Der Buick: Roman (German Edition)
der Hund irgendwas gewittert hatte. Er glaubte eher an Letzteres, aber feststellen ließ sich das nicht. Wie er später dann zu einer ganzen Menge Leuten (und auch zu Curtis Wilcox’ Sohn) sagte, ging es bei dem Buick nicht darum, was man darüber wusste, sondern darum, was man nicht darüber wusste.
Tony sah ein paar Männer herankommen und befahl ihnen, sich fern zu halten. Seine normale Sprechstimme so klar und deutlich zu hören war beruhigend, wirkte aber trotzdem unpassend. Sandy dachte unwillkürlich, dass hier eigentlich Schreie und Rufe im Hintergrund zu hören sein müssten, Explosionen wie aus einem Filmsoundtrack, vielleicht gar Grummeln der empörten Erde selbst.
Tony wandte sich wieder den Fenstern im Schuppentor zu und spähte hinein.
» Was macht er, Sarge?«, fragte Matt Babicki. » Alles in Ordnung mit ihm?«
» Ja, alles in Ordnung«, sagte Tony. » Er geht um das Auto und knipst Fotos. Was machst du denn hier draußen, Matt? Ab in die Leitstelle, um Himmels willen!«
» Das Funkgerät ist ausgefallen, Chef. Atmosphärische Störungen.«
» Na, vielleicht legt sich das ja wieder. Denn das hier legt sich anscheinend.« Für Sandy hörte er sich ganz normal und der Lage gewachsen an – ganz der Sergeant eben –, doch darunter bebte seine Stimme immer noch vor Aufregung. Und als Matt sich abwandte, fügte Tony noch hinzu: » Davon dringt kein Wort nach draußen, klar? Jedenfalls nicht im Klartext. Weder heute noch sonst irgendwann. Wenn du was über den Buick melden musst, sagst du … sagst du Code D. Hast du verstanden?«
» Jawohl, Sir«, sagte Matt und ging mit hängenden Schultern die Eingangstreppe hoch, als hätte er eine Abreibung bezogen.
» Sandy!«, rief Tony. » Was ist mit dem Hund?«
» Hat sich erledigt. Was ist mit dem Wagen?«
» Anscheinend alles in Ordnung. Es brennt nichts, und es scheint auch nichts explodiert zu sein. Das Thermometer zeigt zwölf Grad. Kalt ist es da drin, sonst nichts.«
» Wenn mit dem Wagen nichts ist, warum knipst er dann Fotos davon?«, fragte Buck.
» Warum, darum«, sagte Sergeant Schoondist, als würde das alles erklären. Dabei behielt er Curtis im Blick, der weiter um das Auto herumging wie ein Modefotograf um ein Model, Fotos knipste und die Polaroidbilder dann in den Bund seiner alten Khakishorts steckte. Währenddessen gestattete Tony den Übrigen, in Vierergruppen näher zu kommen und sich das anzusehen. Als Sandy dran war, fiel ihm auf, dass Curtis’ Knöchel jedes Mal grün leuchteten, wenn der Buick aufblitzte. Strahlung!, dachte er. O Gott, er ist verstrahlt! Dann fiel ihm wieder ein, was Curt gerade zuvor gemacht hatte, und da musste er lachen. Michelle hatte ihn nicht hereinrufen wollen, weil er gerade den Rasen mähte. Und das hatte er immer noch an den Knöcheln: Grasflecken.
» Komm da raus«, murmelte Phil links neben Sandy. Er hielt den Hund immer noch am Halsband, obwohl Mr. D jetzt lammfromm wirkte. » Komm da raus. Treib’s nicht auf die Spitze.«
Curt ging zurück in Richtung Tür, als hätte er Phil gehört – oder sie alle, denn sie dachten alle das Gleiche. Aber wahrscheinlich war bloß sein Film alle.
Als er herauskam, legte ihm Tony einen Arm um die Schultern und zog ihn beiseite. Während sie dort standen und miteinander sprachen, gab es ein letztes, mattes, violettes Leuchten. Es war nicht mehr als eine letzte Zuckung. Sandy sah auf seine Armbanduhr. Es war zehn Minuten nach neun. Der ganze Zwischenfall hatte nicht ganz eine Stunde gedauert.
Tony und Curt betrachteten die Polaroidbilder mit einer Neugier, die Sandy nicht nachvollziehen konnte. Vorausgesetzt natürlich, Tony hatte die Wahrheit gesagt und an dem Buick und dem Innern des Schuppens hatte sich tatsächlich nichts verändert. Und für Sandy sah es ganz danach aus.
Schließlich nickte Tony, als wäre jetzt irgendwas geklärt, und ging zurück zu den anderen Troopern. Curt spähte währenddessen noch ein letztes Mal durch die Fenster im Schuppentor. Die Schutzbrille hatte er sich schon in die Stirn geschoben. Tony befahl außer George Stankowski und Herb Avery alle zurück in die Kaserne. Herb war während der Lightshow von der Streife gekommen, vermutlich, weil er mal musste. Er war bekannt dafür, dass er meilenweite Umwege in Kauf nahm, um seinen Stuhlgang auch ja in der Kaserne zu verrichten, und ertrug es ungerührt, dass ihn die anderen damit aufzogen. Er meinte, auf fremden Toilettenbrillen könne man sich alle möglichen Krankheiten
Weitere Kostenlose Bücher