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Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams

Titel: Der Bund der Drachenlanze - 08 Michael Williams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Siegel des Verraters
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Nachdenklich zog Sturm den Schild
heran. Er zwinkerte, als ihm das vom Staub gedämpfte
Sonnenlicht aus der eingedellten Wölbung in die Augen
fiel.
    Plötzlich hustete jemand hinter ihm. Er zuckte vor
Schreck zusammen und fuhr herum.
Am Rand der Lichtung stand Ragnell, deren dunkle Augen ihn fixierten.
»I-Ihr!« rief Sturm und griff nach seinem Schwert. Augenblicklich wies er sich zurecht. Schließlich war sie eine
alte Frau, und der Maßstab verbot –
»Meine Absichten sind friedlich«, erklärte Ragnell.
»Friedlich, aber lehrreich.«
»Ich… ich war wohl verwundet«, meinte Sturm. Das
Licht tat in seinen Augen weh, und die Lichtung verschwamm und drehte sich. »Ich war wohl… wohl…«
Ragnell nickte. »Sieben Tage«, sagte sie. »Du hast eine
ganze Woche geschlafen. Und gewiß hast du geträumt. Bedeutsame Träume von Dingen, die geschehen werden, die
du Prophezeiungen nennen könntest, ich aber eher als Vorahnung ansehen würde…«
Ihre Worte verwirrten ihn, doch ihre Stimme sprach
langsam und eindringlich. Sie schlich sich so heimlich wie
Unkraut in Sturms Gedanken, bis er nicht mehr sicher war,
ob er die Worte dachte oder ob sie sie sagte. Er schüttelte
den Kopf, um diese Stimme loszuwerden. Als das fehlschlug, wollte er aufstehen.
»Ich bin immer noch verwundet«, sagte er mit trockener,
atemloser Stimme.
»Natürlich bist du das, Sturm Feuerklinge«, gab die Druidin zurück. Ihr braunes, runzliges Gesicht zeigte keine Regung. »Der Dorn ist immer noch in dir, tief in deiner Schulter, neben deinem Herzen.« Ragnell beobachtete ihn prüfend. »Schau mal deine Hände an«, wies sie ihn an.
Sturm gehorchte und hielt vor Schreck die Luft an. In
seinen Adern floß Grün. Auch seine Fingernägel waren
grün. Seine Hände waren dunkel und lederartig wie die
des Herrn der Wildnis.
»Was…«, setzte er an, aber Ragnells Stimme erklang unwiderstehlich in seinem Hinterkopf und legte sich wie dicke, fesselnde Ranken über seine Gedanken.
»Er erwachte…«, begann die Stimme, und die Lichtung
verschwamm im Nebel und ließ nichts mehr zurück als die
Frau und das schimmernde Wasser und die Nacht. Plötzlich stieg hinter ihr der weiße Mond auf, dessen Licht eine
feine Korona um ihre grünen, bauschigen Roben legte.
Sturm bäumte sich wütend auf, weil er endlich erkannte,
daß er immer noch träumte.
Aus der Wunde in seiner Schulter sickerte es grün, dann
violett, dann tiefschwarz, bis sich die Farbe nicht mehr veränderte, während der Saft herausströmte und gerann.
Sprachlos schaute er seine Hände an. Anstatt von dem
Blutverlust oder Saftverlust – oder was auch immer aus
seiner Schulter floß – blaß zu werden, leuchteten sie nun in
einem Hellgrün, das jedes Licht zurückwarf.
Ragnells Aussehen veränderte sich, als sie langsam, aber
stetig auf ihn zukam. Aus der weisen Alten, die schurkenhaft und verschlagen gewirkt hatte, wurde eine wunderschöne Frau – schwarze Haare, dunkle Haut und dunkle
Augen, und sie lächelte so freundlich, daß es sein Herz berührte. Er fiel auf die Knie, denn er wollte nur noch bei ihr
sein, auch wenn er nicht hätte sagen können, ob er als Kind
oder als Mann geliebt werden wollte.
Das ist eine Versuchung, dachte er, als er durch den grünen Stoff die weiche Linie ihrer Brüste sah. Das macht der
grüne Mann. Eine Falle. Ich soll… soll…
Ich weiß nicht, was ich soll, außer daß ich widerstehen
muß.
Die Luft duftete nach Zedern, und irgendwo jenseits von
Nacht und Mondlicht und Gedanken erhob sich wieder der
Klang der Flöte.
Vielleicht ist das die letzte Versuchung, dachte Sturm.
Vielleicht wartet hinter diesem Traum Vertumnus, und die
Suche ist endlich vorbei.
Die Frau blieb stehen und zog ihre Hand zurück. Sie verschränkte die Arme über der Brust, und ihre Lippen bewegten sich, um Worte zu formen, die durch Sturms Gedankenwelt zogen. Aber er konnte nicht sagen, daß er sie hörte, und es war auch nicht Ragnells Stimme, die da
sprach, sondern eine tiefere, vertraute Stimme, die ihn an
irgend jemanden erinnerte.
Es war eine Männerstimme, und sie beschwor etwas herauf, das mit Schnee und Mitternacht und eiligem Aufbruch
zu tun hatte.
Sturm machte die Tunika auf und untersuchte die Wunde in seiner Schulter. Der Dorn war tief, zerfranst und häßlich neben seinem Brustknochen eingedrungen. Erschrocken sah Sturm, daß er immer tiefer eindrang. Bald würde
er nicht mehr zu sehen oder zurückzuholen sein, in seinem
tiefsten Inneren

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