Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
der anderen Seite abgelaufen war. Ich sah Ennis Rafferty, wie er mitten unter Wesen wie das hier fiel, Viecher mit einem gelben Knoten als Kopf und einem Gewirr rosafarbener Schnüre darüber, die vielleicht Haare waren. Ich sah ihn dort sterben unter ihren fuchtelnden, mit Säure gefüllten Rüsseln und ihren Klauen, wie er versuchte, um Gnade zu flehen, und an einer Luft erstickte, die er kaum atmen konnte. Und als er dann tot vor ihnen lag und schon anfing zu verwesen – hatte ihm da einer die Waffe aus dem Holster gezogen? Hatten sie dagestanden, unter einem außerirdischen Himmel in irgendeiner unvorstellbaren Farbe, und ihn sich betrachtet? Hatten sie seine Pistole ebenso bestaunt wie ich das » Radio«? Hatte einer von ihnen wir haben ein denkendes Wesen umgebracht gesagt und jemand anderes ach, Quatsch entgegnet? Und als ich über diese Dinge nachdachte, dachte ich auch, dass ich den Schuppen auf der Stelle verlassen sollte, es sei denn, ich wollte diesen Fragen persönlich auf den Grund gehen. Was tat ich also? Was tat ich als Nächstes? Ich habe das noch nie jemand erzählt, aber jetzt ist es auch egal; es wäre doch blöde, so viel zu erzählen und dann irgendwas zu verschweigen .
    Ich beschloss, in den Kofferraum zu steigen.
    Ich hatte schon genau vor Augen, wie ich das tun würde. Da war jede Menge Platz; du weißt ja, wie geräumig der Kofferraum bei so einem alten Auto ist. Als Kinder haben wir zu Buicks und Cadillacs und Chryslern immer Mafia-Autos gesagt, einfach nur, weil ihr Kofferraum groß genug war für zwei Polacken oder drei Spaghettifresser. Jede Menge Platz. Der alte Huddie Royer würde reinsteigen, sich seitlich hinlegen, nach oben greifen und den Deckel zuziehen. Ganz vorsichtig, damit es nur ganz leise klick machte. Und dann würde er da in der Dunkelheit liegen, durch die Atemmaske muffige Luft einatmen und sich das » Radio« vor die Brust halten. Es war nicht mehr viel drin in der kleinen Druckluftflasche, aber es würde reichen. Der alte Huddie würde sich einfach zusammenkuscheln und da liegen und lächeln und … schon bald …
    Würde etwas Interessantes passieren.
    Ich habe seit Jahren nicht mehr daran gedacht, höchstens vielleicht in diesen Träumen, an die man sich beim Erwachen nicht mehr erinnern kann und von denen man nur weiß, dass sie schlimm waren, weil einem das Herz pocht und man einen trockenen Mund hat und einen Geschmack auf der Zunge wie von einer durchgebrannten Sicherung. Zum letzten Mal habe ich bewusst daran gedacht, wie ich damals vor dem Kofferraum des Buick Roadmasters stand, als ich hörte, dass George Morgan sich das Leben genommen hatte. Ich stellte mir vor, wie er in seiner Garage auf dem Boden saß, vielleicht hörte, wie die Kinder auf dem McClurg Field um die Ecke bei Flutlicht Baseball spielten, und dann, als er sein Bier ausgetrunken hatte, die Pistole hob und sie ansah. Wir hatten da mittlerweile schon Berettas, glaube ich, aber George hatte seine Ruger behalten. Er meinte, sie läge ihm genau richtig in der Hand. Ich stellte ihn mir vor, wie er sie hin und her drehte und ihr ins Auge sah. Pistolen haben ein Auge; das weiß jeder, der mal hineingesehen hat. Ich stellte ihn mir vor, wie er sich den Lauf zwischen die Zähne schob und das Korn hart am Gaumen spürte. Es schmeckte nach Öl. Vielleicht hat er sogar die Zungenspitze in die Mündung gesteckt, wie man das beim Mundstück einer Trompete macht, bevor man darauf bläst. Er saß da in der Ecke seiner Garage, hatte immer noch den Geschmack seines letzten Biers im Mund und schmeckte jetzt auch das Waffenöl und den Stahl und leckte die Mündung, das Auge, aus dem die Kugel mit doppelter Schallgeschwindigkeit hervorschießt, vorangetrieben von heißen, sich ausdehnenden Gasen. Er saß da und roch das Gras, das unter dem Rasenmäher klebte, und ein wenig vergossenes Benzin. Er hörte die Kinder auf dem Baseballfeld jubeln. Er dachte daran, was er gefühlt hatte, als er mit einem zwei Tonnen schweren Streifenwagen von Ford die Frau überfahren hatte, der Knall und dann das Rumpeln, wie er Blutstropfen auf der Windschutzscheibe auftauchen sah wie das Hereinbrechen eines biblischen Fluchs, und wie er es klappern hörte, weil sich etwas in einem seiner Radkästen verfangen hatte, das sich anhörte wie ein Flaschenkürbis und sich dann später als ein Turnschuh der Frau erwies. Das alles stellte ich mir vor, und so war das, glaube ich, für ihn, denn ich weiß, wie es für mich war. Ich wusste, es

Weitere Kostenlose Bücher