Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)
wahr? Das alles ist wirklich eine traurige Geschichte. Er ist ein bisschen verdreht, seit sein Cabochon zerschnitten wurde. Konnte damit nicht umgehen, der arme Junge.« Er gab dem Mann, der die Frage gestellt hatte, einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. » Ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen darum machen müssen, von den Illusionierern angegriffen zu werden, oder?« Er grinste in die Runde der Männer, die bei ihm standen und zuhörten. » Und seit wann haben wir überhaupt Angst vor hübschen Illusionen? Und jetzt… wo ist die Weinhaut hin?«
Mehrere Leute lachten, und jemand reichte ihm die Weinhaut, die mehrmals die Runde gemacht hatte. Firgan achtete nicht weiter auf die Gespräche; seine eigenen Gedanken wirbelten. Garis’ Tochter und dieser pissschwache Arrant waren irgendwo da draußen ohne Schutz– sofern sie überhaupt noch lebten. Eine bessere Gelegenheit würde er nie mehr bekommen, sich den Jungen ein für alle Mal vom Hals zu schaffen. Und er würde auch keine Probleme damit haben, das Mädchen auch gleich zu töten– ganz besonders nicht, weil er Arrant damit um den Verstand brachte. Er unterdrückte ein Grinsen, als er daran dachte, was er mit ihr anstellen konnte, wenn er die beiden fand. Er war immer der Meinung gewesen, dass Widerstand jedem Zusammenstoß eine besondere Würze verlieh.
Das Problem war nur, dass er sie erst einmal finden musste.
Er würde bei der Jagd spekulieren müssen, klar, aber das war es wert. Osten oder Westen? In die Zitterödnis hinein oder noch weiter südlich auf der Ersten Strebe? Vor ihm, oder hinter ihm? Nachdenken. Ein Prozess des Ausschließens. Arrant wollte unbedingt so schnell wie möglich zur Illusion. Also würde er vermutlich eher ein Stück voraus sein statt hinter ihm und eher in der Zitterödnis als in der anderen Richtung.
Aber Sarana und Garis hatten die vereiste Grenze jede Nacht nach Fußspuren absuchen lassen. Und sie hatten ganz offensichtlich nie welche gefunden. War der Junge dumm genug, sich auf dem Weg zur Strebe zu verirren? Firgan bezweifelte das. Er war gut unterrichtet worden– das hatte ihm der kleine Mistkerl selbst gesagt–, und seine Lehrer hatten ihm sicherlich auch Astronomie und die Orientierung anhand der Sterne beigebracht. Das heißt, die Möglichkeit, dass er sich verirrt haben könnte, konnte er schon mal ausschließen. Was dann?
War er vielleicht tot? Womöglich. Sie hatten vermutlich nicht viel mehr als den kümmerlichen Schutzzauber einer Imaga. Vielleicht waren sie ebenso in Panik geraten wie einige der Soldaten. Womöglich, aber er konnte nicht davon ausgehen. Nein, mal vorausgesetzt, er lebte noch und war noch nicht bei der Ersten Strebe angekommen– warum nicht?
Nicht tot, nicht verirrt… nur langsam. Das Gelände. Es war nicht so leicht, wenn man die Straße nicht finden konnte, sie lag an manchen Stellen eine Armlänge tief unter Staub begraben. Also hatten Arrant und Samia möglicherweise die Straße nicht wiedergefunden und jedes Mal umkehren müssen, wenn sie feststellten, dass sie vor einer Schlucht oder Rinne oder Klippe standen und nicht weiterkamen.
» Das könnte der Schlüssel sein«, dachte er. Im Westen war das Gelände flacher, im Osten zerklüfteter.
Firgan lächelte. Er würde sich nach Osten wenden, und er würde einen tyranisch erzogenen Mistkerl suchen. Die Chancen standen gering, das wusste er, aber er musste sein Glück versuchen.
Danach war Sarana dran. Irgendwo, irgendwann. Firgan war erst in den Dreißigern. Er hatte Zeit, und er konnte geduldig warten. Und er würde Illusionisten-Erbe werden. Und wenn er es war, nun– er hatte nicht die Absicht, darauf zu warten, dass der blinde Mann an Altersschwäche starb.
Sie standen neben den Sleczs oben auf der Ersten Strebe und ließen den Blick über die Zitterödnis schweifen. Es war bereits später Nachmittag, und der Sand kühlte ab. Der Tanz war sanfter geworden; die Körner webten träge Muster, die ein paar Zoll hoch waren, Bänder, die sich wie die Stränge eines Webstuhls kreuzten. Ihr Lied passte zu den schläfrigen, trägen Bewegungen.
» Es wirkt wie ein Schlaflied«, sagte Samia, » als würde man ein Kind in den Schlaf singen. Es ist schwer, nicht zu denken, dass sie lebendig sind, was?«
Er zitterte, als er sich erinnerte. » Empfindungsfähig vielleicht«, sagte er schroff. » Aber ansonsten gleichgültig.«
» Vielleicht nicht. Sie könnten so sein, wie die Illusionierer in der Vergangenheit waren und uns nur
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