Der Bund der Drei
Airdale Ajax, der zwei Straßen weiter wohnte und früher, als junger Hund, oft zu uns auf Besuch gekommen war. Er war ein lieber Kerl und hatte bei uns im Garten, den Umstand wohl beachtend, daß er ein von Cocki und Peter eingeladener Gast war, nett und artig mit ihnen gespielt und die verschiedenen denkwürdigen Plätze berochen, als da sind: die Haselnußhecke, in der das Eichhörnchen wohnt, und das vor kurzem aufgegrabene Mauseloch. Weffi aber haßte er aus unerfindlichen Gründen, und mehrmals mußte ich den kleinen Fellhasen vor ihm retten. Jetzt, als ich meinen Ölkopf durch seine Straße schleppte, war er plötzlich wie ein Schatten da. Weffi wollte zu mir herüber, aber Cocki stellte sich ihm knurrend in den Weg. So mußte er abbiegen, wurde gegen den Zaun gedrängt, und Ajax war über ihm. Und dann geschah es: Cocki und Peter fielen ebenfalls über den Kleinen her und verstießen damit gegen den uralten Hundekomment, den Kumpanen zu beschützen. Ich weiß nur noch, daß ich plötzlich auf der Erde lag. Weffi unter mir, und die drei so wütend anbrüllte, daß sie stutzten und sich verlegen zurückzogen. Dann trug ich das zitternde Tier heim.
Den ganzen Nachmittag würgte ich an der Sache herum und erst am Abend erzählte ich sie Frauchen.
»Es muß wirklich etwas geschehen...«, sagte sie. »Es wird nichts helfen, wir werden uns von dem Kleinen trennen müssen...«
»Wieso dem Kleinen? Er ist mein Hund! Warum geben wir nicht die beiden anderen weg ?«
»Du kannst sie doch nicht getrennt weggeben, dazu hängen sie doch viel zu sehr aneinander .«
»Dann werden wir sie zusammen weggeben, sie werden uns nicht vermissen. Wenn man ihnen gut zu fressen gibt, haben sie uns bald vergessen .«
»Das denkst du! Du weißt ja nicht, wie Cocki zu mir ist, wenn du nicht da bist! Und Peterchen, wie sie sich freuen, wenn du mal fort bist und zurückkommst...«
Darauf wußte ich nichts mehr zu sagen. Nach längerem Grübeln erklärte ich: »Weißt du, jetzt mach dich mal von allen Sentimentalitäten frei: wenn man’s genau überlegt, so sind ja alle drei nicht die Hunde, die wir wollten. Cocki habe ich gekauft, um uns über Puckens Tod hinwegzuhelfen und weil er mir leid tat dort in der Bude und dem Regen. Aber du wolltest eigentlich einen Pudel, und ich hätte mir auch nie einen Cocker gekauft. Und dann kam Peter, der ein Pudel sein sollte und — keiner war! Und dann kam Weffi. Er ist ein lieber Kerl, aber ein süßes Dummerle, und es geht doch nicht mit ihm und den beiden anderen .«
»Na und?«
»Na und — ich meine, wie wäre es, wenn wir alle drei weggäben und uns dafür einen einzigen Hund anschafften, der nicht eifersüchtig zu sein brauchte und mit dem man keine Scherereien haben würde...«
»Und was sollte das für einer sein ?«
Ich kannte diese katzenhafte Sanftmut in der Stimme meiner Gefährtin, aber ich ließ mich nicht einschüchtern: »Ein Schäferhund !« sagte ich. »Weißt du, so einer von der großen Sorte, die aussehen wie Löwen! Der wäre dann auch ein richtiger Schutz für dich; denn so ein großes starkes Tier ist doch etwas anderes als diese kleinen Strolche, so lieb sie auch sind .«
»Und wie kommst du darauf? Du hast wohl schon einen im Hintergrund ?«
»Nein — das heißt, ich meine, als ich im vorigen Herbst die paar Tage verreist war, um das Manuskript fertigzumachen — du entsinnst dich doch —, da war in dem Hotel in Waldhausen der Rolf...«
»Du hast mal davon geschrieben, du scheinst dich in ihn verliebt zu haben !«
»Ja, er war — ein wunderbares Tier! Ich meine... ihn selbst können wir nicht kriegen, sie würden ihn nie hergeben, die Wirtsleute...«
»Ich mag keine Schäferhunde .«
»Aber du kannst ihn dir doch mal ansehen, ganz unverbindlich .«
»Aber ich...«
»Nun sei nicht komisch! Paß mal auf, ich habe eine Idee: Am nächsten Sonntag können wir sowieso nicht mit den dreien ausfahren, und hier lassen können wir sie auch nicht zusammen, denn was soll die Mama machen, wenn sie übereinander herfallen?! Ich schlage dir folgendes vor: Wir nehmen Weffchen mit und fahren nach Waldhausen. Rolf wird Weffi nichts tun .«
»Gut.«
Am Abend nach dieser Unterhaltung lag ich noch lange wach. Draußen, in der Sommernacht verebbten die letzten Regenschauer nach einem Gewitter, und der Schoß der Erde öffnete sich mit süßen, schweren Düften. Wie wäre das ohne die Drei? Ich versuchte mir vorzustellen, wie das jetzt in diesem Hause ohne sie sein
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