Der Bund der Drei
Weffis dumme Struppelschnute drängte und ihn dann mit einem dumpfen Röhren seinen Rücken herausfordernd unter dem Hals entlangzog. Weffi sah mich hilflos an: »Was ist schon wieder los? Was habe ich denn getan ?« Er machte Miene, auf meinen Schoß zu springen; aber da ertönte wieder Peters merkwürdiges, siegessicheres und dumpfes Knurren, das wir nie .zuvor von ihm gehört hatten, und gleichzeitig quetschte sich der kleine Löwe unter dem Bett hervor und wogte gegen Weffi heran.
»Schnell, bring Weffi ‘raus !« rief Frauchen aus dem Bett.
»Zu spät, sie würden sich beide in ihn verbeißen, wenn ich ihn jetzt hochnähme, laß mal...«
Wir schwiegen mit angehaltenem Atem. Weffi sah sich einmal nach Peter und einmal nach Cocki um, dann begann er mit den Vorderbeinchen zu zittern, nicht vor Angst, sondern vor Erregung. Und dann drehte er seine Knurre an, machte ganz langsam kehrt und ging aus dem Zimmer. Draußen vor dem Badezimmer blieb er stehen, traurig, mit hängendem Kopf, sah noch eine Weile in das Zimmer hinein, wie Adam in das verlorene Paradies, und verschwand dann in mein Zimmer. Ich hörte, wie er drinnen auf meine Couch sprang. Die beiden anderen postierten sich rechts und links neben mich, Peter machte Männchen, Cocki ließ die Ohren nach hinten hängen und wurde schmelzende Sanftmut.
»Pfui«, sagte ich, »ihr habt euer Brüderchen verjagt !«
Der Dicke richtete sich an mir hoch, legte mir die Tatze auf den Arm und zwinkerte mir zu: »Laß doch, jetzt sind wir wieder unter uns, es ist ganz so wie früher...«
Ich seufzte, streichelte dann den Kopf des kleinen Löwen, fuhr Peterchen über die eisengraue Locke.
»Was machen wir bloß ?« fragte mich meine Gefährtin: »Man kann diesen beiden Kerlen doch nicht böse sein. Von ihrem Standpunkt aus haben sie sogar recht. Es ist unsere Schuld .«
»Ja, vielleicht war es wirklich ein Fehler, Weffi zu nehmen, sie sind zu ungleich .«
»Andererseits«, sagte ich, »ist Klein Weffchen der einzige Menschenhund unter den dreien, und wenn man bedenkt...« Im Nebenraum klingelte das Telefon. Es war Wladimir, das Herrchen des Riesenpudels Titus. Titus war der größte und gleichzeitig der schönste Pudel, den ich je getroffen habe. Eigentlich hatte er zwei Herrchen, nämlich Wladimir und Alexej, zwei gut aussehende Männer über fünfzig. Russische Altemigranten. Der Sturz des Zaren schwemmte sie und ihre Familien, soviel davon noch am Leben war , aus der Heimat. Sie gehörten zu der ersten Welle der Emigranten, die damals, wie leider nicht verstandene Sturmzeichen für das Bürgertum, in allen westlichen Ländern auftauchten. Wladimir und Alexej sind Freunde aus Kindertagen. Sie blieben auch in den mm folgenden bitteren Jahren zusammen. Die Hauptlast des Erwerbslebens lag auf Wladimirs Schultern, denn seine Kenntnisse aus der Lederbranche und ein paar gerettete Juwelen Alexej s bildeten den Grundstock der großen Lederfirma, deren Chefs sie heute sind. Es gab viele hitzige Auseinandersetzungen zwischen ihnen in all den Jahren, aber das Band der alten Freundschaft war zäher als alle Belastungsproben: kein geschäftlicher Mißerfolg, keine schlechte Lärme und keine Frauengeschichte konnten es zerreißen. Seit mehr als zehn Jahren gehört das sonderbare Gespann zu unsern engsten Freunden. Wir waren gewohnt, alle ihre Freuden und Sorgen zu teilen und als Beichtväter in Zeiten der Zerwürfnisse ihre gegenseitigen Beschwerden entgegenzunehmen. Vor zwei Jahren etwa, nach einem Riesenkrach und einer ebenso riesigen Versöhnung, kamen die beiden nun auf eine seltsame Idee: sie kauften sich einen Hund, den schwarzen Pudel Titus, als Zeichen der ewigen Versöhnung!
»Wir haben geschworen, daß wir ihn weggeben, wenn wir uns je zerstreiten — das soll uns beiden Hitzköpfe zurückhalten !«
Und dieses lebendige Symbol des freundschaftlichen Friedens, dieser Titus, war der schönste Pudel, den ich je gesehen, und gab auf Frauchens Seite Anlaß zu langen und melancholischen Betrachtungen über das, was aus Peterchen hätte werden können, wenn nicht der blinde Foxl vor der Hochzeitsnacht...
Das Leben aber zeigte sich wieder einmal stärker als alle guten Vorsätze: vor wenigen Wochen gab es zwischen den beiden Männern, die gemeinsam einen großzügigen Junggesellenhaushalt führten, wieder einen Riesenkrach, einen besonders schlimmen sogar. Böse Worte fielen, die weit in die Vergangenheit zurückreichten. Man riß sich aus der intimen Kenntnis der
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