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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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ein Steak, wenn du sie nett drum bittest.«
    »Ich bin ab sofort auf Diät. Machen wir’s doch so: Ich schau dir beim Essen zu, und wenn ich wirklich Hunger kriegen sollte, nehm ich mir einfach was von dem Klebereis.«
    »Gut. Hatte er bei ihrem letzten Treffen Geld?«
    »Ja, sie sagt, er habe seine Mietrückstände für die Wohnung in Inglewood sowie seine Schulden im Lebensmittelladen beglichen und ihr eine Seidenbluse und einen Rock geschenkt. Die Beamten haben sie gefragt, ob die Bluse aus thailändischer Seide sei, aber das wusste sie nicht.«
    Nun wird die geschmorte Ente im Topf serviert. Kimberley beäugt sie misstrauisch, aber als ich ihr versichere, dass sich in diesem Gericht keine scharfen Gewürze befinden, kostet sie einen Bissen und beginnt dann, mit Appetit zu essen.
    Da klingelt ihr Handy; sie meldet sich mit »Kimberley«. Kurz darauf sagt sie »Scheiße« und beendet das Gespräch.
    »Er hat gestern in Phnom Penh Selbstmord begangen, mit ’ner AK-47. – Eine Schnur am Abzugshahn, nicht grade die einfachste Methode, aber wenn man unbedingt so aus der Welt scheiden will …«
    Schwer zu beurteilen, was mir den Appetit verschlagen hat: der Tod des Maskierten; die Art und Weise, wie er eintrat; die Tatsache, dass der Mann nun nicht mehr seiner gerechten Strafe zugeführt werden kann; die Erinnerung an das, was er mit Damrong gemacht hat; der Gedanke, dass ich nun möglicherweise nach Phnom Penh muss. Plötzlich fehlt mir jeder Elan.
    In diesem Fall gelange ich immer wieder in Situationen, die ich nicht fassen kann, wie eine Fata Morgana. Nein, ich will nicht nach Kambodscha, denn dort hasst man uns Thais. Beide Seiten haben sich im Lauf der Jahrhunderte so viele territoriale Übergriffe geleistet, dass keiner mehr weiß, wer die Auseinandersetzungen begann, die trotz der vielen in unser Nachbarland reisenden glücksspielwütigen Thais nicht nachzulassen scheinen. Vermutlich haben die Kambodschaner uns den Sieg in Angkor Wat nie verziehen. Schon damals, vor etwa siebenhundert Jahren, verließen sich die Khmer so sehr auf die Magie, dass sie sich nicht mehr die Mühe einer Kampfausbildung machten; die Thai-Invasion könnte man durchaus mit dem Einfällen einer Motorradgang in einen ungeschützten Süßwarenladen vergleichen. Wir nahmen ihnen damals alles, was sie hatten: Frauen, Jungen, Mädchen, Sklaven, Gold, ihre Astrologie und Tempelarchitektur, ihre Musik und ihren Tanz – ein frühes Beispiel für Identitätsraub. Für ihre Küche allerdings interessierten wir uns nicht, denn die konnte der unseren noch nie das Wasser reichen. Wenn wir seinerzeit geahnt hätten, wie langlebig ihr Groll uns gegenüber sein würde, wären wir vermutlich schonender mit ihnen umgegangen.
    Plötzlich vermeiden Kimberley und ich es, einander in die Augen zu sehen. Ohne Ermittlungsdiskussionen wissen wir nicht so genau, was wir miteinander anfangen sollen. Wir beobachten uns insgeheim, wundern uns über das Karma des jeweils anderen und bemitleiden ihn dafür. Schließlich beginnt Kimberley mit einem Löffel zu spielen, bevor sie sich einen Ruck gibt und zu reden anfängt:
    »Vielleicht liegt’s an eurem Land, aber allmählich komme ich mir vor wie diese Westler mittleren Alters, die man, eine halb so alte Frau am Arm und ein zufriedenes Grinsen im Gesicht, die Sukhumvit runterstolzieren sieht. Mir ist klar, dass ich mir selber was vormache.« Nun sucht sie meinen Blick. »Immerhin merke ich das, wenn auch vielleicht nur mit der linken Gehirnhälfte. Aber ich kann nicht anders. Plötzlich ist Frühling, ein Frühling, wie ich ihn noch nie erlebt habe, weil es zu viele Ziele gab, die ich erreichen musste. In seiner Gegenwart empfinde ich Liebe, tiefe Zuneigung, Mitgefühl. Was soll ich sagen? Genau das soll ich doch als Mensch spüren, oder? Deswegen sind wir hier, auch wenn es sich letztlich als unlebbar erweist. Erzähl mir jetzt nicht, dass du das bei Damrong nicht erfahren hast.«
    Ich atme tief ein. »Natürlich hab ich das. Wenn ein Lichtstrahl in deinen Sarg dringt, fällt es schwer, weiter so zu tun, als wärst du tot. Dann weißt du, dass das Versprechen auf Leben nicht völlig hohl war und ›Ecstacy‹ nicht nur der Name einer Droge ist – hinter den Geschichten vom Paradies und der Ekstase steckt tatsächlich etwas.«
    Ich versuche, sie mit mitfühlendem Blick zu betrachten. »Solange auch nur ein kleiner Teil des Menschen lebt, muss er die Herausforderung annehmen.«
    Kimberley sieht mich an. »Dann bist

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