Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)

Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition)

Titel: Der Bund der Illusionisten 3: Brennender Wind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
bevor Arrant sicher sein konnte, dass er richtig gesehen hatte. Sandkörner flogen ihm in die Augen, und er war gezwungen, sie zu schließen.
    Temellin brachte seinen Mund dicht an Arrants Ohr. » Mach die Augen fest zu. Klammere dich an mich, um die Taille. Drück dein Gesicht gegen meinen Rücken.«
    Arrant tat, wie ihm geheißen, und stolperte in den Spuren seines Vaters, als sie sich in Bewegung setzten. Seine Gedanken bestanden aus nichts als Entsetzen. Wie konnte Temellin etwas sehen, außer wenn er die Augen offen hatte? Er musste das Flackern an seinem Schwert sehen, um geradewegs auf die Strebe zuzugehen. Arrant dachte an das einzelne Sandkorn, das unter seinem Augenlid gescheuert hatte. Er stellte sich vor, wie es war, unzählige Sandkörner aushalten zu müssen, die gegen den Augapfel scheuerten. Und dachte in seiner Verzweiflung, dass ihm das Herz stehenbleiben würde. Temellin wird blind werden. Er erschauerte. Nicht auf einen Schlag, sondern in einer endlosen Folge von Krämpfen.
    Temellin lief in einem watschelnden Gang, vornübergebeugt und ein Auge geschlossen, während er mit dem anderen direkt vor sich nach unten auf den Boden starrte. Er hatte sich den Stoffgürtel um den Kopf geschlungen, um Mund und Nase und das geschlossene Auge in die Falten zu hüllen. Er hielt die Schwertspitze in sein Gesichtsfeld. Sein Scheitel war dem wirbelnden Sand zugewandt.
    » Süße Höllen«, dachte Arrant, » wie soll er das nur überleben können?«
    Der Schmerz hörte nicht auf. Nadelstich folgte auf Nadelstich. Sandkörner, die vom Trommelfell in seinem Ohr abprallten. Körnchen, die sich unter seine Fingernägel gruben und Spuren aus brennendem Schmerz wie rotglühende Funken hinterließen. Sand, der in einem blinden Tanz unterhalb seines Mantels nach oben wirbelte und irgendwie die Spalten und Öffnungen seines Körpers fand. Sandkörner prallten gegen seine Lider. Taumelten in seine Nase. Er wusste, dass er blutete, aber er achtete nicht darauf. Für seinen Vater musste es schlimmer sein. Viel schlimmer.
    Es kam ihm vor, als würde es ewig dauern. Schmerz, stolpern, noch mehr Schmerz, aufgeschürfte Haut, Verzweiflung. Dann blieb Temellin stehen. Arrant riss die Augen auf und sah, wie er sein Schwert in einem Bogen schwang, nur um festzustellen, dass nichts geschah.
    » Keine Kraft mehr«, sagte Temellin und hustete. Es war ein grauenhaft kratzendes Geräusch. Blut strömte aus seinem unbedeckten Auge. » Von jetzt an müssen wir schätzen. Ich hoffe, meine Spürfähigkeiten kehren zurück. Lausche auf Lärm, Arrant. Es ist unsere einzige Chance.« Er wickelte den Stoffgürtel um seinen Kopf und deckte so sein bisher geschütztes Auge auf.
    Arrant würgte; er wusste, was das zu bedeuten hatte. Verzweifelt senkte er den Kopf und beeilte sich, sein eigenes Gesicht wieder zu bedecken– und sah ein Zeichen auf dem Boden. Seine Augen tränten, ein verzweifelter Versuch seiner Augäpfel, sich von den Körnern zu befreien, die an ihnen kratzten. Er zupfte Temellin am Ärmel und deutete nach unten. Da war Wasser auf dem Fels unter ihren Füßen. Ein dünnes Rinnsal, das nach rechts und nach links wegführte.
    » Garis«, flüsterte Temellin. Noch mehr Blut sickerte aus seiner Nase und seinem Mund und seinen Ohren. » Genial.«
    » Welche Richtung?«, fragte Arrant. Es war unmöglich zu sagen, ob sie nach links oder rechts gehen sollten. In welcher Richtung sie dem Pfad folgen sollten.
    » Lausche.«
    Temellin versuchte, sein Gehör zu verstärken, und versagte.
    Arrant, der nie in der Lage gewesen war, mit einiger Verlässlichkeit so zu lauschen, benutzte stattdessen sein gewöhnliches Gehör. Und hörte auch nichts. Seine Kette wand sich unangenehm an seinem Hals. Er berührte sie und spürte wieder, wie sich die eingeritzten Runen unter seinen Fingerspitzen bewegten. Diesmal ließ er die Hand lange genug an Ort und Stelle, bis er sich sicher war, dass er es sich nicht eingebildet hatte. Die Rillen im Obsidian drehten und wanden sich. Er wurde von einem Geruch überwältigt. Und von Gefühlen. Seltsamen Gefühlen. Langeweile. Die angenehme schläfrige Langeweile von jemandem– von mehreren, genau genommen–, die es genossen, gar nichts zu tun. Sandhölle, wurde er verrückt? Er strengte sich an, versuchte, den Ort auszumachen. Sah auf seinen Cabochon. Keine Farbe. Er schloss die Augen, hätte angesichts der Reizung unter seinen Lidern beinahe aufgeschrien. Es war nicht sein Cabochon. Es war seine Kette. Wärme

Weitere Kostenlose Bücher