Der Bund der Illusionisten 1
eine andere Emotion, die nur ungenügend verborgen war und um ihn herum hing. Korden befand sich in einer Art Schockzustand.
Ich versuchte, es ihm zu erklären. » Ich habe euch nicht angelogen. Ich habe nur nicht die ganze Geschichte erzählt. Das ist ein Unterschied. Das kannst du doch erkennen, oder?«
Aber er konnte es nicht. Die Magori konnten nicht nur nicht lügen, sie konnten auch nicht versuchen zu täuschen. Und einfache Karden, die die Magori wegen ihres Rufes mit Ehrfurcht behandelten, hätten es ebenfalls nicht versucht. Was ich getan hatte, war undenkbar, und als Folge davon waren sie ins Schwanken geraten. Ihre einzige Erklärung bestand darin, dass ich in der Lage war, Lügen zu verbergen; daher konnte man auch nichts von dem, was ich jetzt noch sagte, so ohne weiteres glauben.
» Ich habe keine Ahnung, was du dir von dieser Geschichte über die Eisernen versprichst«, sagte er schlieÃlich.
» Sag es Temellin. Und sag ihm, dass ich ihn sehen muss.«
» Ich sage es ihm. Aber warte nicht auf ihn.«
Er machte auf dem Absatz kehrt und ging.
Temellin kam erst am nächsten Tag zu mir. Er war nicht allein; Brand war bei ihm.
Brand trat zuerst ein. Seine Miene war so unleserlich wie immer. Er sagte nichts, aber er kam zu mir und berührte mit dem Handrücken meine Wange in einer vertraulichen Geste der Fürsorglichkeit, die berührender war, als jeder Kuss es hätte sein können. Ich sah von ihm zu Temellin. Ich spürte einen Hauch Scham und Unsicherheit bei dem Illusionisten, als er uns beide beobachtete.
Er begrüÃte mich nicht. Er sagte mit ausdrucksloser Stimme: » Du wolltest mich sehen?« Und dann ging er durch das Zimmer, wich den acht oder neun Fischen aus, die in Kopfhöhe in anscheinend von nichts begrenztem Wasser schwammen, und stellte sich mit dem Rücken zu dem Loch in der Wand hin.
Von meinem Platz aus war er eine Silhouette, steif und unfreundlich. » Du hast eine unwahrscheinliche Geschichte über einen Einmarsch der Eisernen in die Illusion erzählt«, sagte er dann. » Ich habe Aemid gefragt, ob sie darüber etwas weiÃ, und sie hat erwartungsgemäà erklärt, dass sie davon noch nie gehört hat. Jetzt werde ich also Brand fragen, denn wenn so etwas wirklich geplant ist, hast du ihm sicherlich davon erzählt. Sag mir, was du darüber weiÃt, Brandâ und vergiss nicht, dass ich Lügen spüren kann.«
Brand sah mich hilflos an; seine Wut auf Temellin nahm weiter zu.
Ich mischte mich ein. » Er weià nichts davon.«
» Sie hat mir nicht alles gesagt. Nur die Dinge, bei denen sie meinen Rat für nützlich erachtet hat«, sagte Brand.
Temellin wirkte nicht überzeugt. » Das entspricht nicht dem, was Aemid gesagt hat. Sie sagt, dass Ligea deinen Rat immer eingeholt hat.« Er seufzte. » Du bist loyal, das muss ich dir lassen, Brand. Ich verstehe nur nicht, warum. Sie würde dir wieder ein Sklavenhalsband um den Hals legen, kaum dass sie die Chance dazu hätte.«
» Ligea hat mich freigelassen, bevor wir in die Illusion gekommen sind«, sagte er. » Sie hat mich für jedes Jahr, das ich bei ihr oder ihrem Vater in Diensten stand, bezahlt. Ich habe ihr meine Loyalität geschenkt, weil sie es wert ist, nicht weil man es mir befohlen hat. Tatsächlich hat sie mich gebeten, sie zu verlassen und mir ein eigenes Leben aufzubauen.«
Temellin sah ihn erstaunt an. » Und warum hast du das nicht getan?«
» Ich wollte sie nicht verlassen, deshalb. Und ich bin froh, dass ich es nicht getan habe. Ligea hat verdammt viel Glück gehabt, dass sie im Speisesaal nicht mit deiner verfluchten Klinge im Herzen gestorben istâ wie konntest du das einer Frau antun, die dir all die Liebe gegeben hat, die sie zu geben hatte? Sie wäre ein halbes Dutzend Mal für dich gestorben, aber du konntest ihr nicht vertrauen, nicht wahr?« Seine Stimme war so voller Verachtung, dass er kaum sprechen konnte. » Wenn ich daran denke, was sie für dich empfunden hatâ¦Â«
» Es scheint, als hätte sie dich genauso genarrt wie uns.«
» Ligea und ich sind zusammen aufgewachsen. Ich weià alles über die Art und Weise, wie sie denkt. Sie wurde von Männern erzogen, die versucht haben, aus ihr ein kaltblütiges Werkzeug ihrer Rache zu schmieden. Sie haben es versucht, aber es ist ihnen nicht gelungen, denn Ligea konnte das, was sie
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