Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
Sören für mich zu interessieren.
Ich schaue mal wieder am Bildschirm vorbei zu ihm hinüber. Wie immer ist er in seiner Arbeit vertieft. Überhaupt sind alle ständig voll konzentriert bei der Sache. Bewundernswert. Ich brauche regelmäßig zwischendurch kleine Ablenkungen. Und Sören ist in diesem Büro mit Abstand die beste Möglichkeit, auf andere Gedanken zu kommen.
Plötzlich schaut der Blonde auf und lächelt mich an. Ups! Dabei hab ich heute keinen Anzug an, sondern nur dunkle Jeans und ein schwarzes Hemd. Ich lächle verlegen zurück und tue dann so, als würde ich weiterarbeiten. Mmh, drei Wochen lang kann ich den Kerl ungestört anglotzen, wann immer mir danach ist und seit gestern bemerkt er es.
Hast du eine Frage? Sörens Name blinkt über dem Chatfenster auf.
Ich zögere mit meiner Antwort. Ich weiß ja jetzt, dass Marco alles mitlesen kann. Allerdings weiß ich genauso, dass sich der Vizechef von K&K einen Vorzimmerboy hält, der ihm sexuell gefällig ist …
Ja, was machst du in der Pause? Ich verstecke mich hinter meinem Monitor, weil ich ganz sicher rote Wangen bekomme. Echt blöd, diese Angewohnheit!
Um den Block hetzen und überteuerten Kaffee trinken, warum?
Brauchst du Begleitung?
Ich bin in dem praktischen Alter zwischen zu jung und zu alt, in dem man schon allein gehen darf und noch nicht auf Hilfe angewiesen ist ;)
Hatte nicht vor, dich an die Hand zu nehmen …
Nicht?
Mein Herz klopft. Bedeutet das Nicht? etwa, dass er davon ausgegangen ist oder es sich vielleicht sogar wünscht?
Hast du Schwitzhände? , frage ich zurück.
Nur wenn ich nervös bin :D
Mache ich dich nervös?
Heute nicht :P
Gestern etwa?
Na ja, vielleicht warst es nicht du, sondern der Anzug. Also nimmst du mich jetzt an die Hand?
Nö ;) Aber zu teurer Kaffee und Stress in der Pause klingt gut :D
Ich warte auf eine Antwort, doch Sören schreibt nichts mehr. Als ich einen Blick rüberwerfe, ist er wieder ganz in seine Arbeit versunken. Toll, ich dagegen kann mich ab sofort noch weniger konzentrieren.
„Hast du Fragen?“, fragt Toddy plötzlich.
„Nee, alles okay.“ Ich krieche förmlich in meinen Monitor. Immerhin schaffe ich es, doch noch eine halbe Seite von meinem Bericht zu schreiben, bis Sören gut zwei Stunden später endlich aufsteht und herüberkommt.
„Fertig?“ Er fragt das schon fast geschäftsmäßig.
„Klar.“ Obwohl ich mitten in einer Sache drin bin, sperre ich meinen Computer und schnappe mir mein graues Jackett.
Toddy guckt ganz groß. „Kommst du heute nicht mit essen?“
„Heute mal nicht“, vertröste ich ihn.
Mit gerunzelter Stirn schaut er zwischen Sören und mir hin und her. „Dann viel Spaß.“
„Bis gleich.“ Ich bin einigermaßen froh, ausnahmsweise nicht mit Toddy die Pause verbringen zu müssen. Wenn schon neugierige Fragen, dann bitte zur Abwechslung von Sören.
Als wir im Aufzug stehen, mustert er mich.
„Was?“, frage ich, weil mir das irgendwie unangenehm ist.
„Also der Anzug war deutlich besser.“
„Aber ich will nicht, dass du deine Hosentaschen vollschwitzt.“
Sören lacht und nimmt die Hände aus der Hose. Ich hab ihn bisher nur im Anzug gesehen, aber stets ohne Krawatte. Die oberen zwei Hemdknöpfe hat er immer auf und er trägt immer sommerlich helle Farben, was bei ihm nach Urlaubsfeeling aussieht.
Der Aufzug hält und wir verlassen das Bürogebäude. Draußen ist es angenehm mild.
„In den Klamotten gehst du hier unter. Jeans und Sakko tragen halt alle. Und keiner traut sich mehr als grau.“
Tatsächlich rennen die meisten Leute entweder in ernsten Anzügen herum – oder genau so, wie ich.
„Wer sagt, dass ich das nicht will: schön unauffällig mitschwimmen?“
Sören grinst. „Bist du undercover unterwegs?“
„Ich will nur nicht, dass jemand mitbekommt, dass ich gar nicht hierhergehöre.“
„Ach …“
Ich sehe ihn erschrocken an. „Was soll das heißen?“
„Na ja, in dem Anzug gestern sahst du eher aus, als könntest du auf einem Plakat Werbung machen – und die Klamotten an deinem ersten Tag …“ Er grinst.
„Ja, ich wusste nicht …“
„Ich fand die gut, das war mal was anderes“, unterbricht mich Sören.
„Also meinst du nur klamottentechnisch, nicht, dass ich zu blöd bin für den Job.“ Ich nicke zufrieden.
„Wenn du zu blöd wärst, hätte dich Kehlmann Junior schon vor die Tür gesetzt, glaub mir. Der hat in der Beziehung einen gewissen Ruf.“
Ich zwinge mir ein Lächeln
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