das Mitgefühl des Buddha nutzen. (Manche verstecken sich, andere weinen, wirken frustriert, ehrgeizig oder schwul; die meisten sind fromm und einige fast Buddhas.) Vor allen Dingen handelt es sich um eine Gemeinschaft, in der looksits in weißen Hosen und Hemden für einen schnellen Weg zur Erleuchtung, chart na, die Roben ihrer Mönchsmeister waschen; Handwerker erwerben sich Verdienste, indem sie die Dächer der Mönchsverschläge reparieren; irgendjemand kocht oder isst hier immer, nur nicht die Mönche, die ab nachmittags nichts mehr zu sich nehmen dürfen. Kinder, deren Eltern sich die teuren Schulen nicht leisten können, in denen Hochchinesisch und Business-Englisch gelehrt werden, saugen das Wissen auf, das die Mönche ihnen vermitteln. Mehr oder minder leidenschaftliche Buddhisten kommen und gehen.
    Sie halten das für mittelalterlich? Nun, die Tradition geht noch viel weiter zurück. Im Grunde unseres Herzens sind wir ein zutiefst konservatives Volk. Unsere Version des Buddhismus, die wir Theravada nennen, ist zweitausendfünfhundert Jahre alt, und in all der Zeit haben wir kein Wort davon verändert. Die Roben unserer Mönche werden immer noch nach demselben Muster gefertigt, das der Siddharta selbst benutzte, und wir folgen nach wie vor seinen Vier edlen Wahrheiten, von denen die erste lautet: Das Leben ist Leiden. Nur farangs bezweifeln das.
    Ich betrete durch verwitterte, aber trotzdem majestätisch anmutende Holztore heiligen Boden. Ein junger Mönch mit leuchtenden, ernsten Augen zeigt mir den Weg zu Gamon, der auf dem Balkon eines alten Holz -kuti sitzt. Er wirkt nicht überrascht darüber, mich zu sehen.
    »Willkommen in meinem Palast«, begrüßt Damrongs Bruder mich, rafft seine Roben und deutet auf den besonders verfallenen Schuppen, den der Abt ihm im Namen der Gastfreundschaft überlassen hat. Ich bedenke ihn mit einem wai, wie einen richtigen Mönch. Er lächelt bescheiden. »Sie haben sich beim Sangha erkundigt. Und dort ist nichts über mich bekannt, stimmt’s?« Er lacht. »Ich habe mich in Kambodscha ordinieren lassen, weil der Thai-Sangha mich wegen einer Vorstrafe nicht wollte.« Er zuckt mit den Achseln.
    »Ach«, sage ich, als wüsste ich das nicht bereits.
    »Stört Sie das?«
    »Ich bin Polizist.«
    »Nein«, erwidert er, »Sie sind Mönch, wie ich. Sie haben bloß die falsche Vereinbarung unterschrieben. Irgendwann werden auch Sie die Robe tragen, chart na. «
     
    Ich nehme im halben Lotussitz mit dem Rücken zur dünnen Holzwand ihm gegenüber Platz. Unten hört ein an einem Bein fast kahler Hund nicht auf, sich zu kratzen. Nicht allzu weit von uns entfernt unterhalten sich zwei ältere Mönche leise im Schatten des Bodhi-Baumes, der den Mittelpunkt der Anlage bildet. »Es stimmt, dass wir viel gemein haben«, pflichte ich Gamon bei. »Sie haben sich vor der Ordinierung durch die Prostitution Ihrer Schwester ernähren lassen, ich durch die meiner Mutter. Sie haben mit yaa baa gehandelt, ich habe zugesehen, wie mein Freund Pichai unseren Dealer ermordete. Ich habe ein Jahr im buddhistischen Purgatorium verbracht. Drei

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