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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ruhestand ging, und dieser Posten konnte sich als erste Sprosse einer Karriereleiter erweisen, die direkt nach Scranton führte. Die Frage war bloß, wem Tony dieses Angebot zuerst unterbreiten würde. Denn schließlich: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
    Aber war denn das alles wichtig für meine Geschichte? Ich fand schon. Der Junge sah das offensichtlich anders. Ich versuchte ihm immer wieder das Drumherum klarzumachen, aber er wies jeden dieser Zusammenhänge zurück, genau wie die Reifen des Buicks alles abwiesen – ja, nicht mal der kleinste Kieselsplitter blieb in ihrem Profil hängen. Wenn man so ein Steinchen hineinsteckte, fiel es zehn oder fünfzehn Sekunden später unweigerlich wieder heraus. Tony hatte dieses Experiment gemacht; ich hatte es gemacht; der Vater dieses Jungen hatte es immer und immer wieder gemacht, oft vor laufender Videokamera. Und jetzt saß dieser Junge selber hier, in Zivil, und hatte keine graue Uniform, die ein Gegengewicht zu seinem Interesse an dem Buick gebildet hätte; hier saß er und wies auch noch im Angesicht des zweifellos gefährlichen Achtzylinderwunders seines Vaters alle Zusammenhänge zurück und wollte die Geschichte aus dem Kontext und aus ihrer Historie gerissen hören, aus allen Verkettungen gelöst. Er wollte nur das hören, was ihm in den Kram passte, und bildete sich in seinem Zorn ein, ein Recht darauf zu haben. Ich fand, dass er sich da irrte, und war einigermaßen sauer auf ihn, aber ich sage Ihnen ganz aufrichtig, dass ich ihn trotzdem liebte. Er war seinem Vater so ähnlich, verstehen Sie? Das ging bis zu diesem wilden, abenteuerlustigen Blick in seinen Augen.
    » Den nächsten Teil kann ich dir nicht erzählen«, sagte ich. » Ich war nicht dabei.«
    Ich wandte mich Huddie, Shirley und Eddie J zu. Alle schauten sie beklommen. Eddie sah mir nicht mal in die Augen.
    » Was meint ihr?«, sagte ich. » PCO Wilcox will nichts von Routinedingen hören, sondern nur die Geschichte.« Ich warf Ned einen ironischen Blick zu, den er entweder nicht verstand oder nicht verstehen wollte. » Oder vielleicht will er im Grunde auch nur eine Zusammenfassung der Geschichte und die spannendsten Szenen.«
    » Sandy, was …«, setzte Ned an, aber ich hob wie ein Verkehrspolizist die Hand. Ich hatte dieser Sache Tür und Tor geöffnet, wahrscheinlich schon damals, als ich ihn zum ersten Mal den Rasen vor der Kaserne hatte mähen sehen und ihn nicht nach Hause geschickt hatte. Er wollte die Geschichte hören. Na gut, dann sollte er sie hören, und dann war das endlich erledigt.
    » Der Junge wartet. Wer von euch hilft ihm weiter? Und ich will alles hören. Eddie.«
    Er zuckte zusammen, als hätte ich ihm einen Klaps verpasst, und sah mich nervös an.
    » Wie hieß der Typ noch? Der mit den Cowboystiefeln und der Nazi-Halskette?«
    Eddie zwinkerte entsetzt. Sein Blick fragte, ob das mein Ernst sei. Über diesen Typ sprachen wir nicht, hatten wir jedenfalls bisher nicht gesprochen. Manchmal sprachen wir über den Tag des Tanklasterunglücks und lachten darüber, wie Herb und der andere Typ versucht hatten, bei Shirley gut Wetter zu machen, indem sie ihr hinten auf dem Hof einen Blumenstrauß pflückten (das war kurz bevor die Kacke dann so richtig am Dampfen war), aber nicht über den Typ mit den Cowboystiefeln. Nicht über ihn. Niemals. Aber jetzt, gottverdammich, würden wir über ihn sprechen.
    » Leppler? Lippman? Lippier? Es war doch so was in der Richtung, nicht wahr?«
    » Er hieß Brian Lippy«, sagte Eddie schließlich. » Ich kannte ihn ein bisschen von früher.«
    » Tatsächlich?«, sagte ich. » Das wusste ich ja noch gar nicht.«
    Ich fing mit dem nächsten Teil der Geschichte an, aber Shirley Pasternak erzählte dann, sobald sie darin vorkam, auch erstaunlich viel davon. Sie sprach mit einem warmen Tonfall, sah Ned dabei unverwandt in die Augen und legte eine Hand auf seine. Es wunderte mich nicht, dass sie es war, die weitererzählte, und es wunderte mich auch nicht, dass sich Huddie dann einschaltete und abwechselnd mit ihr weitermachte. Was mich aber doch wunderte, war, dass auch Eddie J sich zu Wort meldete und große Teile der Geschichte erzählte. Er sprach zunächst leise und zögerlich, aber als er zu der Stelle kam, wo er entdeckte, dass dieses Arschloch Lippy das Fenster eingetreten hatte, klang seine Stimme schon kräftig und stet, wie die eines Mannes, der sich an alles erinnerte und sich entschlossen hatte, nichts zu verheimlichen. Dabei blickte er weder

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