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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
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Gestein unter meinem Schlaffell war sengend heiß, als wäre ich ein Stück Fleisch, das über einem Feuer röstete. Und die Musik der Zitterödnis klang verführerisch, versprach etwas, das ich nie ganz erfassen konnte. Ich hatte immer noch das Gefühl, ich könnte in der Lage sein, die Worte zu verstehen und zu einer immerwährenden Wahrheit gelangen, wenn ich mich nur genügend konzentrierte… aber ich konnte sie nie richtig hören. Ich drehte mich herum und sah dem Tanz zu, dieser endlosen Bewegung, die Farbe und Geräusch war, und war wieder eine Motte, die von einer Flamme angezogen wurde. Konnte eine solche Schönheit tödlich sein? Ich spürte, dass ich in diesen Tanz gehen konnte, ein Teil seiner Herrlichkeit werden konnte– und unbeschadet wieder herauskommen würde. Und doch konnte Temellin nicht gelogen haben; ich hätte es gemerkt. Abgesehen davon waren die Legionäre, die sich aufgemacht hatten, um die Sandwüste zu durchqueren, tatsächlich nie zurückgekehrt.
    Dann wurde der Tanz allmählich langsamer, so als würden die Körner zu schwer für die Luft, und sie sanken tiefer und tiefer, bis die Bewegung schließlich ganz zum Erliegen kam und der Boden ruhig und purpurn unter den letzten Sonnenstrahlen lag.
    Ich schlief ein.
    Als ich erwachte, glitzerte Frost auf dem Boden. Sobald die Wärme des Tages verschwunden war und den Sand nicht mehr zum Tanzen verlockte, blieb die Zitterödnis ruhig und jungfräulich wie eine weißgekleidete Braut, die atemlos die süße Entweihung in der Hochzeitsnacht erwartete.
    Temellin und Garis bauten bereits das Lager ab. Brand reichte mir etwas zu essen, und ich schlang es eilig hinunter, angesteckt durch den Eifer der anderen wegzukommen. » Wieso sind wir nicht schon bei Sonnenuntergang losgegangen?«, fragte ich Temellin. » Wir hätten mehr Zeit zur Verfügung gehabt.«
    Â» Es gibt da draußen Stellen mit Treibsand. Wenn wir über einen dieser Flecken reiten, würden unsere Reittiere ins Stolpern geraten und schließlich versinken. Wir würden dort stecken bleiben. Und wieder hätte die Zitterödnis jemanden verschluckt, der unachtsam war. Der Boden muss hart sein, damit wir ihn überqueren können.«
    Jetzt verstand ich. Wir mussten warten, bis die Temperatur so weit gesunken war, dass der Boden gefror, was er unter diesem wolkenlosen kardischen Himmel jede Nacht tat. Wir mussten warten, bis die Sandkörner durch den glitzernden Frost des Wüstentaus aneinandergebunden waren und der Boden genügend gefroren war, um den Füßen eines Reittieres standzuhalten.
    Erst dann konnten wir uns auf die Reise machen.
    Ich ritt neben Temellin, während Garis und Brand mit dem Packslecz ein Stück hinter uns zurückfielen; wir alle achteten sorgsam darauf, auf der harten Kruste unseren eigenen Weg zu nehmen. Es wäre riskant gewesen, den Spuren der anderen zu folgen, da dies die Gefahr barg durchzubrechen. Als ich einen Blick zurückwarf, konnte ich die Tatzenabdrücke unserer Sleczs hinter uns sehen, aber als ich nach vorn sah, kam es mir so vor, als wären Temellin und ich die einzigen Menschen, die jemals die Zitterödnis durchquert hatten: Auf Schritt und Tritt hinterließen wir einen Abdruck auf dem jungfräulichen Weiß.
    Während wir so dahinritten, begriff ich, wieso ein Pferd oder Gorklak diese Reise niemals hätte überleben können. Ihre kleinen Hufe wären einfach durch die Oberfläche gebrochen. Nur ein Slecz konnte die Zitterödnis durchqueren. Die Tiere spreizten ihre Tatzen so weit, dass sie so groß wie Teller wurden, und marschierten in flottem Schritt dahin, darauf achtend, dass ihr Gewicht immer auf drei Beinen zugleich ruhte. Es war beeindruckend, wie gleichmäßig sie ihre Geschwindigkeit die ganze Zeit beibehielten. Ein Blick auf die Anspannung in Temellins Gesicht verriet mir, dass es auch notwendig war. Wenn wir bei Tagesanbruch nicht die andere Seite der Zitterödnis erreicht hatten, würden wir sterben.
    Wir ritten schweigend. Temellin reiste in seiner eigenen Welt, während er Stimmen lauschte, die nur er hören konnte. Aber ich litt nicht unter dem Mangel an Unterhaltung. Auch ich wollte zuhören. Ich wollte dem Gesang meines eigenen Körpers lauschen, dem Gesang der Schritte meines Reittieres, der jetzt verstummten Musik des Sandes, deren Nachhall ich immer noch zu hören

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