Der buddhistische Mönch
hormonelle Ausbeutung.
Ich (durchaus ahnend, dass ich dabei bin, einen schwerwiegenden taktischen Fehler zu machen): Genau das ist ja der kulturelle Unterschied.
Die FBI-Frau: Du bist also ein Kulturchauvinist, genau das, was du uns Westler immer schimpfst.
Nachdem wir unsere Krallen aneinander geschärft hatten, wandten wir uns anderen Themen zu, und ich lud sie in den Massagesalon ein, um die Niederlegung der Waffen zu besiegeln. Jetzt erklärt die FBI-Frau mir mit einem strahlenden Lächeln und einem gerüttelt Maß Professionalismus (ich weiß jedoch, dass sie gestern Abend mit Lek auf einen Drink in der Soi 4 Pat Pong war; Lek rief mich hinterher an; seiner Aussage nach machte sie ihn an, ließ sich aber nach einem missglückten Grabscher abwimmeln), dass sie gute Nachrichten hat, die sie mir während der Massage mitteilen möchte.
»Ich weiß nicht, ob ich’s schaffe, wach zu bleiben, Sonchai.«
»Das sollst du gar nicht. Wenn du nicht einnickst, hat die Masseurin ihre Arbeit nicht richtig gemacht.«
Was für eine Erleichterung, aus der von Menschen wimmelnden soi in die klimatisierten Räume zu treten. Die junge Frau am Empfang erkundigt sich, ob wir eine traditionelle Thai- oder lieber eine Ölmassage möchten. Ohne Kimberley zu fragen, antworte ich »traditionelle Thaimassage« und buche für jeden von uns zwei Stunden, zwei Stunden reiner Gehirnleere. Für dreihundert Baht ist das ein Schnäppchen.
Als die FBI-Frau die dreißig Masseurinnen sieht, die in Zeitschriften blättern oder sich mit gedämpfter Stimme unterhalten, meint sie: »Die Mädchen … massieren die alle nur, oder bieten sie auch andere Dienstleistungen?«
Ach, wie schlicht das Gehirn eines farang doch funktioniert! »Im ersten Stock massieren sie, im zweiten bieten sie dem Kunden auf Wunsch auch andere Dienste an.«
»Nennt man das Moral, nach Höhe bemessen, oder kapier ich wieder mal was nicht?«
»Im ersten Stock gibt’s traditionelle Thai-Massage, im zweiten die mit Öl. Es ist sehr schwierig für eine junge Frau, einen Mann am ganzen Körper einzuölen, ohne dass er erregt würde, und wie du weißt, sind wir ein Volk voller Mitgefühl.«
»Dieses Mitgefühl bringt auch mehr Geld, oder?«
»Dreimal so viel wie eine einfache Massage, plus Trinkgeld. Die Mädchen lieben den zweiten Stock, aber wir haben den ersten gebucht.«
»Verstehe«, meint Kimberley.
Bevor wir die Treppe hinauf dürfen, müssen wir uns die Füße waschen lassen. Die FBI-Frau wird nervös, als ihre Masseurin sie anweist, die Schuhe auszuziehen und vor einer Schale mit warmem Rosenwasser Platz zu nehmen. Hier gibt es niemanden, den man verhaften, erschießen oder befragen könnte, folglich auch keine Möglichkeit für Kimberley, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und schon legt sie die Stirn in tiefe Falten. Sie hat Angst, dass eine solche Fußwaschung antiamerikanisch sein könnte, wie Cricket oder der Kommunismus. Aber fünf Minuten später wendet sie sich mir mit glatter Stirn zu. »Erstaunlich, wie entspannend so was wirken kann«, sagt sie, und ihre Augen leuchten.
Ich bitte die beiden Masseurinnen, die FBI-Frau und mich auf zwei nur durch Vorhänge voneinander getrennte Pritschen zu platzieren, sodass wir uns mit gedämpfter Stimme unterhalten können, während unsere Körper bearbeitet werden. Wir schlüpfen in dünne Baumwollhosen und -hemden. Kimberley lässt sich mit einem zufriedenen Grunzen auf ihrer Matratze nieder.
Meine Masseurin beschäftigt sich bereits mit meinen Füßen und lockert verhärtete Stellen, die auf mysteriöse Weise Signale an meinen restlichen Körper aussenden. Plötzlich höre ich die FBI-Frau ächzen. »Wow, das hat sich grad angefühlt, als wär was aufgeplatzt. Ist das die berühmte Fußreflexzonenmassage? Angeblich existiert ja eine Verbindung zwischen jedem Organ des Körpers und den Fußsohlen.«
»Und auch jedes Gefühl hat seinen Ursprung in einem Organ.« Das klingt wie das Echo der Worte von Damrongs Bruder. Ich stelle ihn mir in seiner Zelle vor, allein mit der Leiche. Selbst würde ich das nie aushalten, aber ich kann mir denken, wie es funktionierte: Die Auflösung des Kadavers kam einer Befreiung seines Geistes gleich. Allerdings handelt es sich um eine radikale Technik, die der Sangha missbilligt, weil er nicht für die Fälle verantwortlich sein möchte, die schief gehen. In Kambodscha hat man solche Bedenken offenbar nicht. Wie schief ist es bei Phra Titanaka gegangen?
»Ja, die Theorie
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