Der Bund der Illusionisten 1
starken, breiten Hände packten die Zügel, mit denen er den Rotschimmel fest im Griff hielt. Dieser stampfte jetzt verärgert mit einem Vorderfuà auf und versuchte, sich durch wilde Kopfbewegungen zu befreien. Es kam mir in den Sinn, dass Brand genauso herrlich aussah wie das Pferd, aber diesen Gedanken schob ich schnell beiseite. Es war nicht das, was man über einen Sklaven denken sollte.
Er führte den Rotschimmel vom Schritt über Trab in einen leichten Galopp, lieà ihn eine groÃe Acht im Garten laufen und schlieÃlich über den Fischteich springen.
» Nun, was denkst du?«, fragte ich, als er das Pferd unterhalb der Terrasse zügelte. » Ich glaube, dass er perfekt ist.«
Er tätschelte dem Rotschimmel den Hals und sah zu mir hoch. » Er ist unruhig. Ihr werdet Handgelenke aus Stahl für den hier benötigen, Herrin. Ich glaube nicht, dass Ihr ihn reiten solltet, solange er nicht etwas mehr zugeritten ist.«
» Oh, Unsinn! Meine Handgelenke sind kräftig â reite ich etwa nicht fast jeden Tag? Ich werde ihn selbst zureiten.«
Er rutschte vom Pferd und kam mit einem leichten Stirnrunzeln im Gras auf. » Nun, ich glaube nicht, dass Ihr ihn in der nächsten Zeit reiten solltet. Er muss erst, äh, kastriert werden. Wenn er eine Stute wittert, werdet Ihr ihn nicht halten können. Er ist kein Pferd für ein sechzehnjähriges Mädchen â¦Â«
Eine Stimme dicht neben mir sagte kühl: » Und ich glaube nicht, dass du dazu noch mehr sagen solltest, Sklave. Es steht dir nicht zu, das Geschenk des Generals an seine ⦠Tochter zu beurteilen.«
Salacia, meine Adoptivmutter. Eine der schönsten Frauen von ganz Tyr, wie mir zumindest alle sagten. Ich wusste, dass sie fünfzig Jahre alt war, aber sie sah fünfzehn Jahre jünger aus, hauptsächlich, weil ihre Haut, die sie vor der Sonne schützte, weià und faltenlos war. Sie runzelte niemals die Stirn, lachte nicht und lächelte selten; ein Gesicht, das so unbewegt war, hatte gar keine Möglichkeit, Falten zu entwickeln. Ich konnte sie nie ansehen, ohne an eine Statue zu denken, die bis zur Vollkommenheit poliert, aber unfähig war, irgendein Gefühl zu zeigen. Vielleicht fühlte ich mich deshalb in ihrer Gegenwart immer unbeholfen, aus nichts als Armen und Beinen bestehend, und dabei linkisch und viel zu groÃ. Ich wusste natürlich, dass sie Gefühle hatte; ich sah sie zwar nicht auf ihrer Alabastermaske, aber ich konnte sie wahrnehmen. Kalte Gleichgültigkeit herrschte gewöhnlich vor, gelegentlich vermischt mit einem seltsamen unpersönlichen Trotz. Ich spielte in ihrem Leben eine so geringe Rolle, dass ich noch nicht einmal ihr Missfallen hervorrufen konnte.
» Bring das Tier weg, Brand«, befahl sie, » und geh wieder an die Arbeit.« Ihr Blick kehrte zu mir zurück; ihre Boshaftigkeit war für den Augenblick befriedigt.
Als Kind war ich ständig verwirrt gewesen, weil sie so wenig Interesse an mir hatte, aber jetzt war ich älter. Sechzehn ⦠alt genug, um sie verstehen und bedauern zu können. Sie hatte ein eigenes Kind haben wollen, aber stattdessen war ich in ihrem Haushalt aufgetaucht und spottete ihrem Wunsch. Glücklicherweise war sie viel zu stolz gewesen, um sich jemals viel aus mir zu machen; selbst ihre verbalen Sticheleien waren gedämpft. Meistens beachtete sie mich einfach nicht, und nur gelegentlich raffte sie sich genügend auf, um mir etwas wegzunehmen, das mir Freude bereitete. Wie zum Beispiel jetzt, als ich den Hengst bewunderte. Es waren die armseligen Schikanen einer armseligen Frau, und ich hatte mich daran gewöhnt.
Ich lächelte fast. Ich fühlte mich sehr erwachsen. Was Salacia tat, spielte keine Rolle; Pater glich alles wieder aus.
Er war nicht allein, als er zurückkehrte; der Vorsteher der Bruderschaft war bei ihm. Ich kannte Rathrox Ligatan vom Sehen und wusste, wieso Pater ihn ins Haus brachte: um mich zu sehen. Pater hatte versprochen, den Vorsteher zu fragen, ob ich zu einem Kameraden der Bruderschaft ausgebildet werden könnte. Mein Herz schlug unangenehm schnell. Die Bruderschaft nahm normalerweise keine Frauen als Kameraden auf, und Leute, die keine Tyraner waren, akzeptierte sie schon gar nicht â und ich war eine geborene Kardin. Gayed hatte aus meiner Herkunft nie einen Hehl gemacht.
Ich übernahm selbst die zur BegrüÃung übliche Waschung seiner
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