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Der Buick: Roman (German Edition)

Der Buick: Roman (German Edition)

Titel: Der Buick: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Lagerraum hierher geflohen war. Vielleicht hatte er in den Schrank klettern, die Tür hinter sich zumachen und sich dort im Dunkeln hinkauern wollen. Das kam ihm, auf eine zugegebenermaßen makabere Weise, lustig vor, und er kicherte kurz schrill auf.
    » So ist gut«, sagte Curt und hörte sich so zufrieden an wie eine Mutter, deren Kind sich gerade zum ersten Mal selbst die Schuhe zugebunden hat. Er tätschelte Sandy den Arm und war schockiert, als Sandy vor der Berührung zurückwich.
    » Nicht«, sagte Sandy. » Diese Pampe … diese Schmiere …«
    Er konnte nicht zu Ende sprechen; seine Kehle war wie zugeschnürt. Stattdessen zeigte er auf Curts Hand. Curts Handschuhe waren mit dem Schleim beschmiert, der aus dem schwangeren Uterus des toten Wesens gespritzt war, und etwas davon hatte nun auch Sandy am Arm. Auf Curts Atemmaske, die er heruntergezogen hatte und die ihm nun vor der Kehle hing, waren ebenfalls Flecken und Streifen davon. Auf der Wange hatte er eine schwarze Kruste, die wie Schorf aussah.
    Jenseits der offen stehenden Tür zum Lagerraum, am anderen Ende des Korridors, stand Tony unten an der Treppe und sprach mit vier oder fünf gaffenden, nervösen State Troopern. Mit Handbewegungen versuchte er, sie wieder die Treppe hochzuscheuchen, aber sie ließen sich nicht darauf ein.
    Sandy ging bis zur Tür des Lagerraums und blieb dort stehen, damit sie ihn alle sehen konnten. » Es geht mir gut, Jungs – mir geht’s gut, euch geht’s gut, allen geht’s gut. Geht wieder rauf und kriegt euch ein. Wenn wir das hier geklärt haben, könnt ihr euch alle das Video anschauen.«
    » Wollen wir das denn?«, sagte Orville Garrett.
    » Wahrscheinlich eher nicht«, sagte Sandy.
    Die Trooper gingen wieder nach oben. Tony, dessen Wangen aschfahl waren, drehte sich zu Sandy um und nickte ihm zu. » Danke.«
    » Das war doch das Mindeste. Ich hab Panik gekriegt, Boss. Tut mir schrecklich leid.«
    Diesmal klopfte Curt ihm auf die Schulter, statt ihn nur zu tätscheln, und Sandy wäre fast wieder zurückgeschreckt, doch dann sah er, dass sich der Junge die schmutzigen Handschuhe ausgezogen hatte.
    » Da warst du nicht der Einzige«, sagte Curt. » Tony und ich sind gleich hinter dir her. Du warst nur zu sehr von der Rolle, um das zu merken. Wir haben vor lauter Panik Huddies Kamera umgerannt. Hoffentlich ist sie nicht kaputt. Wenn doch, müssen wir wohl den Hut rumgehen lassen und ihm eine neue kaufen. Komm, schauen wir uns das mal an.«
    Die drei gingen durchaus entschlossenen Schritts zurück zum Lagerraum, doch dann mochte ihn keiner von ihnen betreten. Zum einen lag das an dem Gestank – wie nach vergammelter Kohlsuppe. Vor allem aber lag es daran, dass sie wussten, dass das Fledermauswesen noch immer da drin war, an das Korkbrett geheftet, aufgeschlitzt und unbeschreiblich widerlich. Es musste weggeräumt werden wie die Opfer der Verkehrsunfälle am Wochenende, wo einem, wenn man dort hinkam, der Geruch von Blut, geplatzten Gedärmen, vergossenem Benzin und brennendem Gummi wie ein verhasster alter Bekannter vorkam, der nie aus der Stadt wegziehen würde. Wenn man das roch, wusste man, dass jemand tot war oder so gut wie tot, dass jemand anderes weinen und schreien würde, dass man auf der Straße einen Schuh finden würde – hoffentlich keinen Kinderschuh, aber viel zu oft war es dann doch ein Kinderschuh. So ging es Sandy dabei. Man fand sie auf der Straße oder am Straßenrand, bei den entstellten Leichen, die Gott ihnen mit dem Spruch Hier, jetzt kommt mal damit klar hinschleuderte – Knochen, die aus Hosen oder Hemden ragten, Köpfe, die halb in den Nacken gedreht waren, aber trotzdem noch sprachen (und schrien), heraushängende Augen, eine blutende Mutter, die einem ein blutendes Kind hinhielt wie eine kaputte Puppe und dabei sagte: Lebt sie noch? Können Sie bitte mal nachsehen? Ich kann das nicht; ich trau mich nicht. Auf den Sitzen waren immer Blutlachen und an dem, was von den Fenstern übrig war, blutige Fingerabdrücke. Wenn auf der Straße auch Blut war, dann ebenfalls pfützenweise, und im blinkenden roten Licht der Einsatzfahrzeuge wurde es lila, und man musste die Straße wieder säubern von dem Blut und dem Kot und den Glassplittern, o ja, denn Mr. Normalbürger und seine Familie wollten so was nicht sehen, wenn sie am nächsten Sonntagmorgen zur Kirche fuhren.
    Das alles ging Sandy Dearborn durch den Sinn, als sie dort vor dem Eingang zum Lagerraum standen. Das hatte zwar alles nichts damit

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