Der Bürohengst (Finn Falkner Reihe)
…“
Darauf habe ich erst mal keine Antwort. Für Marco scheint es das Selbstverständlichste auf der Welt zu sein, dass man in einer solchen Situation sämtliche Gefühle ausschalten und zum Ficken übergehen kann.
Ich beschließe, die Frage unbeantwortet zu lassen und stelle eine Gegenfrage: „Wieso ausgerechnet mit ihm?“
„Weshalb nicht?“
„Vielleicht, weil du weißt, dass ich auf ihn stehe?“
Marco schweigt erst mal lange. Dann stellt er blitzgescheit fest: „Du willst was von ihm – also nicht nur Sex.“
„Schweinchen schlau!“
„Tut mir leid, ich dachte …“ Er räuspert sich. „Es war doch nur Sex!“
„War’s wenigstens einvernehmlicher?“
„Wie bitte?“
„Ach, vergiss es!“
Sören ergreift vielleicht nicht die Initiative, aber er macht mir auch nicht den Eindruck, als könne er sich nicht wehren. Mir ist klar, dass die Sache von Marco ausgegangen ist, doch Sören hätte durchaus ablehnen können. Und wenn man es genau nimmt, bin ich nicht mal in der Position, Forderungen zu stellen. Für Sören bin ich genauso fremd, wie Marco. Wer weiß, was er für ein Typ ist außerhalb der Geschäftszeiten. Ich kenne ihn nicht mal ansatzweise!
„War’s das?“, fragt Marco mit beleidigt-aggressivem Ton.
„Ja, Boss “, antworte ich sarkastisch. Mir fällt wieder ein, dass ich Marco eigentlich nicht mehr leiden kann. Heute habe ich erneut die Erfahrung gemacht, dass es dafür gute Gründe gibt.
Hoch die …
Seit fast einer Woche schweigen Marco und ich uns an. Weder auf der Arbeit noch zu Hause gibt es Kontakt. Die ersten beiden Tage bin ich sogar morgens mit den Öffentlichen zur Arbeit gefahren. Selbst Mara ist im Seminar aufgefallen, dass ich Marco nicht mal mehr anschaue. So ganz genau weiß ich auch nicht warum. Ich bin einfach sauer. Dafür denke ich wieder häufiger an Lukas. Möglicherweise nehme ich es Marco ja krumm, dass er schon zum zweiten Mal meine Beziehung versaut? Kann natürlich nur Projektion sein, weil ich mit Sören ja überhaupt keine Beziehung hatte. Und seit dem Vorfall schaut er auch nicht mehr zu mir rüber. Ich übrigens ebenfalls kaum noch zu ihm. Aber daran wird es liegen. Ich gebe wohl Marco die Schuld daran, dass in Sachen Liebe bei mir alles schiefläuft. Ohne ihn wäre ich bestimmt glücklich mit Lukas zusammen. Das ist natürlich Quatsch, auch wenn es sich so anfühlt. Hätte, wenn und zehn Vielleichts! Dass es mit Lukas nicht funktioniert, ist allein meine Schuld. Und keiner hindert mich, jetzt einfach aufzustehen und Sören um ein Gespräch zu bitten. Nur weil er sich von Marco hat flachlegen lassen, heißt das ja nicht, dass er ein anderer ist. Okay, vielleicht aus seiner Sicht, wenn er da unsicher ist. Oder er mag mich nicht mehr. Was weiß ich? Im Grunde lasse ich mich nur wieder von seiner unbestimmten Art abhalten. Ob ich das eventuell brauche, alle Verantwortung auf Marco abzuwälzen?
„Viel Spaß gleich beim Meeting “, sagt Toddy. „Bis morgen dann.“
„Einen schönen Feierabend.“ Ich betone jedes Wort, sodass es sich genau nach dem Gegenteil anhört. Toddy verschwindet grinsend.
Nach und nach machen auch die anderen im Büro Feierabend. Nur Sören bleibt sitzen und arbeitet verbissen. Anscheinend ist seine Beförderung zum Beischlafreservisten nicht an einen größeren Qualitätsspielraum im Kerngeschäft gekoppelt.
Meeting um neunzehn Uhr! Ich könnte echt kotzen! Über eine Stunde muss ich noch rumkriegen. Marco hat mir natürlich nichts davon erzählt, wir reden ja nicht. Laut Toddy geht es um ein Mitarbeitergespräch. Ja-ja, ich glaub ihm sogar, dass man ihm das so erzählt hat. Ich hab Marcos Terminkalender gecheckt. Heute hatte er den ganzen Tag Kunden im Haus. Überhaupt sah es die Woche über ziemlich stressig für ihn aus. Möglicherweise hat er mich deshalb nicht zu sich bestellt. Ich weiß nicht mal, ob er wirklich sauer ist auf mich. Er hat ja eigentlich keinen Grund dazu. Wie dem auch sei, ich kann mir jedenfalls denken, wie er sich sein Mitarbeitergespräch vorstellt. Bunga-Bunga! Aber den Zahn werde ich ihm gleich ziehen! Ich schnaube. Vielleicht ja auch nicht. Hauptsache ich muss nachher nicht mit der Bahn fahren.
Ich schlage die Zeit tot, indem ich unmotiviert im Netz surfe. Kurz vor achtzehn Uhr steht Sören auf und macht Feierabend. Ich schaue zu ihm rüber und unsere Blicke treffen sich kurz. Die letzten Tage hat er sich nicht mal verabschiedet! Daher bin ich einigermaßen erstaunt,
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