Der Buick: Roman (German Edition)
vielleicht, aber der Kofferraum von ’nem Auto lässt sich nicht elektrisch öffnen. Wenn du den aufmachen willst, musst du schon auf den Knopf drücken und die Klappe hochheben.«
Darauf wusste Sandy nichts zu sagen.
» Im Schuppen ist es noch ein paar Grad kälter geworden«, sagte Curt. » Das müssen wir im Auge behalten.«
Die Besprechung war beendet, und Sandy fuhr wieder los auf Streife. Hin und wieder meldete er sich bei der Zentrale und fragte Matt Babicki, ob mit D alles in Ordnung sei. Die Antwort war immer: Ja, mit D ist alles in Butter. In späteren Jahren wurde das in den Short Hills rund um Statler, Pogus City und Patchin zu einem ganz üblichen Funkspruch. Dann schnappten es auch ein paar andere Einheiten der State Police auf, sogar drüben in Ohio. Sie dachten, es bedeutete Ist daheim alles in Butter? Das amüsierte die Männer der Troop D, denn das bedeutete es ja tatsächlich.
Am nächsten Morgen waren alle bei der Troop D im Bilde, und die Dinge gingen wieder ihren gewohnten Gang. Curt und Tony fuhren nach Pittsburgh, einen Geigerzähler besorgen. Sandy hatte frei, kam aber trotzdem zwei-, dreimal vorbei, um nach dem Buick zu sehen. Es war ruhig in dem Schuppen; der Wagen stand dort einfach nur auf dem Betonboden und sah aus wie ein Ausstellungsstück; aber die Nadel des großen roten Thermometers am Deckenbalken sank immer noch weiter. Das fanden alle äußerst unheimlich – diese lautlose Bestätigung, dass dort drin etwas vor sich ging, das ein schlichter State Trooper nicht begreifen, geschweige denn beeinflussen konnte.
Es betrat aber niemand den Schuppen, solange Curt und Tony mit Curts Bel-Aire weg waren – Befehl des Sergeants. Huddie Royer betrachtete den Buick gerade durch eines der Fenster, als die beiden Männer wiederkamen. Er ging zu ihnen, und Curt öffnete auf der Motorhaube seines Wagens einen Karton und nahm den Geigerzähler heraus.
» Und wo sind eure Raumanzüge?«, fragte Huddie.
Curt sah ihn an. Er lächelte nicht. » Sehr witzig«, sagte er.
Da erst wurde Huddie klar, dass Tony und Curt hier ihr Leben riskierten (aber im Grunde taten das sie alle; die Holzwände von Schuppen B schützten sie nun wirklich nicht vor Strahlung). Er trat einen Schritt zurück und murmelte, es tue ihm leid.
Doch anscheinend gab es da nichts, was einem von ihnen hätte leidtun müssen. Curt und der Sergeant blieben eine geschlagene Stunde lang in dem Schuppen, fuhren mit dem Geigerzähler über die gesamte Karosserie des Buicks, tasteten mit dem Sensor den Motor ab, gingen damit auch ins Wageninnere und überprüften die Sitze, das Armaturenbrett und das eigenartig große Lenkrad. Curt wagte sich auf einem Rollbrett unter den Wagen, und der Sergeant checkte den Kofferraum, wobei sie besonders vorsichtig vorgingen: Den Kofferraumdeckel klappten sie mit dem Stiel einer Harke auf, die an der Wand gehangen hatte. Die Nadel des Geigerzählers schlug die ganze Zeit über kaum aus. Das stete Ticken, das aus seinem kleinen Lautsprecher drang, nahm nur das eine Mal an Intensität zu, als Tony den Sensor an das Radium-Zifferblatt seiner Armbanduhr legte, um zu überprüfen, ob das Gerät überhaupt funktionierte. Das tat es durchaus, aber bei dem Roadmaster maß es nichts.
Nur einmal machten sie eine kurze Pause und holten sich Pullover aus der Kaserne. Draußen war es heiß, aber im Schuppen B betrug die Temperatur neun Grad Celsius. Das gefiel Sandy gar nicht, und als die beiden herauskamen, schlug er vor, die Schuppentore zu öffnen und etwas warme Luft hineinzulassen. Mr. Dillon schlafe in der Küche, sagte Sandy, und man könne ihn da einschließen.
» Nein«, sagte Tony, und Sandy sah, dass Curtis ebenfalls dagegen war.
» Und wieso nicht?«
» Ich weiß nicht. Nur so ’n Gefühl.«
Gegen drei Uhr an diesem Nachmittag – als sich Sandy gerade unter 2. Schicht / 15–23 Uhr ins Dienstbuch eingetragen hatte und zu seiner Streife aufbrechen wollte – war die Temperatur im Schuppen B auf acht Grad gesunken. Das waren fünfundzwanzig Grad weniger als draußen, jenseits der dünnen Holzwände.
Und gegen sechs Uhr an diesem Tag – als Sandy gerade in seinem Streifenwagen neben Jimmy’s Diner am alten Statler Pike saß, Kaffee trank und Temposündern au fl auerte – gebar der Roadmaster zum ersten Mal etwas.
Arky Arkanian sah das Ding, das aus dem Buick gekommen war, als Erster, auch wenn er nicht wusste, was er da sah. Das war gegen sieben Uhr an einem Augustabend des Jahres 1979.
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