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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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das Zischen bald in ein Pfeifen überging und ein paar Sekunden später gar nichts mehr zu hören war. Dieser Wagen hat selbst dichtende Reifen. Aber damals, 79, hatte so was noch keiner, höchstens, was weiß ich, irgendwelche Diktatoren in Südamerika vielleicht. Und ich glaube auch nicht, dass es mittlerweile Reifen gibt, die einen Nagel wieder rausstoßen, den man reingehauen hat.«
    » Das machen die Reifen von dem Buick?«
    » Ja. Nicht gleich, aber nach ein paar Minuten ist er wieder draußen.« Huddie schürzte die Lippen und machte fupp . » Wie wenn man Melonenkerne ausspuckt.«
    » Lebt es?«, fragte Ned mich. Er sprach so leise, dass ich ihn kaum verstand. » Ich meine: wenn es sich selber heilen kann …«
    » Tony hat immer gemeint, es sei nicht lebendig«, sagte ich. » Das sah er ganz strikt. ›Das ist nur ein Apparat‹, hat er immer gesagt. ›Irgendein verdammtes Ding, das wir nicht verstehen.‹ Dein Dad war genau gegenteiliger Meinung und hat sie zum Schluss genauso vehement vertreten wie Tony seine. Wenn Curtis noch am Leben wäre …«
    » Was? Was wäre, wenn er noch am Leben wäre?«
    » Ich weiß nicht«, sagte ich. Mit einem Mal fühlte ich mich matt und traurig. Es gab noch viel mehr zu erzählen, aber plötzlich hatte ich keine Lust mehr dazu. Ich fühlte mich dem nicht gewachsen und wurde bei der Aussicht darauf ganz schwermütig, so wie es einem schwer ums Herz wird, wenn man eine anstrengende und öde Arbeit zu erledigen hat – vor Sonnenuntergang noch Baumstümpfe ausreißen, vor dem Regen am Nachmittag noch das Heu einfahren, Böden, die man noch wischen, und Betten, die man noch machen muss. » Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn er noch am Leben wäre.« Ich hatte eine ungefähre Ahnung, wohin Curtis gedanklich tendiert hatte, wusste aber nicht so recht, ob ich Ned davon erzählen wollte. Vielleicht anschließend, nachdem er die ganze Geschichte gehört hatte, aber nicht jetzt.
    » Und was glaubst du, Sandy? Lebt es oder nicht?«
    » Darüber bin ich mir nie klar geworden.«
    » Shirley?«
    » Es lebt, glaube ich.«
    » Phil?«
    » Ich weiß es nicht genau. Aber ich glaube nicht.«
    » Huddie?«
    » Oh, aber natürlich lebt der Wagen. Wenn ihm einsam ist, schüttelt er die Plane ab, damit die Leute kommen und ihn bewundern. Leute wie du, Kleiner. Und wenn er Hunger kriegt, mal ’ne Kleinigkeit futtern will …« Er zuckte mit den Achseln. » Einmal, als ich da drin war, ist was wirklich Schlimmes passiert. Normalerweise rede ich nicht darüber, aber für dich, Kleiner, werd ich mal ’ne Ausnahme machen. Könnte mir guttun. Könnte uns beiden guttun.«
    » Und was ist mit den Untersuchungen, die dieser Bibi Roth angestellt hat?«
    » Die haben weiter nichts ergeben«, sagte ich. » Was da wie Vinyl aussah, war fast so was wie Vinyl – knapp vorbei ist auch daneben. Die Lacksplitter, die Bibi mitgenommen hat, entsprachen keinem der Autolacke, von denen er Proben hatte … obwohl sich so was mit den ganzen Computern heutzutage natürlich viel einfacher und genauer überprüfen lässt. Das Holz war tatsächlich Holz. › Wahrscheinlich Eiche‹, hat Bibi gesagt, aber mehr wollte er dazu nicht sagen, so sehr Tony ihn auch gedrängt hat. Irgendwas daran gefiel ihm gar nicht, aber er wollte nicht sagen, was.«
    » Vielleicht konnte er’s nicht sagen«, meinte Shirley. » Vielleicht hat er’s nicht gewusst.«
    Ich nickte. » Als wären das Armaturenbrett und das Lenkrad aus einer bisher unbekannten Eichenart gemacht. Die Fenster und die Windschutzscheibe sind aus ganz normalem Sicherheitsglas, tragen aber kein Warenzeichen. Mit anderen Worten: Sie wurden nicht an einem Montageband in Detroit eingesetzt.«
    » Und die Fingerabdrücke?«
    Ich zählte es an den Fingern ab. » Ennis, dein Vater, Bradley Roach. Das war’s. Keine Abdrücke von dem Mann im schwarzen Regenmantel.«
    » Dann hat er wohl Handschuhe getragen«, sagte Ned.
    » Sollte man meinen, ja. Brad war sich da nicht sicher, glaubte aber, die Finger von dem Typ gesehen zu haben, und angeblich waren sie genauso weiß wie sein Gesicht.«
    » Solche Einzelheiten denken sich die Leute aber oft erst hinterher aus«, meinte Huddie. » Auf Augenzeugen kann man sich überhaupt nicht verlassen. Ich halt’s da mit Warner Wolfe: ›Das wollen wir doch noch einmal in Zeitlupe sehen.‹«
    » Bist du fertig mit Philosophieren?«, fragte ich ihn.
    Huddie schwenkte eine Hand in meine Richtung. » Erzähl weiter.«
    » Blutspuren

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