Der buddhistische Mönch
die Damrongs linke Brust leicht stützen, bebend, wie wir inzwischen wissen. Ja, die ganze Hand zittert vom Gelenk an. Ich wechsle einen Blick mit Kimberley, die den Play-Knopf betätigt.
Jetzt, da die FBI-Frau mich auf die wesentlichen Details hingewiesen hat, ist es nicht mehr schwer, auch noch andere wahrzunehmen. Nach dem Vorspiel dreht er Damrong für die erste von fünf Penetrationen auf den Rücken.
Kimberley lässt die erste in Zeitlupe durchlaufen. Nun, da ich in der Lage bin, mich zu konzentrieren, erkenne ich, dass die Hände, die Damrongs Schenkel auseinanderdrücken, zittern wie Espenlaub. Einmal sieht sie sich genötigt, tröstend seine Finger zu ergreifen: eine professionelle Geste. Gleichzeitig flüstert sie ihm etwas ins Ohr.
»STOPP!«, rufe ich aus; Kimberley gehorcht sofort. Sie geht zur Minibar und schleppt alle Fläschchen heran, die sie darin finden kann, ungefähr zehn: Brandy, Whiskey, Wodka, Gin; genug, um meinen Kummer zu ertränken. Ich kippe zwei, und diesmal zittern meine Hände. Es gelingt mir nicht, meine Tränen vor Kimberley zu verbergen.
»Nicht unterkriegen lassen, Kumpel«, sagt sie, was die Sache nur noch schlimmer macht. Jetzt muss sie mich in den Arm nehmen wie ein Kind.
» Sie rüstet ihn moralisch auf « , presse ich hervor.
Nun fällt es sogar Kimberley schwer, sich zu beherrschen. »Aber du kannst sagen, was du willst: Sie ist wirklich eine erstaunliche Frau.«
»Es ist fast, als würde sie ihn lieben.«
»Warum nicht? Er liebt sie auf jeden Fall, auch wenn er’s vielleicht nicht merkt.«
»Wieso bist du dir da so sicher?«
»Warum sonst würde er sich solchen Qualen aussetzen?«
»Wie kriegt er ihn in einer solchen Situation hoch?«
»Viagra ist das Herzblut der Pornoindustrie, Sonchai.«
Kimberley drückt auf den Play-Knopf. Nun betreten wir intimstes Penetrationsgebiet, und die Kamera zoomt auf Körperteile, die in dieser Vergrößerung alles sein könnten. Einmal erinnert mich der Übergang von Tiefrot zu hellem Pink an eine fleischfressende Pflanze.
»Schau!« Nun nimmt er sie von hinten, aber mit so zitternden Knien, dass sein Schwanz aus ihr herausrutscht. In dieser Szene ergreift ihre schmale braune Hand ihn dreimal, um ihn wieder an Ort und Stelle zu bringen.
»Mein Gott, Sonchai!«, ruft Kimberley aus.
»Den Ring hat sie von mir«, schluchze ich. Unsere gemeinsame Zeit war so kurz, dass ich kaum Gelegenheit hatte, ihr etwas zu schenken, und ich weiß noch, wie billig ich mir vorkam, als ich ihr, die vor mir mit Millionären geschlafen hatte, an einem Antiquitätenstand am Wat Po einen Silberring für tausend Baht kaufte. Möglicherweise, denke ich, ist es kein Zufall, dass sie nur das eine Schmuckstück trägt; vielleicht ahnt sie in diesem Moment, genau drei Minuten fünfundzwanzig Sekunden vor ihrem Tod laut Counter am DVD-Player, dass ich eines Tages ihre Hand mit meinem Ring daran beobachten werde, wie sie ihren Henker tröstet und ihm hilft.
Als er sie schließlich zu einer Art Tapeziertisch bringt, auf den sie sich während des Finales stützen kann, fällt ihm das orangefarbene Nylonseil aus den Fingern, und sie muss es für ihn aufheben. Ich ergreife die Fernbedienung und schalte das Gerät aus.
Kimberley bedenkt mich mit einem enttäuschten Blick. »Sonchai …«
»Ich halte das nicht aus.«
»Wenn du’s jetzt nicht durchstehst, kriegst du die Bilder dein Leben lang nicht mehr los.«
»Ich bin Thai, und Thais werden nun mal lebenslang von Geistern verfolgt.«
»Sonchai!«
»Vergiss es, Kimberley. Hartes Durchgreifen zerstört die Welt, ist dir das schon aufgefallen?«
Ich springe auf, haste aus der Suite und knalle die Tür hinter mir zu.
Draußen winke ich ein Taxi heran und weise den Fahrer an, mich zum Polizeirevier zu bringen, mich aber zuerst kurz vor Phra Titanakas wat herauszulassen. Unmittelbar vor den massiven Toren befinden sich Stände mit Kerzen, Lotuskränzen und Mönchskörben. Immer noch zitternd, erwerbe ich alles Nötige für den Exorzismus. Die Körbe bestehen heutzutage nicht mehr aus Geflecht oder Bambus, sondern aus dem gleichen halbtransparenten, grellbunten Plastik wie die Eimer, mit denen man Wasser zum Autowaschen holt. Immerhin sind die Dinger hier safranfarben. Darin liegt alles, was ein Mönch einen oder zwei Tage lang zum Überleben in jener spirituellen Wüste benötigt, die wir maya nennen: eine Packung löslicher Kaffee, Kekse, Lux-Seife, zwei Dosen 7up, eine Schachtel yaa-dum-
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