Der Buick: Roman (German Edition)
guter Rock, und ich kann’s nicht ausstehen, die Dinger umzunähen.
Justin Islington ging voran, weil er so gut aussah mit seinen blauen Augen und der schwarzen Locke, die ihm in die Stirn fiel, wie so ein richtiger Footballheld. Das sollte mich erweichen und hat es dann schließlich auch. Wie er mir so die Blumen hinhielt. Es tut uns so leid, Frau Lehrerin. In dem Blumenstrauß steckte sogar ein kleiner weißer Umschlag.
» Shirley«, sagte Justin ganz ernst, aber mit diesem süßen Augenzwinkern. » Wir wollen uns wieder mit dir vertragen.«
» Ja«, sagte Herb. » Ich find’s schrecklich, dass du sauer auf uns bist.«
» Ich auch«, sagte Justin. Ob er das ernst meinte, wusste ich nicht so recht, aber bei Herb war ich mir da sicher, und das war mir genug.
» Also gut«, hab ich gesagt und die Blumen genommen. » Aber wenn ihr das noch einmal macht …«
» Machen wir nicht!«, sagte Herb. » Das kommt nie wieder vor!« Das sagen die Männer natürlich immer. Und jetzt sag mir nicht, ich war zu abgebrüht. Ich kenne mich bloß aus.
» Wenn doch, ziehe ich euch die Hammelbeine lang.« Ich sah Islington mit hochgezogener Augenbraue an. » Da du ja auch sonst keine Kinderstube hast, hat dir das deine Mutter wahrscheinlich nie gesagt, aber mit einer Entschuldigung kriegt man keinen Kaffeefleck aus einem Leinenrock.«
» Dann guck doch mal in den Umschlag«, sagte Justin und versuchte immer noch, mich mit seinen schönen blauen Augen zu blenden.
Ich stellte die Vase auf meinen Schreibtisch und zog den Umschlag aus den Gänseblümchen. » Daraus sprüht mir doch jetzt kein Niespulver ins Gesicht oder so was in der Richtung?«, fragte ich Herb. Das war nur ein Scherz, aber er schüttelte ganz ernst den Kopf. Wenn man ihn so sah, konnte man sich kaum vorstellen, wie er jemals jemand einen Strafzettel verpassen konnte, ohne dass es ihm großen Kummer bereitete. Aber Trooper sind draußen auf der Straße natürlich anders. Das müssen sie sein.
Ich machte den Umschlag auf und rechnete schon mit einer kleinen Hallmark-Karte mit einer weiteren Version von Es tut mir leid, diesmal in blumigen Versen, doch stattdessen fand ich einen zusammengefalteten Zettel. Ich zog ihn raus und faltete ihn auseinander, und da war es ein Geschenkgutschein von J. C. Penny über fünfzig Dollar.
» Ach nein«, sagte ich. Mit einem Mal war ich den Tränen nah. Das ist übrigens auch so was mit den Männern: Wenn sie einen gerade so richtig anwidern, können sie einen mit irgendeiner unnötigen großzügigen Geste umhauen, und mit einem Mal ist man dann, so dumm das auch ist, nicht mehr sauer, sondern schämt sich, dass man je schlecht von ihnen denken konnte. » Aber das wäre doch nicht …«
» Doch, das war nötig«, sagte Justin. » Es war dumm, so in der Küche rumzualbern.«
» Saudumm«, sagte Herb. Er nickte ganz energisch und ließ mich dabei nicht aus dem Blick.
» Aber das ist zu viel!«
» Nach unserer Rechnung nicht«, sagte Islington. » Wir mussten den Ärgerfaktor mit einbeziehen, verstehst du, und auch den Schmerz, weil du dich ja verbrannt hast …«
» Ich habe mich gar nicht verbrannt. Der Kaffee war nur lau …«
» Du nimmst das jetzt, Shirley«, sagte Herb sehr bestimmt. So ganz der knallharte Mr. State Trooper war er noch nicht wieder, aber auf dem besten Weg dahin. » Da gibt’s keine Diskussion.«
Ich war ihnen wirklich dankbar, und ich werde das nie vergessen. Was dann später geschah, war so schrecklich, weißt du, dass es schön ist, etwas zu haben, das dieses Grauen ein wenig ausgleicht, eine ganz normale, freundliche Geste, wie die beiden Dussel, die nicht nur für den Rock bezahlt haben, den sie ruiniert haben, sondern auch noch für die Unannehmlichkeiten und den Ärger. Und dass sie mir dann auch noch Blumen geschenkt haben. Wenn ich an das andere denken muss, versuche ich auch immer an die beiden Jungs zu denken. Und an die Blumen, die sie hinten auf der Wiese gepflückt haben.
Ich bedankte mich, und sie gingen nach oben, wahrscheinlich, um Schach zu spielen. Im Spätsommer gab’s hier immer ein Schachturnier, und der Sieger hat eine kleine Bronzeklobrille bekommen, die » Scranton Cup« hieß. Das hat dann alles aufgehört, als Lieutenant Schoondist in den Ruhestand ging. Als sie gingen, blickten sie wie Männer, die ihre Pflicht getan hatten. Und in gewisser Weise hatten sie das auch. Ich sah das jedenfalls so, und ich konnte mich jetzt revanchieren, indem ich ihnen von dem, was von dem
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